Liberal im politischen, im weltanschaulichen Sinne zeichnet sich nach meiner Überzeugung durch gemeinsame Grundwerte und -sätze aus - wie z. B. Freiheit (negative und positive, Freiheit von ... und Freiheit zu ...), Gleichheit (Rechts- und Chancengleichheit) und Brüderlichkeit (Subsidiarität, Solidarität und Hilfe zur Selbsthilfe ("Subjekt- statt Objektförderung")), wie dem Kategorischen Imperativ von Immanuel Kant ("Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.") oder die sogenannte Goldene Regel ("Was du nicht willst, daß man dir tu´, das füg´ auch keinem andern zu."), wie dem Bekenntnis zum demokratischen und freiheitlichen Verfassungs- und Rechtsstaat mit den garantierten Menschen- und Bürgerrechten und zur liberalen und damit sozialen und ökologischen Marktwirtschaft ("Konkurrenzkapitalismus") im Sinne des Ordoliberalismus, im Sinne der Freiburger Schule der Nationalökonomie.

 

Wie sagte Ludwig Erhard? "Marktwirtschaft ist eine Veranstaltung für die Verbraucher, nicht für die Wirtschaft." Sie braucht einen starken Staat, der mit seiner Wirtschaftsordnungspolitik den Markt beaufsichtigt und überwacht, der dafür sorgt, daß die "Spielregeln" eingehalten werden, daß die Marktwirtschaft eine Veranstaltung für die Verbraucher und nicht für die Wirtschaft ist und vor allem auch bleibt. Denn Kapitalismus im Sinne von Manchester-, Monopol-, Anarcho-, Raubtier-, Heuschrecken-, Turbo- oder Kasinokapitalismus ist ebenso abzulehnen wie eine sozialistische oder kommunistische Zentralverwaltungswirtschaft, ein Staatsmonopolkapitalismus.

 

Der Staat betätigt sich selbst nicht als Unternehmer, setzt aber einen Rahmen, an den sich alle Beteiligten halten müssen. Dabei geht es primär darum, daß ein Markt mit einem produktiven Leistungswettbewerb erhalten bleibt (Vielfalt, Transparenz, Wettbewerb und Teilhabe) und alle Marktteilnehmer die gleichen Rechte und Pflichten und die gleichen Chancen haben und sich auf Augenhöhe begegnen - auch mit Hilfe eines (bedingungslosen) Grundeinkommens, einer negativen Einkommensteuer, wie sie zum Beispiel von Milton Friedman postuliert wurde. Im Mittelpunkt der Marktwirtschaft stehen die Kunden, die Menschen und nicht die Konzerne, die Unternehmen und Arbeitgeber.

 

Zur liberalen Marktwirtschaft gehört deshalb für mich auch der liberale Sozialstaat, ein Staat, der sich nicht nur sozial nennt, sondern tatsächlich sozial ist, ohne die Menschen zu bevormunden und zu gängeln: Dieser freiheitliche und gleichzeitig soziale Staat sorgt nicht selbst quasi bevormundend für die soziale Sicherheit seiner Bürger (z. B. durch Zwangssysteme wie die sogenannte Bürgerversicherung), läßt seine Bürger aber auch nicht im Regen stehen und stellt daher sicher, daß jeder für seine soziale Sicherheit vorsorgen kann - z. B. mit Hilfe des Konzepts der negativen Einkommensteuer, des Bürgergelds bzw. des (bedingungslosen) Grundeinkommens. Der Liberalismus ist für mich aus sich heraus eine Weltanschauung, die offen für neue Entwicklungen ist, die immer wieder alles auf den Prüfstand stellt, in Zweifel zieht und nach Lösungen sucht, die freiheitlich und gleichzeitig sozial sind. Liberale stehen meiner Ansicht nach für einen rationalen und wissenschaftlichen Umgang mit allen Problemfeldern der Politik. Es geht um sachorientierte bzw. expertengestützte Lösungen.

 

Die folgenden Bücher kann ich dazu sehr empfehlen: Karl-Hermann Flach, Noch eine Chance für die Liberalen, Guido Westerwelle mit Dominik Wichmann, Zwischen zwei Leben: Von Liebe, Tod und Zuversicht, Gerhart Baum und Burkhard Hirsch, Der Baum und der Hirsch - Deutschland von seiner liberalen Seite, Hans-Dietrich Genscher, Meine Sicht der Dinge und Gerhart Baum, Freiheit - ein Appell.