Eine Chronik der FDP
(Fortsetzung und Bilder werden folgen. Berichtigungen, Ergänzungen und Hinweise sind wie immer herzlich willkommen.)
8. Mai 1945
Mit dem Inkrafttreten der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht endet der Zweite Weltkrieg und wird Deutschland vom Nationalsozialismus befreit. Der von Adolf Hitler testamentarisch zu seinem Nachfolger bestimmte Karl Dönitz und die von diesem ernannte Reichsregierung unter der Leitung von Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk wird am 23. Mai 1945 verhaftet. Die vier Hauptsiegermächte übernehmen mit der Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945 die oberste Regierungsgewalt in Deutschland. Dies beinhaltet die Befugnisse der deutschen Regierung, des Oberkommandos der Wehrmacht und der Regierungen, Verwaltungen und Behörden der Länder, Städte und Gemeinden. Zwecks gemeinsamer Ausübung der Regierungsgewalt bilden sie den Alliierten Kontrollrat. Mit dem Gesetz gegen die Neubildung von Parteien vom 14. Juli 1933 hatten die Nationalsozialisten alle Parteien - außer der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeitspartei (NSDAP) - mit Wirkung ab dem 16. Juli 1933 verboten. Dies betraf auch die beiden liberalen Parteien, die im Jahr 1918 nach dem Ende des Ersten Weltkriegs gegründet worden waren, die Deutsche Demokratische Partei (DDP), ab dem 9. November 1930 Deutsche Staatspartei (DStP), eher linksliberal, und die Deutsche Volkspartei (DVP), eher rechtsliberal. Der Wiederaufbau von Parteien geschieht zunächst auf lokaler Ebene und dann innerhalb der vier Besatzungszonen. Die sowjetische Besatzungsmacht ist die erste, die politische Parteien zuläßt, bereits im Juni 1945. Am 6. August 1945 gibt die Militärregierung der britischen Besatzungszone die grundsätzliche Bereitschaft zur Billigung deutscher Parteien bekannt. Die amerikanische Besatzungsmacht erlaubt in ihrer Zone Parteien auf Kreisebene seit September 1945. In der französischen Besatzungszone erhalten die Parteien erst im Jahr 1946 die Erlaubnis, sich überregional zu organisieren (Rheinland im Januar, Baden und Pfalz im Februar, Württemberg im März).
1945
Jann Berghaus wird damit beauftragt, die Ostfriesische Landschaft wieder aufzubauen und wird zunächst vorläufig und dann regulär Präsident dieser ehemaligen Ständevertretung. Ihm gelingt es durch die Integrität seiner Person, seine Heimatliebe und die damit erreichte Akzeptanz in allen Lagern die Ostfriesische Landschaft zu modernisieren und ihr den Stellenwert zu verschaffen, den sie noch heute besitzt. Berghaus steht der Landschaft bis zu seinem Tod 18. Februar 1954 vor.
9. Juni 1945
Die Demokratische Partei Thüringens wird gegründet. Am 2. Dezember 1945 wird aus ihr der Landesverband Thüringen der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands (LDP).
16. Juni 1945
Die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDP) wird - quasi für die sowjetische Besatzungszone - gegründet.
15. August 1945
Der Landesverband Sachsen der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands (LDP) wird gegründet.
Anfang September 1945
In und für Frankfurt am Main wird eine Liberal Demokratische Partei gegründet.
20. September 1945
Die Hamburger Partei Freier Demokraten (PFD) wird gegründet.
21. September 1945
Der Berliner Landesverband der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands (LDP) wird gegründet.
Oktober 1945
Die Liberale Partei Rheinland-Pfalz (LP) wird gegründet.
Ernst Gloeser wird Bürgermeister der Gemeinde Badenweiler - bis September 1946. Von 1946 bis 1947 ist er Mitglied der Beratenden Landesversammlung des Landes Baden.
28. Oktober 1945
Die Bremer Demokratische Volkspartei (BDV) wird gegründet.
10. November 1945
Der Landesverband Westfalen der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands (LDP) wird gegründet.
4. Dezember 1945
Die Freie Demokratische Partei - Landesverband Nordrhein wird gegründet.
29. Dezember 1945
Die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands - Landesverband Großhessen wird gegründet.
1946
Georg Eberlein wird nach den ersten freien Kommunalwahlen von der Stadtverordnetenversammlung zum Oberbürgermeister von Bad Homburg vor der Höhe gewählt. Im Jahr 1948 wird er zum Landrat des Obertaunuskreises gewählt. Dieses Amt behält er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1960.
Peter Hartmann wird in Weil am Rhein bis zum Jahr 1957 Bürgermeister.
6. Januar 1946
Die Demokratische Volkspartei (DVP) wird in Stuttgart gegründet.
Nach einer zwölfjährigen Zwangsunterbrechung während des Nationalsozialismus nimmt sie die Tradition des Dreikönigstreffens wieder auf. Seit 1952 findet am Vortag traditionell der Landesparteitag der FDP Baden-Württemberg statt, der mit einem sogenannten "Bunten Abend" (früher "Dreikönigsball") schließt, bei dem sich bereits die Mitglieder der Partei aus ganz Deutschland treffen. Das alljährliche Dreikönigstreffen am 6. Januar im Opernhaus (Großes Haus) der Württembergischen Staatstheater Stuttgart ist der politische Jahresauftakt der FDP und eine Großveranstaltung mit bundespolitischer Bedeutung. Seinen Anfang nahm das Dreikönigstreffen am 6. Januar 1866: Nach der Spaltung der Württembergischen Fortschrittspartei am 8. Mai 1864 wurde wenige Monate später am 27. Dezember 1864 die linksliberale Demokratische Volkspartei von Julius Haußmann, Karl Mayer und Ludwig Pfau in Esslingen am Neckar gegründet. Um einen landesweiten organisatorischen Unterbau zu schaffen, wurden im darauffolgenden Jahr zahlreiche demokratische Volksvereine gegründet (23 lassen sich noch nachweisen), die am Dreikönigstag 1866 zur ersten Landesvertretertagung in Stuttgart zusammentrafen. Seit dem Jahr 1920 fand am Tag vor dem eigentlichen Dreikönigstreffen der Landesvertretertag der württembergischen DDP statt, am 6. Januar dann die Landesversammlung.
6. bis 11. Januar 1946
Die Demokratische Partei Saar (DPS) wird gegründet.
7. und 8. Januar 1946
Die (mehr oder weniger) liberalen Landesparteien von Hamburg, Hannover, Oldenburg, Braunschweig, Schleswig-Holstein, Nordrheinprovinz und Westfalen schließen sich zur Freien Demokratischen Partei (FDP) der britischen Zone zusammen. In Hannover wurde sie zunächst als Demokratische Union gegründet.
20. Januar 1946
Die Demokratische Partei (DemP) wird in Baden gegründet.
4. Februar 1946
Der Vorstand der FDP in der britischen Besatzungszone beschließt in Syke die Syker Programmatischen Richtlinien.
28. März 1946
Die Freie Demokratische Partei Schleswig-Holstein wird gegründet.
30. Mai 1946
Die Freie Demokratische Partei Bayerns wird gegründet.
Sommer 1946
Die Freie Demokratische Partei Bremen wird gegründet.
Juli 1946
Die (mehr oder weniger) liberalen Parteien gründen einen gesamtdeutschen Koordinierungsausschuß. Dieser trifft sich im November 1946 in Coburg, um die Gründung einer zonenübergreifenden gesamtdeutschen liberalen Partei vorzubereiten.
1947
Die Jungdemokraten gründen sich unter dem Namen Deutsche Jungdemokraten (DJD) und dem Wahlspruch "National im Fühlen, liberal im Denken, sozial im Handeln" als Jugendverband der FDP bzw. einer künftigen liberalen Partei Deutschlands neu. Es ist die Idee Thomas Dehlers, wieder den Namen Jungdemokraten zu verwenden. Es soll so direkt an die Geschichte der Jungdemokraten in der Weimarer Republik angeknüpft werden. Vom 25. bis 27. April 1919 waren in Berlin zahlreiche der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) nahestehende Jugendvereine zusammengekommen. Diese faßten den Beschluß, die Jugendvereine zu einem Bund zusammenzuschließen. Im Vorfeld des Parteitags der DDP im darauffolgenden Juli wurde dann der Reichsbund demokratischer Jugendvereine gegründet. Bald kam der Name Jungdemokraten auf. Nachdem sich bereits im Jahr 1922 der bayerische Verband in Jungdemokratischer Verband Bayern umbenannt hatte, änderte der Reichsbund im Jahr 1928 seinen Namen in Reichsbund der Deutschen Jungdemokraten.
17. März 1947
In Rothenburg ob der Tauber wird die Demokratische Partei Deutschlands (DPD) auf einer Konferenz als gesamtdeutsche Partei gegründet, an der liberale Politiker aus allen vier Besatzungszonen teilnehmen. Gleichberechtigte Vorsitzende werden Theodor Heuss (Demokratische Volkspartei) und Wilhelm Külz (Liberal-Demokratische Partei Deutschlands). Dieser Versuch wird im Frühjahr 1948 beendet. Er scheitert letztlich am Ost-West-Konflikt.
April 1947
Die Liberale Weltunion (Liberal World Union, LWU, seit 1954 (?) Liberale Internationale) wird gegründet. Die Deutsche Gruppe Liberal International (DGLI) wird im August 1947 in Hamburg als Deutsche Sektion der Liberalen Weltunion ins Leben gerufen, da es noch keine liberale Partei für ganz Deutschland gibt. Ihr Präsident ist bis zum Jahr 1956 Franz Blücher.
19. und 20. April 1947
Die Liberale Partei (LP) und der Soziale Volksbund (SV) schließen sich zur Demokratischen Partei Rheinland-Pfalz zusammen, aus der kurz danach die Freie Demokratische Partei Rheinland-Pfalz wird.
1948
Josef Ernst wird zum Bürgermeister von Norderney gewählt. Er bekleidet dieses Amt bis zum Jahr 1952. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Ernst als "Opfer des Faschismus" anerkannt. Am 20. Januar 1946 hatte er die Radikal-Demokratische Partei gegründet, die sich als "Gemeinschaft des werktätigen Volkes" verstand. Später trat Ernst der FDP bei.
Ernst Falk wird zum Bürgermeister von Martinsheim gewählt. Er bleibt dies bis zum Jahr 1964. Von 1950 bis 1962 und vom 14. Oktober 1965, als er für Albrecht Haas nachrückt, bis zum 10. November 1965, als er bereits wieder auf sein Mandat verzichtet, gehört er dem Bayerischen Landtag an.
Fritz Geißler wird Bürgermeister von Lauterbach und bleibt in diesem Amt bis zum Jahr 1954.
3. bis 10. Januar 1948
Der Vorstand der FDP in der britischen Besatzungszone beschließt auf Wangerooge ein Wirtschaftsprogramm ("Wangerooger Programm"). Einer der Verfasser ist Martin Blank.
2. März 1948
Ludwig Erhard wird auf Vorschlag der Liberalen zum Direktor der Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebietes gewählt und ist damit für die Wirtschaftspolitik in den westlichen Besatzungszonen verantwortlich. Dadurch kann er später gemeinsam mit Alfred Müller-Armack den Grundstein für die Soziale Marktwirtschaft legen. Erhard wird erst fünf Tage vor dem geplanten Termin von den West-Alliierten über den Zeitpunkt der bevorstehenden Währungsreform am 20. Juni 1948 informiert. Einen Tag vor der Reform läßt er über den Rundfunk verkünden, Zwangsbewirtschaftung und Preisbindungen seien für einen ersten Bereich industrieller Fertigprodukte aufgehoben. Die sukzessive Aufhebung von Preisbindungen durch Erhard konzipiert sein Mitarbeiter Leonhard Miksch. Erhard ist parteilos. Es ist nicht klar, ob er jemals der CDU beigetreten ist. Zu Beginn seiner politischen Laufbahn tendiert Erhard zur FDP, aber deren Bundesvorsitzender Theodor Heuss rät ihm zum Beitritt in eine größere Partei.
1. September 1948
Der Parlamentarische Rat wird im Rahmen eines Festaktes im Museum Alexander Koenig in Bonn eröffnet. Er soll im Auftrag der West-Alliierten eine Verfassung für einen Staat erarbeiten, zu dem die elf westdeutschen Länder vereint werden sollen. Ihm gehören 65 stimmberechtigte Abgeordnete, die von den Parlamenten der Länder in den westlichen Besatzungszonen gewählt wurden, sowie fünf nicht stimmberechtigte Abgeordnete aus West-Berlin an, die von der Berliner Stadtverordnetenversammlung gewählt wurden. Die Liberalen sind mit Max Becker (Hessen/LDP), Thomas Dehler (Bayern/FDP), Theodor Heuss (Württemberg-Baden/DVP), Hermann Höpker-Aschoff (Nordrhein-Westfalen/FDP), Hermann Schäfer (Niedersachsen/FDP) und Hans Reif (West-Berlin/LDP) vertreten. Fraktionsführer der Liberalen wird Heuss. Die Sitzungen finden in der ehemaligen Pädagogischen Akademie Bonn statt, die später zum Bundeshaus und damit zum Sitz von Bundestag und Bundesrat wird.
11./12. Dezember 1948
Die Freie Demokratische Partei (FDP) wird auf einem Gründungsparteitag ("Gesamtvertretertag der liberalen, demokratischen Parteien aus den nicht sowjetisch besetzten Teilen Deutschlands und seiner Hauptstadt Berlin") in Heppenheim an der Bergstraße im ehemaligen Kurmainzer Amtshof (Amtsgasse 5) als ein Zusammenschluß der 13 liberalen Landesverbände der drei westlichen Besatzungszonen gegründet. Das Treffen steht unter dem Motto "Einheit in Freiheit". Hauptredner des ersten Tages ist Hermann Höpker-Aschoff, der unter dem Titel "Werk und Wirken in Bonn" aus dem Parlamentarischen Rat berichtet. Hauptredner des zweiten Tages ist Theodor Heuss, der über "Unsere deutsche Mission" referiert. Als erster Vorsitzender der neu gegründeten Partei wird Theodor Heuss mit 72 Ja-Stimmen und 15 Enthaltungen gewählt. Als dessen Stellvertreter bestimmen die Delegierten Franz Blücher (81 Stimmen). In den engeren Vorstand werden gewählt: Thomas Dehler (85), August-Martin Euler (69), Fritz Oellers (62), Hermann Schäfer (76), Carl-Hubert Schwennicke (89) und Eberhard Wildermuth (89). Der Vertraute von Theodor Heuss, Ernst Mayer, fällt hingegen mit nur 31 Stimmen durch, wird aber später als Geschäftsführer benannt. Daneben werden zwei Vertreter der Jungdemokraten (Alfred Rauschenbach und Wolfgang Mischnick) und zwei Vertreter der Frauenorganisation (Ella Barowsky und Lotte Friese-Korn) als Mitglieder des Gesamtvorstands gewählt. Hinzu kommen noch jeweils die Vorsitzenden der Landesverbände und folgende vier Personen: Hermann Höpker-Aschoff, Hermann Dietrich, Wolfgang Glaesser und Hans Reif. August Weber wird nicht gewählt. Der Name Liberaldemokratische Partei (LDP) konnte sich dabei nicht durchsetzen, die Bezeichnung Freie Demokratische Partei (FDP) wurde von den Delegierten der Landesverbände mit 64 gegen 25 Stimmen gebilligt. Der Parteitag verabschiedet die "Heppenheimer Beschlüsse". Darin werden in einer Präambel und sieben Thesen die Forderungen der FDP zusammengefaßt. Hierzu gehören eine Begrenzung der Besatzungskosten, die Befreiung des deutschen Exportes von bestehenden Einschränkungen und eine Steuerreform, die das Sparen begünstigen soll. Außerdem wird ein Lastenausgleich gefordert. Auf dem Gründungsparteitag gelingt es nur mit Mühe, das liberale und das deutschnationale Lager zusammenzuhalten. Die gemeinsame programmatische Schnittmenge ist der wirtschaftspolitische Grundsatz einer freien marktwirtschaftlichen Ordnung und die Ablehnung jeglicher Sozialisierungsbestrebungen. Die Mitgliedschaft der FDP setzt sich aus ehemaligen Mitgliedern der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) und der Deutschen Volkspartei (DVP), aber auch der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) und der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) zusammen. Nicht wenige ehemalige Mitglieder der DDP finden den Weg in die Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU), die anfangs als überkonfessionelle bürgerliche Sammlungspartei gedacht ist. Dazu gehören August Bach, Ernst Lemmer und Gustav Heinemann, der Mitglied der Studentenorganisation der DDP war. Auch Heuss hatte im Jahr 1945 zunächst für die Gründung einer solchen Sammlungspartei plädiert und sich offen gegenüber der CDU gezeigt. Und auch Richard von Weizsäcker wurde vor diesem Hintergrund nicht Mitglied der FDP, sondern der CDU. Daß die FDP im Unterschied zu anderen "bürgerlichen" Parteien dem Schicksal entgeht, von CDU und CSU verdrängt zu werden, verdankt sie sehr wahrscheinlich vor allem ihrer Kirchenferne.
23. Mai 1949
Das von Liberalen maßgeblich geprägte Grundgesetz mit seiner freiheitlichen demokratischen Grundordnung (FDGO) wird vom Parlamentarischen Rat verkündet und damit die Bundesrepublik Deutschland als demokratischer und sozialer Bundes- und Rechtsstaat gegründet. So ist es dem Einfluß von Theodor Heuss zu verdanken, daß in der Präambel vermieden wird, den provisorischen Charakter des Grundgesetzes und die alliierte Fremdherrschaft allzu deutlich zu betonen. Heuss wollte eine vollgültige und dauerhafte Verfassung schaffen, von der auch eine Signalwirkung für die Bürger der sowjetischen Besatzungszone ausgehen könne. Beim fundamental wichtigen Artikel 1 des Grundgesetzes vermochte er es gegen breiten Widerstand, die Schutzfunktion des Staates herauszustellen und eine explizite Berufung auf eine naturrechtliche Begründung der Grundrechte zu vermeiden. Beim Umfang der Grundrechte plädierte er für eine Beschränkung auf die klassischen individuellen Freiheitsrechte, weil nur diese - anders als soziale und wirtschaftliche Grundrechte - durchsetzbar und einklagbar seien. Gegen heftige Proteste der Kirchen und der CDU/CSU konnte er es verhindern, daß das sogenannte "Elternrecht" in das Grundgesetz aufgenommen wurde. Dieses Recht sah vor, konfessionsgebundene Bekenntnisschulen in kirchlicher Trägerschaft auf Antrag der Eltern einzurichten. Heuss hingegen als Anhänger der christlichen Gemeinschaftsschulen sah darin die staatliche Kulturhoheit gefährdet. Darüber hinaus geht die Staatsbezeichnung "Bundesrepublik Deutschland" auf eine Anregung von Heuss zurück. Ebenso unterstützte er die Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold. Als Anhänger eines parlamentarischen Regierungssystems sprach er sich gegen ein Präsidialsystem aus. Volksbegehren und Volksentscheide auf Bundesebene lehnte er ab, weil er sie als "Prämie für jeden Demagogen" betrachtete. Die Zusammensetzung der Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten ist seiner Idee geschuldet. Nicht alle seine Vorstellungen konnte Heuss durchsetzen. So sah er in der Konstruktion der Länderkammer als Bundesrat eine Fehlentwicklung und bevorzugte die Einrichtung eines von den Landtagen gewählten Senats. Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung wollte er nicht im Grundgesetz verankern, weil er die Wehrpflicht als "legitimes Kind der Demokratie" betrachtete. Doch mit dieser Auffassung blieb er klar in der Minderheit. Als überzeugter Zentralist prägte Hermann Höpker-Aschoff maßgeblich die Finanzverfassung des Grundgesetzes (X. Abschnitt). Insbesondere wird ihm die Schaffung der starken Bundesstellung im Finanzbereich und die Unabhängigkeit der Bundesbank von Weisungen der Politik zugeschrieben.
10. bis 12. Juni 1949
Der 1. ordentliche Bundesparteitag findet im Bremer Rathaus statt. Der erste ordentliche Parteitag der Freidemokraten ist zugleich auch der erste "Wahlparteitag", da zwei Monate später die ersten Bundestagswahlen stattfinden. Nach den mühsam überdeckten Kämpfen zwischen den Landesverbänden auf dem Gründungsparteitag in Heppenheim steht dieser Parteitag ganz im Zeichen innerparteilicher Geschlossenheit. Die Deutschen Jungdemokraten (DJD) werden als Jugendorganisation satzungsmäßig anerkannt. Der Vorsitzende Theodor Heuss (172) und sein Stellvertreter Franz Blücher (168) werden fast einstimmig in ihren Ämtern bestätigt. Beisitzer im geschäftsführenden Vorstand sind Thomas Dehler (178), Carl-Hubert Schwennicke (171), Eberhard Wildermuth (148), Hermann Schäfer (143), Karl Theodor Bleek (127), Ernst Mayer (120) und August-Martin Euler (119). Beisitzer im Gesamtvorstand sind Hanna Katz (123 Stimmen, Stichwahl gegen Grete Sehlmeyer) als Vertreterin der Frauen, Heinz Müller (123) als Vertreter der Jungdemokraten, Hermann Höpker-Aschoff (121), Karl Rüdiger (95), Erich Mende (91) und Wolfgang Glaesser (113 Stimmen, Stichwahl gegen Marie-Elisabeth Lüders). Die Vorstandswahlen verlaufen nahezu reibungslos. Dem gemäß § 14 der Satzung gewählten Ehrenrat gehören folgende zehn Mitglieder an: Vorsitzender Carl Jokusch, Bielefeld, Stellvertreter Dr. Fratzscher, München-Gladbach, Fritz Schwake, Herford, Gerda Krüger-Nieland, Hamburg, Hellmut Froböß, Detmold, Hans Erbe, Bremen, Walter Sternfeld, München, Walter Conrad, Berlin, Edgar Kölle, Esslingen und Pritzfeld, Rotenburg. Mit der "Bremer Plattform" beschließen die Delegierten eine gemeinsame programmatische Grundlage, in der es neben dem Bekenntnis zur deutschen Einheit vor allem um die Lage in der sowjetischen Besatzungszone sowie weitere tagesaktuelle Fragen wie Demontage, Entnazifizierung usw. geht. Die FDP setzt sich von Anbeginn für die Abschaffung der von den Besatzungsmächten verfügten Verfahren zur "Entnazifizierung" ein. Auf einem ihrer Plakate heißt es: "Bestraft Verbrechen aber nicht einen politischen Irrtum." Außerdem taucht das Thema Steuerreform auf. August-Martin Euler versucht, ein Bekenntnis zur Wiederbewaffnung durchzusetzen, scheitert jedoch an der noch antimilitaristischen Stimmung der Mehrheit der Delegierten.
30. Juni bis 2. Juli 1949
Der Bundeshauptausschuß tagt in Frankfurt am Main.
14. August 1949
Bei der Wahl zum 1. Deutschen Bundestag erringt die FDP einen Stimmenanteil von 11,9 Prozent (bei 12 Direktmandaten, vor allem in Württemberg-Baden und Hessen) und erhält somit 52 von 402 Sitzen. Zum Vorsitzenden der Fraktion wird Theodor Heuss gewählt. Nach den Wahlen zu den Landtagen und den Kommunalwahlen in den Jahren seit 1946 ist es die erste komplett freie Wahl auf deutschem Boden seit der Reichstagswahl vom 6. November 1932. Das Grundgesetz bestimmt lediglich, daß die Abgeordneten des Deutschen Bundestages in allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen für vier Jahre gewählt werden. Das weitere regelt das Wahlgesetz zum ersten Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland, das der Parlamentarische Rat beschlossen und die Ministerpräsidenten der Bundesländer mit den von den alliierten Militärgouverneuren vorgenommenen Änderungen ausgefertigt hatten. Die Verteilung der Mandate erfolgt danach auf Länderebene. Die Fünf-Prozent-Hürde gilt nur landesweit. Daher benötigt eine Partei, um in den Bundestag einzuziehen, fünf Prozent oder mehr der Stimmen eines Landes oder die Mehrheit der Stimmen eines Wahlkreises, was die Wirkung der Sperrklausel einschränkt. Allerdings erhalten Parteien keine Sitze in den Ländern, in denen sie weder fünf Prozent noch ein Direktmandat erringen. Im Gegensatz zu allen späteren Bundestagswahlen haben die Wähler nur eine Stimme. So sind im ersten Bundestag elf Parteien vertreten. Die Zahl der Parteien ist beschränkt, weil bis zum 17. März 1950 Parteien eine Lizenz der jeweiligen Besatzungsmacht benötigen. Die hohe Wahlbeteiligung von 78,5 Prozent wird politisch auch als Zustimmung des Wahlvolkes zum Grundgesetz gewertet, über das nur die Landtage abgestimmt hatten.
7. September 1949
Im Rahmen der konstituierenden Sitzung des Deutschen Bundestages wird Hermann Schäfer zu einem der Vizepräsidenten des Bundestags gewählt. Johannes Büll, Senator des Wohnungsamtes der Stadt Hamburg, eröffnet als Alterspräsident die erste Sitzung des Bundesrates.
12. September 1949
Der Bundesvorsitzende Theodor Heuss wird im zweiten Wahlgang mit 416 von 800 Stimmen unter anderem gegen den SPD-Bundesvorsitzenden Kurt Schumacher und Rudolf Amelunxen von der Zentrumspartei zum ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Die Regierungskoalition verfügt über 395 von 804 Sitzen. Die Wahl von Heuss ergibt sich aus der Koalitionsvereinbarung zwischen Union (Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU) und Christlich-Soziale Union in Bayern e. V. (CSU)) und FDP nach der Bundestagswahl 1949, die außerdem die Wahl Konrad Adenauers zum Bundeskanzler vorsieht. Sein Nachfolger als Bundesvorsitzender wird Franz Blücher und als Fraktionsvorsitzender Hermann Schäfer. Zu Beginn seiner Amtszeit versucht Heuss zunächst noch, seine Spielräume zu erweitern. So will er beispielsweise gelegentlich den Vorsitz von Kabinettssitzungen übernehmen oder beansprucht den Oberbefehl über die geplante Armee für sich, scheitert aber mit diesen Versuchen. Es spiel sich allmählich eine Arbeitsteilung ein, die dem Bundeskanzler die eigentliche Regierungsarbeit zuerkannte, dem Bundespräsidenten hingegen das Feld der Integration und Repräsentation. Weil die Weimarer Republik auch an der mangelnden Zustimmung großer Teile der Bevölkerung zum demokratischen Staat und an den fundamentalen politischen und sozialen Konflikten gescheitert war, will Heuss als überparteilicher Repräsentant der Bundesrepublik die junge Demokratie positiv im Bewußtsein seiner Bürger verankern. Sein Ziel ist es, die verschiedenen Gesellschaftsgruppen an den noch ungefestigten Staat heranzuführen und mit der Demokratie zu versöhnen. Die Integration stand im Zentrum seines Amtsverständnisses. Durch sein bürgerliches Auftreten und seine Bildung stellt Heuss als Staatsoberhaupt den größtmöglichen Kontrast zu seinen Vorgängern Hindenburg und Hitler dar. Weil er in seiner Person Politik, Geist und Volksnähe vereint, repräsentiert er im In- und Ausland ein neues, nämlich ziviles und demokratisches Deutschland. In seiner Amtsführung setzt er sich deutlich vom brutalen Auftreten des Nationalsozialismus ab. Zu Beginn seiner Amtszeit verhindert er eine Briefmarke mit seinem Porträt, später lehnt er einen Besuch der Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth ab, um nicht "den Spuren des Herrn Hitler auf dem Festhügel und nach Wahnfried zu folgen". Vor allem mit der Schaffung neuer Staatssymbole will Heuss unbelastete und geeignete Traditionen für die Bundesrepublik begründen. Zentrale Bedeutung hat für ihn die Einführung einer Nationalhymne, für die er als Bundespräsident verantwortlich ist. Das alte Lied der Deutschen von Hoffmann von Fallersleben, argumentiert Heuss, sei infolge des Mißbrauchs durch die Nationalsozialisten für die neue Demokratie nicht mehr tragbar und zeitgemäß. Er beauftragt den Dichter Rudolf Alexander Schröder mit dem Verfassen einer neuen Hymne, die er dann - vertont durch den Komponisten Hermann Reutter - in seiner Silvesteransprache 1950 den Mitbürgern vorstellt. Doch fällt das Urteil in den Medien, der Bevölkerung und parteiübergreifend in der Politik vernichtend aus. Nachdem er auch die Unterstützung von Adenauer und CDU/CSU verloren hat, gibt Heuss Anfang 1952 auf. Er räumt ein, "den Traditionalismus und sein Beharrungsbedürfnis unterschätzt" zu haben. Gekränkt verzichtet er auf eine feierliche Proklamation; stattdessen erkennt er das "Deutschlandlied" lediglich in einem Briefwechsel mit Adenauer an. Mehr Erfolg hat Heuss bei der Einführung neuer Orden, welche die Dankbarkeit des demokratischen Staates gegenüber seinen Bürgern zum Ausdruck bringen sollen. So begründet er im Jahr 1950 das Silberne Lorbeerblatt für besondere sportliche (und zunächst auch musikalische) Leistungen. Im Jahr 1951 stiftet er den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland mit seinen verschiedenen Stufen. Ein Jahr darauf erneuert er die Friedensklasse des preußischen Ordens Pour le Mérite für herausragende Wissenschaftler und Künstler und wird dessen Protektor. Mit seinen kultur-, wissenschafts- und bildungspolitischen Initiativen will Heuss Wissenschaftler, Künstler und Intellektuelle für den demokratischen Staat gewinnen. So stößt er die Gründung des Deutschen Wissenschaftsrats im Jahr 1956 an. Auch als Bundespräsident plädiert Heuss weiterhin für eine schonungslose Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. In einem weitverbreiteten Klima der Entlastung und Verdrängung in Politik und Bevölkerung warnt er vor Selbstgerechtigkeit, Selbstmitleid und allzu schnellem Vergessen. Heuss lehnt den Vorwurf einer Kollektivschuld ab, führt aber den moralischen Begriff der Kollektivscham ein, der alle Deutschen betreffe. Das Erinnern an die NS-Verbrechen gilt Heuss als Grundlage für die demokratische Erneuerung und für die Aussöhnung mit den Opfern. So liegt ihm die Versöhnung und die Wiedergutmachungspolitik gegenüber den Juden und dem Staat Israel am Herzen. In einer Rede zum 10. Jahrestag des Attentats auf Hitler am 20. Juli 1944 spricht Heuss die Verschwörer, von denen er einige persönlich kannte, vom Vorwurf des Eidbruchs und Hochverrats frei. Indem er die Grenzsituation betont, in der sich die Attentäter zwischen ihrem Eid auf Hitler und ihrem persönlichen Gewissen gestellt sahen, rechtfertigt er den Widerstand gegen ein amoralisches und menschenverachtendes Regime. Damit begründet Heuss eine positive Gedenktradition, an die bis heute erinnert wird. Heuss löst mit seinen erinnerungspolitischen Reden nicht nur Zustimmung aus. Ein Teil der Bevölkerung empfindet sie als Provokation und protestiert in Briefen an ihn dagegen. Doch auch Heuss selber betreibt in einigen Fällen eine Vergangenheitspolitik, die heute fragwürdig erscheint. So setzt er sich während seiner Amtszeit wiederholt für die Begnadigung von Kriegsverbrechern wie den ehemaligen Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Ernst von Weizsäcker, ein.
15. September 1949
Die FDP bildet gemeinsam mit CDU/CSU und Deutsche Partei (DP) eine Koalition. Konrad Adenauer wird im ersten Wahlgang mit der denkbar knappsten Mehrheit von 202 der 402 stimmberechtigten Mitglieder des Hauses bei 142 Nein-Stimmen zum ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt.
20. September 1949
Im Kabinett Adenauer I ist die FDP mit Franz Blücher als Stellvertreter des Bundeskanzlers ("Vizekanzler") und Bundesminister für Angelegenheiten des Marshallplanes, Thomas Dehler als Bundesminister der Justiz und Eberhard Wildermuth als Bundesminister für Wiederaufbau (ab 1950: Bundesminister für Wohnungsbau) vertreten. Aus Wildermuths Nachlaß läßt sich ablesen, daß er sich in seinem Amt als Bundesminister auch mit Fragen der Wiederbewaffnung befaßte. Daß er von Adenauer inoffiziell damit beauftragt wurde, läßt sich nicht zweifelsfrei nachweisen, wird aber von mehreren Indizien gestützt. Aktenkundig ist, daß Adenauer Wildermuth vor wichtigen außenpolitischen Verhandlungen konsultierte und ihn am 6. Dezember 1949 aufforderte, seine persönlichen Freunde Heinz-Eugen Eberbach und Hans Speidel über die Bestrebungen zur Wiederbewaffnung in der Bundesregierung zu unterrichten. Aus dieser Initiative ging am 5. Januar 1950 eine Besprechung zwischen Speidel, Adolf Heusinger und Hermann Foertsch zu wehrpolitischen Fragen hervor, dessen Ergebnispapier Wildermuth wiederum Adenauer zuleitete. In den folgenden Monaten und insbesondere im Sommer 1950 war Wildermuth offenbar in die Vorbereitung der Himmeroder Tagung eingebunden, wobei es zu Auseinandersetzungen um Konzepte und Personalien mit Herbert Blankenhorn und dem von diesem protegierten Gerhard Graf von Schwerin gab. Wildermuth gab dabei Informationen auf dem Kreis um Speidel an Adenauer weiter, so am 14. August 1950 die Denkschrift "Gedanken über die Frage der äußeren Sicherheit der Deutschen Bundesrepublik", die in vielen Punkten den Ausarbeitungen Schwerins widersprach, aber letztlich von Adenauer angenommen, zur Grundlage seiner Verhandlungen mit den Westalliierten gemacht wurde und deshalb auch Eckpunkte für die Himmeroder Denkschrift festlegte. Nach der offiziellen Gründung des Amts Blank endete Wildermuths inoffizielle Befassung mit militärischen Fragen in der Bundesregierung.
18. November 1949
Die Idee zur Einführung eines Pressedienstes (Freie Demokratische Korrespondenz (Zusatztitel fdk, seit 1960 auch ausgeschrieben freie demokratische korrespondenz) wird erstmals während einer gemeinsamen Sitzung des FDP-Bundesvorstands und des Vorstands der FDP-Bundestagsfraktion von dem Journalisten und Mitglied des Deutschen Bundestages, Ernst Mayer, vorgetragen. Der in der Anfangszeit kostenpflichtige, im Abonnement erhältliche Dienst soll konzeptionell neben der Öffentlichkeitsarbeit auch einen Beitrag zur Finanzierung der Parteiarbeit leisten. So beträgt der Bezugspreis um 1952 je nach verhandeltem Preisnachlaß zwischen 5 und 15 Deutsche Mark monatlich, wobei der Umstand, daß dezidiert politisch-werbende Presseinformationen ausschließlich kostenpflichtig vertrieben werden, von Beginn an immer wieder Kritik verschiedener Seiten auf sich zieht. Die Preispolitik wird im Laufe der Zeit immer weiter gelockert, bis der Bezug der Pressemitteilungen schließlich grundsätzlich kostenfrei erfolgt. Herausgegeben wird die Freie Demokratische Korrespondenz seit ihrer Gründung im Januar 1950 von Ernst Mayer, die Schriftleitung übernimmt der promovierte katholische Theologe Josef Ungeheuer. Beide sterben verhältnismäßig früh: Mayer im Dezember 1952 im Alter von 51 Jahren, Ungeheuer im Oktober 1959 noch vor Vollendung des 50. Lebensjahres. Der von beiden Persönlichkeiten eingeführte Stil bleibt jedoch über zwei Jahrzehnte hinweg prägend für das Presseorgan, so überwiegt beispielsweise noch bis zu Beginn der 1970er Jahre ein eher rundbriefartiger Charakter mit einem Inhaltsverzeichnis auf dem Deckblatt und sich anschließenden meist mehrseitigen, namentlich gekennzeichneten Berichten oder Glossen. Die Erscheinungsweise ist in der Regel wöchentlich, ergänzt um Ausgaben zu besonderen Anlässen - bereits der erste Jahrgang umfaßt dadurch 91 Einzelausgaben. Die Verwendung des Mantelnamens fdk bzw. freie demokratische korrespondenz für Statements, Reden, Interviews, Gastbeiträge und Ankündigungen wird mit Ablauf des Jahres 2016 aufgegeben. Die nach wie vor in dieser Tradition stehenden Pressedienste von Partei und Fraktion werden seit dem Jahr 2017 nur noch mit "Pressemitteilung" bzw. "Terminankündigung" überschrieben. Zugleich wird auch die Vergabe von fortlaufenden Nummern eingestellt.
1950
Studenten, die einer nostalgisch-nationalen Ausrichtung kritisch gegenüberstehen, darunter besonders Studenten, die aus der sowjetischen Zone oder der DDR kamen, gründen den Liberalen Studentenbund Deutschlands (LSD) - als Dachorganisation liberaler Studentengruppen "in dem Bestreben, die Verwirklichung des Ideals der Freiheit auf allen Gebieten des menschlichen Lebens durch Vertiefung und Weiterentwicklung auf akademischer Ebene zu fördern". Während die Landesverbände der Jungdemokraten im eskalierenden FDP-"Flügelstreit" zwischen einem nostalgisch-nationalen und einem dezidiert liberalen Flügel im Vorfeld des Bundesparteitags im Jahr 1952 unterschiedliche Position beziehen, stellt sich der LSD klar auf die Seite des liberalen Flügels. Der LSD bezieht auch später immer wieder Positionen, die als links der zeitgleichen Positionen der Jungdemokraten wahrgenommen werden, und nimmt dabei auch Entwicklungen bei den Jungdemokraten vorweg.
Rudolf Garlichs wird zum Bürgermeister der Gemeinde Minsen gewählt. Er bleibt dies bis zum Jahr 1971. Seit dem Jahr 1974 erinnert daran in der Gemeinde Wangerland, in die Minsen im Jahr 1971 aufgeht, eine nach ihm benannte Straße.
29. bis 30. April 1950
Der 2. ordentliche Bundesparteitag findet in Düsseldorf mit dem Vorsitzenden Franz Blücher statt, der am 12. September 1949 dem zum Bundespräsidenten gewählten Theodor Heuss nachgefolgt war. Er tagt in den Rheinterrassen am Hofgartenufer und steht unter dem Motto "Ziel und Weg - 'Gerechtigkeit erhöhet ein Volk'". Er verabschiedet die "Leitsätze zur Kulturpolitik". Auf dem Parteitag werden mehrere Reden bedeutender Funktionsträger bzw. zu wichtigen Themen gehalten: Vorsitzender des gastgebenden Landesverbands, Friedrich Middelhauve, Landtagspräsident: Josef Gockeln (CDU), Vizekanzler Franz Blücher, Stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion, August-Martin Euler, "Soziale Gerechtigkeit": Bundestagsvizepräsident Hermann Schäfer, "Agrarpolitik": Heinrich Fassbender, "Gerechtigkeit für die Enterbten": Fritz Oellers, "Länderpolitik in der Bundesrepublik": Reinhold Maier und "Partei im Aufbau": Ernst Mayer. Während des Parteitags findet eine öffentliche Großkundgebung mit Friedrich Middelhauve und Franz Blücher statt. Die FDP verlangt die Freilassung aller "so genannten Kriegsverbrecher" und begrüßt die Gründung des Verbands deutscher Soldaten aus ehemaligen Wehrmachts- und SS-Angehörigen, um die Integration der nationalistischen Kräfte in die Demokratie voranzubringen. Dem Bundesvorstand gehören nach diesem Parteitag an: Vorsitzender Franz Blücher und Stellvertretender Vorsitzender Hermann Schäfer, Beisitzer im geschäftsführenden Vorstand Carl-Hubert Schwennicke (176), Friedrich Middelhauve (161), August-Martin Euler (160), Herta Ilk (152), Karl Theodor Bleek (135), Ernst Mayer (130) und Fritz Oellers (87 Stimmen, Stichwahl gegen Artur Stegner), Beisitzer im Gesamtvorstand Ella Barowsky, Wolfgang Glaesser, Hermann Höpker-Aschoff, Erich Mende, Heinz Müller, Karl Rüdiger, Hanna Katz, Marie-Elisabeth Lüders, Hans-Jürgen Baumann und Hans Ludwig Waiblinger sowie Mitglieder qua Amt Thomas Dehler und Eberhard Wildermuth.
Juni 1950
Die erste Parteizentrale der FDP befindet sich in der Moltkestraße 5 in Bad Godesberg. Im November 1956 wechselt man in das Gebäude einer ehemaligen Nervenklinik am Bonner Talweg 57 in der Südstadt. Zwischen April 1976 und Juni 1993 ist die Bundesgeschäftsstelle der F.D.P. in einem Objekt in der Baunscheidtstraße 15 nahe der linksrheinischen Eisenbahnstrecke ansässig, das von der SPD vermietet wurde. Dieses trägt auf Veranlassung von Hans-Dietrich Genscher laut Beschluß des Bundesvorstands vom 9. April 1976 den Namen "Thomas-Dehler-Haus" (TDH). Hier ist bis zum Jahr 1983 unter anderem auch das Archiv der Bundespartei bzw. das Archiv der Friedrich-Naumann-Stiftung untergebracht, bevor dieses an die Theodor-Heuss-Akademie nach Gummersbach verlegt wird. Nach Erwerb eines 2.100 Quadratmeter großen Grundstücks an der Adenauerallee, richtet die F.D.P. im Jahr 1988 einen beschränkten Architektenwettbewerb unter acht Teilnehmern für einen Neubau der Parteizentrale aus, aus dem das Architekten- und Ingenieurbüro Geller + Müller in Euskirchen als erster Preisträger siegreich hervorgeht und schließlich im Jahr 1989 mit der Durchführung beauftragt wird. Der Grundstein für die neue, etwa 500 Meter nördlich der bisherigen befindliche Parteizentrale wird im Oktober 1991 vom Bundesvorsitzenden Otto Graf Lambsdorff gelegt. Nach eineinhalbjähriger Bauzeit kann er das Gebäude am 4. Juni 1993 einweihen.
23./24. September 1950
Der Bundeshauptausschuß tagt in Kassel. In der Sitzung spricht sich August-Martin Euler dafür aus, nicht nur die Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft in der FDP mit der Mitgliedschaft in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN), sondern auch mit der in der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG) zu beschließen. Während die erste Forderung wegen des bestimmenden Einflusses der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) auf die VVN mit klarer Mehrheit verabschiedet wird, scheitert der Antrag bezüglich der Friedensgesellschaft, schließlich ist mit Harald Abatz ein FDP-Mitglied Bundesvorsitzender der DFG.
10. Januar 1951
August-Martin Euler wird mit 23 zu 22 Stimmen gegen den bisherigen Amtsinhaber Hermann Schäfer zum Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion gewählt. Er ist auch Vorsitzender des Sachverständigen-Ausschusses für die Neugliederung des Bundesgebietes, in dem er weitgehende Forderungen nach einer Reduzierung der Zahl der deutschen Länder vertritt.
20. Januar 1951
Harald Abatz, Hans-Harder Biermann-Ratjen, Emmy Beckmann, Lieselotte Anders, Anton Leser und Max Dibbern unterzeichnen einen Aufruf für eine liberale Sammlung von Edgar Engelhard, die sich gegen die Pläne der Landesverbände Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen wendet, aus der FDP eine Partei der Nationalen Sammlung zu machen.
15. März 1951
Das Wohnungseigentumsgesetz wird auf Initiative der FDP-Fraktion beschlossen. Carl Wirths ist der maßgebliche Autor.
18. Mai 1951
Hans Carstens wird zum Bürgermeister der Gemeinde Sievershütten gewählt. Er bleibt dies bis zum 15. April 1986. Von 1955 bis 1986 ist er zusätzlich Amtsvorsteher des Amtes Kisdorf. Von 1967 bis 1971 und erneut vom 5. Oktober 1972 bis 1975 ist er Landtagsabgeordneter in Schleswig-Holstein. Er gehörte seit dem Jahr 1955 der FDP an Aus Protest gegen die Bildung der sozialliberalen Koalition auf Bundesebene tritt er am 13. Oktober 1969 zur CDU über.
24. Mai 1951
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bonn.
15. Juli 1951
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bad Königstein.
7. September 1951
Hermann Höpker-Aschoff wird der erste Präsident des Bundesverfassungsgerichts, woraufhin er sein Bundestagsmandat niederlegt. Gleichzeitig ist er Vorsitzender des ersten Senats. Er übt dieses Amt bis zu seinem Tode im Jahr 1954 aus. Unter seinem Vorsitz erläßt der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 1952 das Verbot der Sozialistische Reichspartei (SRP). Hingegen ist er ein Gegner des Verbotes der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), so daß das Verfahren erst nach seinem Tod wirklich in Gang kommt.
18. bis 23. September 1951
Der 3. ordentliche Bundesparteitag findet im Salvator-Keller am Nockherberg in München statt. Auf dem Parteitag tritt der stellvertretende Landesvorsitzende der FDP Nordrhein-Westfalen, Hans Albrecht Freiherr von Rechenberg, bei der Wahl des Bundesvorsitzenden erfolglos als Gegenkandidat von Franz Blücher an. Das Abstimmungsergebnis lautete 153 zu 91 Stimmen. Der Parteitag faßt Beschlüsse zur Amnestie von Kriegsverbrechern und zur Neugliederung des Bundesgebietes. Außerdem erfolgt eine deutliche Ablehnung der betrieblichen Mitbestimmung. Während der bayerische Landesvorsitzende Thomas Dehler den wirtschaftlichen Sachverstand der Gewerkschaften bestreitet, argumentieren die gemäßigten Kräfte um Hermann Schäfer für die Unabhängigkeit und Vereinigungsfreiheit der Gewerkschaften. Diskutiert wird weiterhin über eine Überprüfung der Wahlsysteme für Bundestag und Länderparlamente, die Gründung einer parteieigenen Zeitung, eine Resolution zum Bekenntnis der FDP zum unitarischen Staatsaufbau, die Ausarbeitung eines Parteiprogramms, die Wiedereinführung des Deutschlandliedes als Nationalhymne, die Stellung des Wohnungsbaus, verschiedene Wirtschaftsfragen sowie die Entnazifizierung. Es gibt Vorlagen des Vertriebenenausschusses, des Verkehrsausschusses und des finanzpolitischen Ausschusses (Einführung der Bundesfinanzverwaltung, Erfassung der Steuersünder). Außerdem wird die Gründung eines Ausschusses für Gesundheitswesen beschlossen. Am Rande des Parteitags kam es zu einer Sondertagung ehemaliger Mitglieder der Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDPD).
17. November 1951
Otto John wird auf Vermittlung Jakob Kaisers (CDU) von Bundespräsident Theodor Heuss zum Präsidenten des neu gegründeten Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) in Köln ernannt; nach Zustimmung der drei Besatzungsmächte und mit der zögerlichen Zustimmung von Bundeskanzler Konrad Adenauer. So wird John eine der wenigen Personen aus den Reihen der Widerstandskämpfer und ehemaligen Emigranten, die eine hohe Position in der Verwaltung der jungen Bundesrepublik erlangen können.
1952
Otto Hagemann wird zum Bürgermeister der Gemeinde Niedersprockhövel gewählt, dieses Amt bekleidete er bis zu seinem Tod am 11. Mai 1953. Vom 10. Oktober 1949 bis zum 17. Juni 1950 war er Mitglied des Landtags des Landes Nordrhein-Westfalen. Er war über die Landesliste seiner Partei nachgerückt.
22. März 1952
Der Bundeshauptausschuß tagt in Darmstadt.
25. April 1952
Reinhold Maier (FDP/DVP) wird von der Verfassunggebenden Landesversammlung zum Ministerpräsidenten des neu gebildeten Bundeslandes Baden-Württemberg gewählt. Überraschend bildet Maier nach seiner Wahl eine Koalition aus der FDP/DVP, dem Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE) und der SPD und schickt die CDU als stärkste Partei in die Opposition. Nach der Bildung dieser Koalition beantragt der hessische FDP-Landesverband den Parteiausschluß von Maier und des Landesvorsitzenden Wolfgang Haußmann sowie die Trennung der FDP von der DVP, kann sich damit aber nicht durchsetzen. Lediglich zu einer Mißbilligung der Koalition im Südweststaat ringt sich der Bundeshauptausschußdurch.
6. Mai 1952
Hermann Schäfer wird wieder zum Vorsitzenden der Bundestagsfraktion gewählt, nachdem August-Martin Euler nicht mehr für das Amt antritt.
17. Mai 1952
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bonn. Die nordrhein-westfälische FDP beantragt den Ausschluß von Harald Abatz und Edgar Engelhard wegen ihrer Unterstützung der Petition der Notgemeinschaft für den Frieden Europas von Gustav Heinemann und Helene Wessel. Der Antrag wird abgelehnt.
4./5. Juli 1952
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bonn.
12. bis 13. Juli 1952
Der 1. außerordentliche Bundesparteitag findet im Städtischen Saalbau in Essen statt. Auf ihm diskutiert die FDP über die Koalitionsmöglichkeiten im Bund und in den Ländern, die Entnazifizierung und eine neue Satzung. Außerdem tritt sie dem von SPD und Gewerkschaften vertretenen Marxismus entschlossen entgegen. Es werden die "Essener Entschließungen" verabschiedet, die bereits Anklänge an das "Deutsche Programm" des NRW-Landesvorsitzenden Friedrich Middelhauve enthalten, das dieser auf dem Landesparteitag in Bielefeld wenige Wochen später einbringt.
2. September 1952
Karl Georg Pfleiderer fordert in einer Denkschrift ein gesamteuropäisches Sicherheitssystem unter Berücksichtigung der Interessen der Sowjetunion mit einem hierin integrierten vereinigten Deutschland ohne die Gebiete jenseits der Oder-Neiße-Grenze ("Pfleiderer-Plan").
9. November 1952
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bonn.
18. bis 22. November 1952
Der 4. ordentliche Bundesparteitag findet im Kurhaus Bad Ems statt. Er wird durch einen Flügelstreit zwischen einem primär national und einem primär liberal orientierten Flügel geprägt. Im Sommer 1952 rief der Vorsitzende des nordrhein-westfälischen Landesverbands der FDP, Friedrich Middelhauve, zu einer "Nationalen Sammlung" auf. Hierzu war in seinem Umkreis ein Deutsches Programm geschrieben worden, das dann auch vom Landesparteitag in Nordrhein-Westfalen verabschiedet wurde. Es zielte darauf ab, die FDP als Partei rechts von der Union im deutschen Parteiensystem zu etablieren. Damit sollte die Wählerbasis der FDP erweitert werden, insbesondere sollten auch ehemalige Soldaten und frühere Anhänger der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei (NSDAP) angesprochen werden. Im Vorstand der Partei kam es im Vorfeld des Parteitags zu heftigen Auseinandersetzungen. Die Partei steht an der Schwelle zur Spaltung, denn die deutliche Mehrheit der Parteitagsdelegierten wird von den Landesverbänden gestellt, die die primär nationale Ausrichtung unterstützen. Dies sind vor allem Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen. Die liberal orientierten Landesverbände, die sich in der Minderheit befinden, sind vor allem Bayern, Hamburg, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und die Verbände des im Frühjahr des Jahres gegründeten Landes Baden-Württemberg. Der nationale Flügel wurde daneben durch hohe Gewinne bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen im Jahr 1952 gestützt. Landesweit hat die explizit deutschnational auftretende FDP 12,6 Prozent der Stimmen erhalten und ihr Wahlergebnis damit nahezu verdoppelt. In Bielefeld stellt sie nun sogar den Oberbürgermeister. Bereits vorher hatte die deutschnational ausgerichtete FDP Hessen in einer Listenverbindung mit dem Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE) bei der Landtagswahl im Jahr 1950 31,8 Prozent der Stimmen erhalten und die CDU überdeutlich auf den dritten Platz verwiesen. Allerdings hatte die FDP/DVP unter Reinhold Maier bei der Wahl zur Verfassungsgebenden Landesversammlung für das dann gegründete Land Baden-Württemberg mit 18 Prozent der Stimmen auch ein beachtenswertes Ergebnis erreicht. Der Landesverband Nordrhein-Westfalen bringt das Deutsche Programm als Beschlußvorlage auf den Parteitag ein. Als Gegenentwurf dazu bringt daraufhin der Landesverband Hamburg ein Liberales Manifest ein, das stark in klassischen liberalen und demokratischen Traditionen verwurzelt ist und in dem zumindest vom Anspruch her das Konzept einer liberalen Partei vertreten wird. Am Vorabend des Parteitags trat der Bundesvorstand zusammen. Bereits hier trafen die Positionen unversöhnlich aufeinander. Der liberale Flügel stellte die Delegiertenzahlen und die satzungsmäßige Wahl der national orientierten Landesverbände in Frage und forderte, die Vorstandswahlen von der Tagesordnung zu nehmen und den Bundesvorstand auf einem Sonderparteitag zu wählen. Eine Einigung gelang nicht. Der Bundesvorsitzende Franz Blücher hält sich in seiner Eröffnungsrede zum Parteitag bewußt zurück und vermeidet Aussagen über den künftigen Kurs der Partei. Für die liberalen Landesverbände spricht danach der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Reinhold Maier, dessen Parteiausschluß zuvor der Landesverband Hessen aufgrund des Eingehens einer Koalition mit der SPD gefordert hat. Er warnt vor einer "Gefahr von rechts" und erklärt, mit entsprechenden Positionen dürfe es keinen Kompromiß geben. Die Gegenrede hält August-Martin Euler aus Hessen. Er reklamiert "eine Pflicht nach rechts" für die FDP, nannte Maiers Aussagen "gefährlich" und "haarstäubend" und verweist auf die Zustimmung Reinhold Maiers zum Ermächtigungsgesetz am 23. März 1933. Am Abend des ersten Parteitags werden die Verhandlungen zwischen beiden Parteiflügeln bis spät in die Nacht fortgesetzt. Es gelingt zuletzt, einen Kompromiß zu finden: Die Anträge beider Seiten sollen nicht beschlossen, sondern an eine Programmkommission überwiesen werden. Der Vorstand soll weitgehend bestätigt werden. Friedrich Middelhauve soll als zweiter stellvertretender Vorsitzender gewählt werden. Eine Spaltung der Partei wird damit vermieden. Der innerparteiliche Konflikt bleibt jedoch ungelöst. Das Deutsche Programm und das Liberale Manifest sind nach ihrem Anspruch und sprachlich deutlich unterschiedlich, es gibt aber auch große inhaltliche Übereinstimmungen. Im von nationalem Pathos getragenen, mit "Aufruf zur Nationalen Sammlung" überschriebenen, Deutschen Programm bekennt man sich zum Deutschen Reich und erhebt den Anspruch, "eine einheitliche Haltung aller Deutschen in grundsätzlichen Fragen" erreichen zu wollen. Die Wörter "liberal" und "demokratisch" und der Name "FDP" kommen in dem Programm nicht vor. In rhetorischem Gegensatz hierzu wird im Liberalen Manifest eine "Sammlung aller liberalen Kräfte" gefordert. Mit dem Eintreten für eine "starke liberale Mitte" wird der Anspruch erhoben, selbst in der Mitte des politischen Spektrums zu stehen. Ein wesentlicher Unterschied ist die Haltung zur Entnazifizierung und zum Nationalsozialismus. Im Deutschen Programm stehen hierzu die prägnanten, für sich selbst sprechenden Worte "Wir fordern Wiedergutmachung des Unrechts, das Nationalsozialismus, Siegerwillkür und Entnazifizierung schufen.", während im Liberalen Manifest die Entnazifizierung kein Thema ist. Das nach dem Deutschen Programm wiederzugründende Deutsche Reich soll ein "dezentraler Einheitsstaat" ohne Länderparlamente sein und wie die Weimarer Republik ein semipräsidentielles Regierungssystem haben. Neben dem Parlament soll es eine Art Ständekammer und die Möglichkeit von Volksentscheiden geben. Im Liberalen Manifest bekennt man sich bewußt zur Demokratie und zum Rechtsstaat und zeigt sich im Wesentlichen zufrieden mit dem bestehenden parlamentarischen System, fordert aber die Umwandlung des Bundesrats in einen Senat und eine Stärkung der Kommunen gegenüber den Ländern. Beiden Programmen gemein ist die Forderung nach starken Freiheitsrechten für die Staatsbürger und ein Bekenntnis zu einer "sozial verpflichteten Marktwirtschaft". Im Liberalen Manifest wird dabei noch mehr als im Deutschen Programm die wirtschaftliche Freiheit des Einzelnen betont; man äußert sich nur rudimentär zu sozialer Absicherung. Der Sozialismus wird in beiden Programmen mit scharfen Worten verworfen. In beiden Programmen werden die deutsche Einheit und die Einigung Europas gefordert, im Liberalen Manifest als europäischer Staat, im Deutschen Programm als zukünftiges "Vaterland". Die - auch militärische - Westbindung wird in beiden Programmen als notwendig erachtet. Die Ausgestaltung der Deutschlandpolitik, die in den 1960er Jahren einen Hauptkonflikt in der FDP darstellen soll, ist kein Thema. Auch beiden Programmen gemein ist die Forderung nach gemeinsamem Unterricht aller Kinder in der christlichen Gemeinschaftsschule, was sich insbesondere gegen die Bekenntnisschule richtet. Thomas Dehler sorgt für heftige Kontroversen durch seine wiederholt öffentlich geäußerte scharfe Kritik am Bundesverfassungsgericht. Hierbei geht es um die vom Gericht zu entscheidende Frage, inwieweit ein - infolge des EVG-Vertrages zu erbringender - deutscher Wehrbeitrag mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Hierzu erklärt Dehler am 21. November 1952: "Ich möchte hoffen, daß in dem höchsten deutschen Gericht keine politischen Willensentscheidungen, sondern Rechtsentscheidungen fallen, und daß sich beim Bundesverfassungsgericht der Geist des Sozialismus nicht auswirkt." Der Bundesvorsitzende Franz Blücher wird ebenso wie sein Stellvertreter Hermann Schäfer im Amt bestätigt. Middelhauve wird zusätzlich als stellvertretender Vorsitzender gewählt. Auch die Mitglieder des engeren Parteivorstands Carl-Hubert Schwennicke, Erich Mende, Hans Wolfgang Rubin, Artur Stegner, August-Martin Euler, Reinhold Maier und Herta Ilk werden gemäß dem gefundenen Kompromiß mit breiten Mehrheiten gewählt. Einen Eklat gibt es bei den Beisitzerwahlen. Eduard Leuze tritt gegen Walter Erbe an. Erbe zieht daraufhin seine Kandidatur zurück. Thomas Dehler wird vorgeworfen, geheim gehalten zu haben, daß diese Kandidatur Teil des in der Nacht vereinbarten Paketes gewesen sei. Als Beisitzer werden Konrad Frühwald, Karl Hepp, Arnold Hoffmeister, Eduard Leuze, Paul Luchtenberg, Marie-Elisabeth Lüders und Hans Wellhausen, als Vertreter der Landesverbände Wolfgang Haußmann (Baden-Württemberg), Otto Bezold (Bayern), Alfred Günzel (Berlin), Georg Borttscheller (Bremen), Willy Max Rademacher (Hamburg), Oswald Adolph Kohut (Hessen), Alfred Onnen (Niedersachsen), Hans Albrecht Freiherr von Rechenberg (Nordrhein-Westfalen), Anton Eberhard (Rheinland-Pfalz) und Bernhard Leverenz (Schleswig-Holstein) gewählt. Mitglieder qua Amt sind Thomas Dehler und Fritz Neumayer.
1953
Wolfram Dorn wird Bürgermeister von Werdohl. Er bleibt bis zum Jahr 1955 im Amt.
15. Januar 1953
Die britische Besatzungsmacht gibt bekannt, eine Verschwörung ehemals führender NS-Funktionäre aufgedeckt und die Rädelsführer verhaftet zu haben. Die Gruppe um Werner Naumann ("Gauleiter-Kreis" oder Naumann-Kreis) hatte den nordrhein-westfälischen Landesverband unterwandert und war in einflußreiche Positionen gelangt. Dem Historiker Ulrich Herbert zufolge ging es den beteiligten Personen dabei um eine "Rehabilitierung des Nationalsozialismus im allgemeinen" und "der eigenen Person im besonderen". Zu den politischen Vorstellungen habe aber auch die Wiedererrichtung eines autoritären Machtstaates gehört. Zum Netzwerk um Naumann zählten zahlreiche ehemalige NS-Funktionäre, wie der ehemalige Leiter der Rundfunkabteilung im Reichspropagandaministerium, Hans Fritzsche, der frühere Leiter des Referats Antikomintern, Eberhard Taubert, der SS-Oberstgruppenführer Paul Hausser, der ehemalige HJ-Gebietsführer Horst Huisgen, zeitweilig Landesgeschäftsführer der FDP, der ehemalige Referatsleiter Rundfunk im Propagandaministerium, Wolfgang Diewerge, Ernst Achenbach, der als Attaché der Botschaft in Paris an den Judendeportationen beteiligt war, Herbert Lucht, früher Leiter der Außenstelle Wehrmachtpropaganda in Paris, und Werner Best, der ehemalige Organisator der Einsatzgruppen und Vertreter Reinhard Heydrichs. Die sogenannte Naumann-Affäre kennzeichnet den Versuch eines "nationalsozialistischen Netzwerks", die Partei zu unterwandern, die in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen viele rechtskonservative und nationalistische Mitglieder hat. Der Bundesvorstand setzt eine Untersuchungskommission unter dem Vorsitz von Thomas Dehler ein, der neben ihm Fritz Neumayer und Alfred Onnen angehören und die insbesondere die Zustände in der nordrhein-westfälischen FDP scharf rügt. In den folgenden Jahren verliert der rechte Flügel an Kraft, die extreme Rechte sucht sich zunehmend Betätigungsfelder außerhalb der FDP.
Mai 1953
Walther Hasemann versucht, die Anhänger einer Nationalen Sammlung um den niedersächsischen Landesvorsitzenden Artur Stegner und den Bundestagsabgeordneten Herwart Miessner ausschließen zu lassen. Der Versuch scheitert. Stegner enthebt Hasemann daraufhin seines Amtes als Kreisvorsitzender. Hasemann stellt anschließend resigniert fest: "Die FDP ist in Niedersachsen von antiliberalen Elementen unterwandert."
19./20. Juni 1953
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bonn.
26. bis 28. Juni 1953
Der 2. außerordentliche Bundesparteitag findet im Saal des Kolosseums in Lübeck statt. Er steht ganz im Zeichen des Aufstands vom 17. Juni in der DDR. Mit einer Kundgebung an der innerdeutschen Grenze gedenken die Liberalen der Opfer des Aufstands und erinnern an den Freiheitswillen der DDR-Bürger. Die Delegierten verabschieden das Programm für die Bundestagswahl am 6. September 1953. Es wird außerdem ein Wirtschaftsprogramm sowie eine Resolution gegen die "Unterwanderung" der FDP durch frühere Nationalsozialisten beschlossen. Es reden die Vorstandsmitglieder Reinhold Maier und August-Martin Euler.
6. September 1953
Bei der Bundestagswahl erhält die FDP 9,5 Prozent der Stimmen (bei 14 Direktmandaten, vor allem in Hamburg, Niedersachsen, Hessen, Württemberg und Oberfranken) und 48 von 487 Mandaten im 2. Deutschen Bundestag. Im Wahlkampf spricht sich die FDP im Gegensatz zu den Koalitionspartnern CDU/CSU und DP gegen die Wiedereinführung der Todesstrafe aus - vor allem vertreten durch den Bundesjustizminister Thomas Dehler. Als Kanzlerkandidat der SPD tritt erstmals Erich Ollenhauer an. Er war nach dem Tod von Kurt Schumacher im August 1952 Partei- und Fraktionsvorsitzender geworden. Anders als bei der Bundestagswahl im Jahr 1949, bei der es genügt hatte, in einem einzigen Bundesland fünf Prozent der Stimmen zu erzielen, gilt die Fünf-Prozent-Hürde nun bundesweit. Nach der Grundmandatsklausel, wie sie 1953 gilt, muß eine Partei mindestens einen Wahlkreis direkt gewinnen, um nicht der Fünf-Prozent-Klausel zu unterliegen. Ab der Bundestagswahl im Jahr 1957 beträgt die Zahl der zu gewinnenden Wahlkreise drei. Die Zweitstimme wurde zur Bundestagswahl im Jahr 1953 durch das Bundeswahlgesetz vom 25. Juni 1953 eingeführt. Die Wahlbeteiligung beträgt 86 Prozent.
6. Oktober 1953
In der konstituierenden Sitzung des 2. Deutschen Bundestages wird Ludwig Schneider zu einem der Vizepräsidenten des Bundestages gewählt. Alterspräsidentin ist Marie-Elisabeth Lüders für Konrad Adenauer, der als Bundeskanzler die Würde des Alterspräsidenten nicht wahrnehmen will.
20 Oktober 1953
Die Koalition zwischen CDU/CSU, DP und FDP wird um den Gesamtdeutschen Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (GB/BHE) erweitert. Damit verfügt die Regierung über eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Deutschen Bundestag. Bundespräsident Theodor Heuss hält die verbalen Ausfälle des Bundesjustizministers, seines Parteifreundes Thomas Dehler, für nicht mehr hinnehmbar und lehnt seine erneute Berufung zum Bundesjustizminister strikt ab, obwohl dieser von der FDP nominiert und vom Bundeskanzler offiziell vorgeschlagen wird. Hintergrund ist die tiefe Verärgerung, die er bei Heuss und dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Hermann Höpker-Aschoff durch seine heftige Kritik am Bundesverfassungsgericht ausgelöst hat. Höpker-Aschoff hatte seinerseits für den Fall der Ernennung mit Rücktritt gedroht. Adenauer zieht seinen Vorschlag daraufhin zurück. Infolgedessen scheidet Dehler aus der Bundesregierung aus und wird stattdessen zum Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion gewählt. Im Kabinett Adenauer II ist die FDP mit Franz Blücher als Stellvertreter des Bundeskanzlers ("Vizekanzler") und Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Fritz Neumayer als Bundesminister der Justiz und damit als Nachfolger von Thomas Dehler, Victor-Emanuel Preusker als Bundesminister für Wohnungsbau und Hermann Schäfer als Bundesminister für Besondere Aufgaben vertreten.
20./21. November 1953
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bonn.
1954
Gustav Freiherr von Gemmingen-Hornberg wird er zum Bürgermeister von Treschklingen gewählt und hat dieses Amt bis zur Eingemeindung des Ortes nach Bad Rappenau am 1. Januar 1971 inne. In seiner Amtszeit werden mehrere Neubaugebiete erschlossen, für den Bau von Schule und Sportplatz schenkt er der Gemeinde die benötigten Grundstücke. Durch seine Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter wird er mit Aufgaben der Entwicklungshilfe betraut. Nach dem Biafra-Krieg ist er um das Jahr 1970 fünf Jahre als Entwicklungshelfer in Afrika.
5. Februar 1954
Max Becker ist der erste Bundestagsabgeordnete, der das neugeschaffene Instrument der Zwischenfrage nutzt, um dem Abgeordneten Alois Niederalt (CSU) eine Frage zu stellen.
13./14. Februar 1954
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bad Honnef.
5. bis 7. März 1954
Der 5. ordentliche Bundesparteitag findet im Kurhaus Wiesbaden statt. Die personell wichtigste Entscheidung ist die Wahl des einstigen Bundesjustizministers Thomas Dehler gegen den Widerstand des bisherigen Amtsinhabers Franz Blücher zum neuen Parteivorsitzenden der FDP. Dehler wird hierin unterstützt von Friedrich Middelhauve und Reinhold Maier. Zum Jahreswechsel 1953/54 belasteten einerseits innerparteiliche Flügelkämpfe zwischen Deutschnationalen (Freiheitlichen), die sich selbst gern als Nationalliberale sehen, und den Liberalen - auch als "Alt-Liberale" oder "entschiedene Liberale" bezeichnet - die FDP, andererseits blickte sie zufrieden auf ihre gemeinsam mit der Union betriebene Regierungspolitik zurück. Vorzuweisen hatten sie wirtschaftspolitische Erfolge, wovon bei der Bundestagswahl am 6. September 1953 jedoch insbesondere der größere Regierungspartner profitierte. Für den Stimmenrückgang von 11,9 auf 9,5 Prozent wurde innerparteilich vornehmlich der Vorsitzende und Vizekanzler Franz Blücher verantwortlich gemacht, dem mangelndes Profil und zu große Nähe zu Bundeskanzler Konrad Adenauer vorgeworfen wurde. Als liberaler Hoffnungsträger gilt dagegen der nicht mehr ins Kabinett zurückgekehrte vorherige Bundesjustizminister Thomas Dehler, ein Vertreter des liberalen Flügels, der bereits in den 1920er Jahren in der bayerischen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) aktiv gewesen war. Er übernahm zunächst den Vorsitz der Bundestagsfraktion und wird mit fast 95 Prozent der Stimmen zum neuen Bundesvorsitzenden gewählt. Mit Dehler hat sich die FDP für eine Strategie des Konflikts mit dem größeren Koalitionspartner entschieden. Der Delegiertenschlüssel wird gemäß § 13 Ziff. 2b der Satzung ausschließlich auf Grund der Ergebnisse der letzten Bundestagswahl vom 6. September 1953 (Berlin: Wahl zum Abgeordnetenhaus vom 3. Dezember 1950) berechnet. Die Mitgliederzahlen bleiben unberücksichtigt. Je 15.000 Wählerstimmen steht den Landesverbänden ein Delegierter zu; ab 7.501 wird aufgerundet. Den Landesverbänden steht darüber hinaus eine Grundzahl von vier Mandaten zu. Dem Bundesvorstand gehören nach diesem Parteitag an: Vorsitzender Thomas Dehler, Stellvertretende Vorsitzende Friedrich Middelhauve, Hermann Schäfer und Carl-Hubert Schwennicke, Schatzmeister Hans Wolfgang Rubin, Beisitzer im geschäftsführenden Vorstand Herta Ilk, August-Martin Euler, Wolfgang Haußmann, Erich Mende, Willy Max Rademacher und Joachim Strömer, Beisitzer im Gesamtvorstand Konrad Frühwald, Hermann Kessler, Paul Luchtenberg, Marie-Elisabeth Lüders, Wolfgang Mischnick, Hans Wellhausen und Hans Dieter Wendt, Vertreter der Landesverbände Otto Gönnenwein (Baden-Württemberg), Otto Bezold (Bayern), Alfred Günzel (Berlin), Georg Borttscheller (Bremen), Edgar Engelhard (Hamburg), Oswald Kohut (Hessen), Winfrid Hedergott (Niedersachsen), Willi Weyer (Nordrhein-Westfalen), Wilhelm Nowack (Rheinland-Pfalz) und Bernhard Leverenz (Schleswig-Holstein) sowie Mitglieder qua Amt Franz Blücher, Fritz Neumayer und Victor-Emanuel Preusker.
8. April 1954
Gut ein Jahr nach Stalins Tod fordert Karl Georg Pfleiderer die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur Sowjetunion, was zu einer schweren Koalitionskrise mit der CDU/CSU führt, die beinahe den Bruch der Koalition zur Folge hätte. Seine Gedanken nehmen die später von der FDP mitkonzipierte neue Ostpolitik der sozialliberalen Bundesregierung vorweg.
1. Juli 1954
Fritz Geißler wird zum Bürgermeister von Bad Nauheim gewählt. Er bleibt dies bis zum 13. Juni 1960.
17. Juli 1954
Theodor Heuss wird in der Bundesversammlung parteiübergreifend mit überwältigender Mehrheit in eine zweite Amtszeit gewählt. Im ersten Wahlgang erhält er 85,6 Prozent aller Stimmen.
9. Oktober 1954
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bonn.
16. November 1954
Nach dem plötzlichen Tod von Bundestagspräsident Dr. Hermann Ehlers sorgt Hans Reif für eine bislang einmalige Situation im Bundestag. Gegen den offiziellen CDU/CSU-Kandidaten Eugen Gerstenmaier, der vielen Abgeordneten auch der Regierungskoalition zu "kirchennah" ist, schlägt Reif den Berliner CDU-Abgeordneten Ernst Lemmer vor, mit dem er in der Weimarer Republik in der DDP zusammengearbeitet hatte. Lemmer verliert erst im dritten Wahlgang mit lediglich 14 Stimmen Unterschied (Gerstenmaier: 204, Lemmer: 190, Enthaltungen: 15). Es ist das einzige Mal in der Bundestagsgeschichte, daß zwei Fraktionskollegen gegeneinander um das Amt des Bundestagspräsidenten konkurrieren.
6. Februar 1955
Ehemalige Mitglieder des Liberalen Studentenbund Deutschlands (LSD) gründen den Seniorenverband des LSD.
26./27. Februar 1955
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bad Dürkheim.
27. Februar 1955
Der Bundestag beschließt das Gesetz betreffend das am 23. Oktober 1954 in Paris unterzeichnete Abkommen über das Statut der Saar. Franz Blücher votiert mit wenigen anderen FDP-Abgeordneten entgegen einem vorherigen Fraktionsbeschluß mit Ja. Aus diesem Grund bietet er dem Bundeskanzler seinen Rücktritt an. Dieser lehnt das Angebot ab. Das Abkommen sieht vor, dem Saarland im Rahmen der Westeuropäischen Union vorbehaltlich eines künftigen Friedensvertrags ein europäisches Statut zu geben, falls eine Volksabstimmung dies billigen würde. Diese Vereinbarung soll zur Lösung der sogenannten Saarfrage führen, die bereits in der Zwischenkriegszeit ein Streitpunkt zwischen Deutschland und Frankreich gewesen war und die das erste Jahrzehnt der deutsch-französischen Beziehungen nach 1945 belastet hatte. Das Statut wird in der Volksabstimmung am 23. Oktober 1955 abgelehnt und damit hinfällig. Diese Ablehnung durch die Saarbevölkerung eröffnet den Weg zu einer bilateralen Vereinbarung zwischen Frankreich und Deutschland über die Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik Deutschland.
9. März 1955
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bonn.
25. bis 26. März 1955
Der 6. ordentliche Bundesparteitag findet in Oldenburg statt. Der Grund für die Wahl des Ortes und der Zeit ist die anstehende Landtagswahl in Niedersachsen am 24. April 1955. Der Parteitag findet in der Weser-Ems-Halle statt und steht im Zeichen der Diskussion über das Saarstatut. Viele Delegierte kritisieren die Zerstrittenheit, die die FDP in dieser Frage gezeigt hat. Franz Blücher hatte mit wenigen anderen FDP-Abgeordneten mit Ja gestimmt. Thomas Dehler bemüht sich in seiner Eingangsrede daher bewußt um Einigkeit und reicht Franz Blücher auf der Bühne demonstrativ die Hand. Dem Parteitag liegen fünf Entschließungsanträge des Bundesfrauenausschusses vor. Darin wird eine Erhöhung des Beitrags der Bundesrepublik zu UNICEF, der Entwurf eines Bewahrungsgesetzes, die Forderung nach gesonderter Auszählung von Frauenstimmen bei Wahlen, die Abschaffung der Diskriminierung von Frauen beim Abschluß von Arbeitsverträgen und die Forderung nach verstärkter Diskussion sozialpolitischer Fragen gefordert. Der Parteitag diskutiert diese Papiere, faßt aber keine Beschlüsse. Bundesschatzmeister Hans Wolfgang Rubin beklagt in seinem Rechenschaftsbericht die fehlende Unterstützung der Landesverbände für die Kasse des Bundesverbands (erst im Folgejahr gelingt es ihm, eine Beteiligung des Bundesverbands an den Mitgliedsbeiträgen durchzusetzen). Einnahmen und Ausgaben des Bundesverbands liegen bei jeweils etwas über einer Million Deutsche Mark. Die Wahlen zum Parteivorstand werden dadurch überschattet, daß Hermann Schäfer und Carl-Hubert Schwennicke demonstrativ auf eine erneute Kandidatur verzichten. Schäfer hatte hierzu am 21. März 1955 ein Schreiben an die Abgeordneten und Vorstandsmitglieder gerichtet, in dem er die bisherige FDP-Politik kritisierte und erklärte, er wolle "ohne die Beschränkungen durch ein Parteiamt für die rasche Selbstbesinnung der FDP" wirken. Für den bisherigen stellvertretenden Bundesvorsitzenden Schwennicke erklärt ein Berliner Delegierter, Dehlers Rede auf dem Parteitag und die Aussprache hätten die inhaltlichen Differenzen nicht behoben. Dehler wird ohne Gegenkandidaten mit 172 von 223 Stimmen bei 11 Gegenstimmen als Parteivorsitzender im Amt bestätigt. Dem Bundesvorstand gehörten nach diesem Parteitag an: Vorsitzender Thomas Dehler, Stellvertretende Vorsitzende Friedrich Middelhauve, Wolfgang Haußmann und Wilhelm Nowack, Schatzmeister Hans Wolfgang Rubin, Beisitzer im Geschäftsführenden Vorstand Marie-Elisabeth Lüders, August-Martin Euler, Erich Mende, Willy Max Rademacher, Hermann Kessler und Joachim Strömer, Beisitzer im Gesamtvorstand Max Becker, Wolfgang Mischnick, Paul Luchtenberg, Hans Wellhausen, Herta Ilk, Bernhard Leverenz und Konrad Frühwald, Vorsitzender der Bundestagsfraktion Thomas Dehler, Vertreter der Landesverbände Eduard Leuze (Baden-Württemberg), Otto Bezold (Bayern), Carl-Hubert Schwennicke (Berlin), Georg Borttscheller (Bremen), Edgar Engelhard (Hamburg), Oswald Kohut (Hessen), Konrad Mälzig (Niedersachsen), Willi Weyer (Nordrhein-Westfalen), Josef Dohr (Rheinland-Pfalz) und Paul Haas (Schleswig-Holstein). Zu Revisoren werden Heinz Ullmann und Richard Kussmaul gewählt.
2. Juli 1955
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bonn.
1956
Nicolaus Dreyer wird Bürgermeister der Gemeinde Bützfleth. Er bleibt dies bis zum Jahr 1972. Vom 20. Mai 1963 bis zum 20. Juni 1970 ist er Mitglied des Niedersächsischen Landtags. Hier gehört er zunächst der FDP-Fraktion, bis er am 14. April 1969 aus der FDP austritt. Am 22. April wird er Gast der CDU-Fraktion und gehört ihr dann seit dem 5. November 1969 an.
4. Februar 1956
Der Bundeshauptausschuß tagt in Stuttgart.
20. Februar 1956
Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 27. Juni 1954 hatte die FDP 11,5 Prozent der Stimmen und 25 Mandate erhalten. Nach erheblichen innerparteilichen Konflikten entschied sich die FDP, in eine Regierungskoalition mit der CDU unter Karl Arnold (Kabinett Arnold III) einzutreten. Eine Gruppe von Nachwuchspolitikern um Wolfgang Döring, Hans Wolfgang Rubin, Walter Scheel und Willi Weyer nimmt die Diskussion auf Bundesebene, ein Grabenwahlrecht einzuführen, nach Absprache mit Thomas Dehler zum Anlaß, mit der SPD und dem Zentrum eine sozialliberale Koalition zu bilden. In der Öffentlichkeit spricht man vom Jungtürkenaufstand. Arnold wird durch ein konstruktives Mißtrauensvotum von SPD, FDP und Zentrum gestürzt; Fritz Steinhoff (SPD) wird Ministerpräsident. Die Folge war, daß Adenauer im Bundesrat keine Mehrheit mehr hatte. Die CDU/CSU hatte im Januar 1956 in den Bundestag einen Gesetzesentwurf über ein Grabenwahlsystem eingebracht. Seine Einführung hätte die FDP einen großen Teil ihrer Abgeordnetenmandate gekostet. Für eine Minderheit der Freidemokraten in Nordrhein-Westfalen war dies der Beginn einer flexibleren Koalitionspolitik, für die meisten aber eher ein Akt der Notwehr gegenüber einem überzogenen Verhalten der Union. An eine SPD-FDP-Koalition auf Bundesebene denken sie nicht.
23. Februar 1956
Der "Jungtürkenaufstand" führt dazu, daß 16 Bundestagsabgeordnete, darunter die vier Bundesminister Franz Blücher (wirtschaftliche Zusammenarbeit), Fritz Neumayer (Justiz), Victor-Emanuel Preusker (Wohnungsbau) und Hermann Schäfer (Besondere Aufgaben), unter Führung von August-Martin Euler ("Euler-Gruppe" oder Ministerflügel) aus der Fraktion austreten. Die Union will die Koalition nur mit den ausgetretenen Abgeordneten weiterführen. Am 25. Februar 1956 geht daher die Bundestagsfraktion unter Führung von Thomas Dehler erstmals in die Opposition.
20. bis 21. April 1956
Der 7. ordentliche Bundesparteitag findet in den Huttensälen in Würzburg statt. Die Delegierten stellen den Koalitionsaustritt nicht in Frage und schließen die aus der Bundestagsfraktion ausgetretenen Minister und Abgeordneten aus der Partei aus. Hermann Schäfer wird bereits im Jahr 1961 und Victor-Emanuel Preusker wird im Jahr 1970 wieder Mitglied der FDP. Mehrere Landesverbände hatten sich für einen Wechsel an der Parteispitze ausgesprochen. Thomas Dehler kandidiert dennoch erneut, bekommt aber mit Max Becker einen Gegenkandidaten, der für einen anderen politischen Stil steht. Mit 155 zu 67 Stimmen wird der bisherige Vorsitzende Dehler in seinem Amt bestätigt. Mit Erich Mende, Walter Scheel und Wolfgang Mischnick werden jüngere liberale Politiker in den Bundesvorstand gewählt, die die Politik der FDP in den nächsten Jahrzehnten entscheidend bestimmen sollen. Mit der "Würzburger Entschließung" unterstreicht der Parteitag, daß die Freien Demokraten trotz des Ausscheidens aus der Bundesregierung an ihren zentralen Zielen, namentlich der Wiedervereinigung, der Westintegration und einer "freien, sozialverpflichteten Marktwirtschaft", festhalten. Dem Bundesvorstand gehören nach diesem Parteitag an: Vorsitzender Thomas Dehler, Stellvertretende Vorsitzende Erich Mende, Wolfgang Haußmann und Oswald Adolph Kohut, Schatzmeister Hans Wolfgang Rubin, Beisitzer im geschäftsführenden Vorstand Willy Max Rademacher, Konrad Frühwald, Walter Scheel, Marie-Elisabeth Lüders, Winfrid Hedergott und Hermann Kessler, Beisitzer im Gesamtvorstand Karl Atzenroth, Wolfgang Mischnick, Bernhard Leverenz, Paul Luchtenberg, Ewald Bucher, Herta Ilk und Günther Reichardt sowie Vertreter der Landesverbände Eduard Leuze (Baden-Württemberg), Otto Bezold (Bayern), Carl-Hubert Schwennicke (Berlin), Georg Borttscheller (Bremen), Edgar Engelhard (Hamburg), Konrad Mälzig (Niedersachsen), Willi Weyer (Nordrhein-Westfalen), Wilhelm Nowack (Rheinland-Pfalz) und Paul Bernhard Haas (Schleswig-Holstein).
30. Juni 1956
Der Bundeshauptausschuß tagt in Koblenz.
4. Juli 1956
Max Becker wird zu einem der Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages gewählt.
15. Dezember 1956
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bad Godesberg.
8. Januar 1957
Max Becker wird als Nachfolger von Thomas Dehler zum Vorsitzenden der Bundestagsfraktion gewählt. Dehler leitet von 1957 bis 1961 den Arbeitskreis Außenpolitik und Verteidigung der Bundestagsfraktion und ist daneben Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft.
24. bis 26. Januar 1957
Der 8. ordentliche Bundesparteitag findet in West-Berlin statt, im Schultheiss-Saalbau in der Hasenheide. Erstmals in der Geschichte der FDP wird ein gemeinsames Programm der Bundespartei beschlossen. Das Berliner Programm soll die FDP als "Dritte Kraft" neben CDU und SPD legitimieren. Hierin distanziert sich die Partei von "Marxismus und sozialistischen Experimenten" und vertritt die Eigentumsbildung für jedermann. Das Programm fordert Maßnahmen zur Erhaltung des Mittelstands und zur Entstehung selbständiger Existenzen. Für wirtschaftliche Notlagen sollen die Bürger selbst Vorsorge treffen können. In der Deutschlandpolitik strebt die FDP "die friedliche Wiedervereinigung in einem deutschen Reich mit Mitteldeutschland und den Ostgebieten in einer freiheitlichen Ordnung" an. Es findet sich ein Bekenntnis zur Westbindung, wobei im Gegensatz zur CDU "das vertragliche NATO-Kontingent, d. h. eine operative Truppe unter übernationalem Kommando", stehen solle. In der Außenpolitik grenzt sich die FDP von den Positionen der CDU ab. So wird ein europäisches Sicherheitsbündnis "unter Einschluß Rußlands und der Vereinigten Staaten" gefordert sowie ein Europagedanke propagiert, der "zur Idee des größeren Europas" führen soll. Neben dem Vorsitzenden Reinhold Maier sprechen sein Stellvertreter Erich Mende sowie Willi Weyer als Vertreter der FDP Nordrhein-Westfalen. Auf dem Parteitag löst der Württemberger Reinhold Maier den Franken Thomas Dehler als Bundesvorsitzenden ab. Marie-Elisabeth Lüders wird zur Ehrenpräsidentin gewählt. Dem Bundesvorstand gehören nach diesem Parteitag an: Vorsitzender Reinhold Maier, Stellvertretende Vorsitzende Erich Mende, Oswald Kohut und Willy Max Rademacher, Schatzmeister Hans Wolfgang Rubin, Beisitzer im geschäftsführenden Vorstand Ewald Bucher, Thomas Dehler, Herta Ilk, Eduard Leuze, Wolfgang Mischnick und Walter Scheel, Beisitzer im Gesamtvorstand Karl Atzenroth, Otto Bezold, Gerhard Daub, Hans-Günter Hoppe, Paul Luchtenberg, Günther Reichardt und Hermann Schwann sowie Vertreter der Landesverbände Wolfgang Haußmann (Baden-Württemberg), Albrecht Haas (Bayern), Rudolf Will (Berlin), Georg Borttscheller (Bremen), Edgar Engelhard (Hamburg), Knut Freiherr von Kühlmann-Stumm (Hessen), Carlo Graaff (Niedersachsen), Willi Weyer (Nordrhein-Westfalen), Wilhelm Nowack (Rheinland-Pfalz) und Bernhard Leverenz (Schleswig-Holstein).
30. April 1957
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bad Godesberg.
5. bis 6. Juni 1957
Der 3. außerordentliche Bundesparteitag findet im Curiohaus in Hamburg statt. Auf diesem "Wahlkongreß" wird das "Aktionsprogramm" für die Bundestagswahl am 15. September 1957 verabschiedet. Zum Wahlprogramm sprechen Fritz Glahn, Bernhard Leverenz, Reinhold Maier, Erich Mende und Willi Weyer.
5. September 1957
Der Bundeshauptausschuß tagt in Frankfurt am Main.
15. September 1957
Bei der Bundestagswahl erreicht die FDP 7,7 Prozent der Stimmen und ihr bis zum Jahr 1990 letztes Direktmandat, womit sie im 3. Deutschen Bundestag 41 von 497 Sitzen innehat. Allerdings bleibt sie trotzdem in der Opposition, weil die Union die absolute Mehrheit erringt und nur mit der DP koaliert. Als Kanzlerkandidat der CDU/CSU tritt zum dritten Mal der CDU-Vorsitzende und Bundeskanzler Konrad Adenauer an (Wahlslogan: "Keine Experimente"), für die SPD zum zweiten Mal der Partei- und Fraktionsvorsitzende Erich Ollenhauer. Bei dieser Bundestagswahl kann erstmals per Briefwahl gewählt werden, was etwa fünf Prozent der Wahlberechtigten machen. Die Wahlbeteiligung beträgt 87,7 Prozent.
12. November 1957
Der nationalliberal eingestellte Erich Mende wird als Nachfolger von Max Becker zum Vorsitzenden der Bundestagfraktion gewählt.
23. Januar 1958
Am späten Abend einer ganztägigen außenpolitischen Bundestagsdebatte rechnen Thomas Dehler und Gustav Heinemann in zwei Aufsehen erregenden Reden in bis dahin nicht gekannter Schärfe mit Adenauers Politik ab. Beide haben zuvor als Bundesminister dem Kabinett Adenauer I angehört. Dehler spricht insgesamt eine Stunde und 39 Minuten, wobei ihn Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier mehrmals wegen Ordnungsverstößen und Redezeitüberschreitung unterbricht. Im Kern wirft Dehler dem Bundeskanzler vor, er habe die Wiedervereinigung gar nicht "ernsthaft erstrebt", er verzichte angesichts der Sachzwänge des Kalten Krieges im Grunde auf Politik, "die eigentlichen Entscheidungen gehen am Parlament, auch am Kabinett vorbei". Daher schäme er sich, nicht wie Heinemann den Mut zum Rücktritt gehabt zu haben. Er bezieht sich dabei insbesondere auf die von Adenauer kategorisch abgelehnte Stalin-Note vom 10. März 1952. Die gesamte Debatte wird direkt im Rundfunk übertragen und hat ein Millionenpublikum, was in der CDU-Führung erhebliche Besorgnis auslöst.
13. März 1958
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bonn.
28. bis 29. März 1958
Der 9. ordentliche Bundesparteitag findet in der Rheinhalle in Düsseldorf statt. Er berät unter anderem über die Deutschlandpolitik der Bundesregierung und die Frage der Wiedervereinigung durch Volksbefragung, die mögliche Atombewaffnung der Bundeswehr bzw. die Schaffung einer atomwaffenfreien Zone in Mitteleuropa sowie über das Problem der Montanmitbestimmung. Bundesgeschäftsführer Werner Stephan erstattet einen Bericht über die Lage der Partei. Dem Bundesvorstand gehören nach diesem Parteitag an: Vorsitzender Reinhold Maier, Stellvertretende Vorsitzende Erich Mende, Oswald Adolph Kohut, und Bernhard Leverenz, Schatzmeister Hans Wolfgang Rubin, Beisitzer Thomas Dehler, Max Becker, Wolfgang Döring, Willy Max Rademacher, Erich Schwertner, Ewald Bucher, Herta Ilk, Walter Scheel, Hans-Günter Hoppe, Gerhard Daub, Eduard Leuze, Ernst Achenbach und Arvid von Nottbeck sowie Vertreter der Landesverbände Wolfgang Haußmann (Baden-Württemberg), Albrecht Haas (Bayern), Rudolf Will (Berlin), Georg Borttscheller (Bremen), Edgar Engelhard (Hamburg), Wolfgang Mischnick (Hessen), Carlo Graaff (Niedersachsen), Willi Weyer (Nordrhein-Westfalen), Wilhelm Nowack (Rheinland-Pfalz), Heinrich Schneider (Saarland) und Wilhelm Jentzsch (Schleswig-Holstein).
17. Mai 1958
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bonn.
19. Mai 1958
Die Friedrich-Naumann-Stiftung wird in der Villa Hammerschmidt von Theodor Heuss und einem engen Freundeskreis von liberalen Politikern und Intellektuellen um Walter Erbe, Paul Luchtenberg, Reinhold Maier, Hans Wolfgang Rubin, Dorothee von Velsen und anderen gegründet und nach dem liberalen Politiker Friedrich Naumann benannt. Die Namensgebung der Stiftung geht auf Heuss zurück, der damit bewußt den Bezug zu der von seinem Mentor Friedrich Naumann 1918 in Berlin gegründeten Staatsbürgerschule herstellen will, die sich am Ende des Ersten Weltkriegs um Politische Bildungsarbeit verdient gemacht hat. Bei der ersten Veranstaltung der neuen Stiftung in der Godesberger Redoute spricht Heuss öffentlichkeitswirksam über "Naumanns Erbe" und gibt damit der Stiftung ihre Richtung: Sie soll ein geistiges Zentrum des deutschen Liberalismus werden und durch staatsbürgerliche politische Bildung Grundlagen für ein demokratisches Bewußtsein in der Bevölkerung der zweiten Nachkriegszeit legen. Die Aufgaben der Stiftung erweitern sich im Laufe der Jahrzehnte erheblich. Im Jahr 1964 beginnt die Auslandsarbeit, im Jahr 1968 wird das "Politische Archiv" der FDP (später Archiv des Liberalismus) erworben, im Jahr 1973 setzt die Begabtenförderung ein und im Jahr 1995 erfolgt die Gründung des Liberalen Instituts als liberaler Denkfabrik. Sitz und Standort der Geschäftsstelle der Stiftung ist zunächst Bonn, seit dem Jahr 1962 Bad Godesberg, seit dem Jahr 1984 Königswinter (Margarethenhöhe) und seit dem Jahr 2000 Potsdam-Babelsberg. Seit dem Jahr 1967 wirkt die Stiftung in der Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach, die als Bildungsstätte zum zentralen Veranstaltungsort wird. Sie ist zugleich die einzige Bildungsstätte der Stiftung, die trotz mehrfacher Verkaufsüberlegungen (1975/76 und Anfang der 1980er Jahre) sowie eines Schließungsbeschlusses Ende der 1990er Jahre ununterbrochen besteht. In den 1990er Jahren gibt es weitere Bildungsstätten in Konstanz (Waldhaus Jakob), Lauenburg/Elbe (Zündholzfabrik) und Kottenheide im Vogtland (Wolfgang-Natonek-Akademie). Eine Kooperation besteht mit der Bildungsstätte Villa Lessing in Saarbrücken, die Veranstaltungen im Saarland organisiert.
14. Juni 1958
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bonn.
21. März 1959
Der Bundeshauptausschuß tagt in Hannover.
21. bis 23. Mai 1959
Der 10. ordentliche Bundesparteitag findet im Schultheiss-Saalbau an der Hasenheide in Neukölln (West-Berlin) statt. Er berät unter anderem über die "Berliner Erklärung" zur Deutschlandpolitik, die Wahl des Bundespräsidenten in der Nachfolge von Theodor Heuss und die Kandidatur von Max Becker. Außerdem faßt er Beschlüsse zur Sozial- und zur Innenpolitik. Der Parteivorsitzende Reinhold Maier und seine Stellvertreter Mende, Kohut und Leverenz werden in ihren Ämtern bestätigt. Dem Bundesvorstand gehören nach diesem Parteitag an: Vorsitzender Reinhold Maier, Stellvertretende Vorsitzende Erich Mende, Oswald Adolph Kohut, und Bernhard Leverenz, Schatzmeister Hans Wolfgang Rubin, Beisitzer Thomas Dehler, Max Becker, Wolfgang Döring, Hans Schäfer, Erich Schwertner, Ewald Bucher, Herta Ilk, Walter Scheel, Hans-Günter Hoppe, Gerhard Daub, Eduard Leuze, Ernst Achenbach und Walter Erbe, Mitglied qua Amt Hans Lenz (Vorsitzender der Bundestagsfraktion) sowie Vertreter der Landesverbände Wolfgang Haußmann (Baden-Württemberg), Albrecht Haas (Bayern), Rudolf Will (Berlin), Georg Borttscheller (Bremen), Edgar Engelhard (Hamburg), Wolfgang Mischnick (Hessen), Carlo Graaff (Niedersachsen), Willi Weyer (Nordrhein-Westfalen), Fritz Glahn (Rheinland-Pfalz), Heinrich Schneider (Saarland) und Wilhelm Jentzsch (Schleswig-Holstein).
12. September 1959
Die Amtszeit von Theodor Heuss als Bundespräsident endet. Die Bundesversammlung hat am 1. Juli 1959 Heinrich Lübke im zweiten Wahlgang mit knapper absoluter Mehrheit zu seinem Nachfolger gewählt. Am Ende seiner zweiten Amtszeit, als 84 Prozent der Bevölkerung die Amtsführung von Heuss als gut oder ausgezeichnet bewerten, wird in Politik und Öffentlichkeit erwogen, das Grundgesetz zu ändern, um dem angesehenen Bundespräsidenten eine weitere Amtszeit zu ermöglichen. Heuss selber schließt diesen Gedanken zunächst nicht ganz aus, lehnt aber eine auf seine Person bezogene Grundgesetzänderung letztlich ab. Stattdessen kündigt Bundeskanzler Konrad Adenauer seine Kandidatur für das höchste Staatsamt an, weil er meint, der Bundespräsident hätte erheblich mehr Machtbefugnisse, als sie von Heuss wahrgenommen wurden. Damit provoziert er einen heftigen Briefwechsel mit Heuss, der seine Leistung als Bundespräsident abgewertet sieht. Denn als integrierendes und repräsentierendes Staatsoberhaupt war Heuss durchaus nicht einflußlos. Weil er über den tagespolitischen Machtkämpfen stand, besaß er durch seine persönliche Integrität und Glaubwürdigkeit moralische Autorität. Durch seine Reden und symbolischen Gesten rückte er wichtige Themen in den öffentlichen Raum und bot Orientierung. Die Erziehung der Deutschen zur Demokratie in einer zerrissenen Nachkriegsgesellschaft war als Integrationsleistung ein unentbehrlicher und folgenreicher politischer Akt.
25. September 1959
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bremen.
1960
Horst Armbrust wird zum Bürgermeister der 1.400 Einwohner zählenden Gemeinde Neckarwestheim gewählt. In seiner Amtszeit kann er die Einwohnerzahl auf etwa 3.200 Einwohner steigern und im Jahr 1976 das Gemeinschaftskernkraftwerk Neckar (GKN) in einem alten Steinbruch ansiedeln. Dieses und der im Jahr 1988 in Betrieb gegangene zweite GKN-Block bringen der Gemeindekasse in den folgenden 20 Jahren insgesamt 126 Millionen Deutsche Mark (etwa 63 Millionen Euro) an Gewerbekapitalsteuer ein, womit sie die reichste Gemeinde (pro Kopf) in Deutschland wird. Zwischen 1987 und 1995 verspekuliert Armbrust insgesamt 41 Millionen Deutsche Mark (22 Millionen Euro) aus dem Vermögen der Gemeinde Neckarwestheim und der Bürgerstiftung Neckarwestheim. Nach dem Bekanntwerden dieser Verfehlungen wird er am 8. Februar 1995 des Amtes enthoben.
28. bis 29. Januar 1960
Der 11. ordentliche Bundesparteitag findet in der Liederhalle in Stuttgart statt. Wichtigster Tagesordnungspunkt ist die Wahl von Erich Mende anstelle von Reinhold Maier zum Bundesvorsitzenden. Maier wird einstimmig zum Ehrenpräsidenten gewählt. In der Hauptrede des Parteitags äußert sich der neue Vorsitzende Mende vor allem zur Berlin-Frage. Dem Bundesvorstand gehören nach der Neuwahl an: Vorsitzender Erich Mende, Stellvertretende Vorsitzende Hans Lenz, Oswald Adolph Kohut und Heinrich Schneider, Schatzmeister Hans Wolfgang Rubin, Beisitzer Ernst Achenbach, Karl Atzenroth, Ewald Bucher, Thomas Dehler, Wolfgang Döring, Otto Eisenmann, Walter Erbe, Hans-Günter Hoppe, Herta Ilk, Eduard Leuze, Hans Schäfer und Walter Scheel sowie Vertreter der Landesverbände Wolfgang Haußmann (Baden-Württemberg), Albrecht Haas (Bayern), William Borm (Berlin), Georg Borttscheller (Bremen), Edgar Engelhard (Hamburg), Wolfgang Mischnick (Hessen), Carlo Graaff (Niedersachsen), Willi Weyer (Nordrhein-Westfalen), Fritz Glahn (Rheinland-Pfalz), Paul Simonis (Saarland) und Bernhard Leverenz (Schleswig-Holstein) und Mitglied qua Amt Jan Eilers (Stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion).
28. September 1960
Thomas Dehler wird als Nachfolger des verstorbenen Max Becker einer der Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages.
15. Oktober 1960
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bonn.
23. bis 25. März 1961
Der 12. ordentliche Bundesparteitag findet im Gesellschaftshaus im Zoo von Frankfurt am Main statt. Wichtigster Tagesordnungspunkt ist die Verabschiedung eines Aufrufs zur Bundestagswahl am 17. September 1961 und damit verbunden der ausdrückliche Versuch, "mit allen demokratischen Mitteln die absolute Mehrheit der CDU oder der SPD zu verhindern" und die Aussage, sie werde auf keinen Fall Konrad Adenauer zum Kanzler mitwählen. Es werden die Beschlüsse "Für eine gesunde und leistungsfähige Landwirtschaft" und "Gesunde Lebensführung in gesunder Umwelt" gefaßt.
24. August 1961
Der Bundeshauptausschuß tagt in Hannover.
25. August 1961
Der 4. außerordentliche Bundesparteitag findet in der Niedersachsenhalle in Hannover statt. Auf diesem "Bundeswahlkongreß“ wird die "Berlin-Erklärung" zum Bau der Berliner Mauer verabschiedet. Es sprechen Wolfgang Döring, Ewald Bucher, Wolfgang Mischnick, Emilie Kiep-Altenloh und Erich Mende.
17. September 1961
Bei der Bundestagswahl erzielt die FDP mit 12,8 Prozent der Stimmen und 67 von 521 Mandaten ihr bis dahin bestes bundesweites Ergebnis und verliert die CDU/CSU ihre absolute Mehrheit. Die Wahlbeteiligung liegt bei 87,7 Prozent. Seit dieser Bundestagswahl sitzen erstmalig nur noch drei Fraktionen im Bundestag; dies bleibt 22 Jahre lang (bis zur Bundestagswahl am 6. März 1983) so. CDU/CSU verfügen über 251 Mandate, die SPD über 203 und die FDP über 67. Eine sozial-liberale und eine Große Koalition sind möglich und werden auch diskutiert. Die FDP entscheidet sich für Koalitionsverhandlungen mit CDU/CSU. Dabei gibt es Auseinandersetzungen um die Nachfolge Adenauers. Adenauer, 85 Jahre alt, gilt als "Kanzler auf Abruf", kann sich aber erneut durchsetzen, unter anderem auch, da keine etablierte Nachfolgeregelung vorhanden ist. Da man sich innerhalb der FDP vor der Wahl darauf geeinigt wurde, auf keinen Fall weiterhin zusammen mit Adenauer in einer Regierung zu sitzen, wird Adenauer zwar doch noch einmal Kanzler, jedoch unter der Maßgabe, nach zwei Jahren zurückzutreten. Dies bringt der FDP den Spottnamen der "Umfallerpartei" ein.
21. Oktober 1961
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bonn.
7. November 1961
Der Bundestag wählt Konrad Adenauer im ersten Wahlgang mit 258 Stimmen erneut zum Bundeskanzler. Die absolute Mehrheit liegt bei 250 Stimmen, die schwarz-gelbe Koalition verfügt über 318 Stimmen.
14. November 1961
Im Kabinett Adenauer IV ist die FDP durch Wolfgang Stammberger als Bundesminister der Justiz, Heinz Starke als Bundesminister der Finanzen, Wolfgang Mischnick als Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, Hans Lenz als Bundesschatzminister und Walter Scheel als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit vertreten. Erich Mende lehnt mit Blick auf die Wiederwahl Adenauers die Übernahme eines Kabinettspostens ab und bleibt Fraktionsvorsitzender. Vizekanzler wird kein Vertreter der FDP, sondern Ludwig Erhard (Bundesminister für Wirtschaft).
23. bis 25. Mai 1962
Der 13. ordentliche Bundesparteitag findet in der Kongreßhalle Düsseldorf statt. Auf diesem Parteitag wird Erich Mende als Bundesvorsitzender bestätigt. Im Mittelpunkt stehen eine Zwischenbilanz nach einem Jahr der Koalition mit CDU/CSU sowie die Deutschlandpolitik nach dem Bau der Berliner Mauer. Dem Bundesvorstand gehören nach der Neuwahl an: Vorsitzender Erich Mende, Stellvertretende Vorsitzende Hans Lenz, Bernhard Leverenz und Wolfgang Döring, Schatzmeister Hans Wolfgang Rubin, Beisitzer Ernst Achenbach, Karl Atzenroth, Ewald Bucher, Thomas Dehler, Wolfram Dörinkel, Josef Effertz, Otto Eisenmann, Walter Erbe, Hans-Günter Hoppe, Herta Ilk, Eduard Leuze, Peter-Heinz Müller-Link und Fritz Wedel sowie Vertreter der Landesverbände Wolfgang Haußmann (Baden-Württemberg), Albrecht Haas (Bayern), William Borm (Berlin), Georg Borttscheller (Bremen), Edgar Engelhard (Hamburg), Heinrich Kohl (Hessen), Carlo Graaff (Niedersachsen), Willi Weyer (Nordrhein-Westfalen), Fritz Glahn (Rheinland-Pfalz), Paul Simonis (Saarland) und Gerd Iversen (Schleswig-Holstein) und Mitglieder qua Amt Knut von Kühlmann-Stumm, Wolfgang Stammberger, Heinz Starke, Wolfgang Mischnick und Walter Scheel.
19. November 1962
Alle fünf "FDP-Bundesminister" erklären ihren Rücktritt, da Konrad Adenauer sich weigert, die beiden Staatssekretäre Volkmar Hopf (CSU, Verteidigungsministerium) und Walter Strauß (CDU, Justizministerium) zu entlassen. Diese werden von der FDP beschuldigt, eine polizeiliche Aktion gegen die Redaktion des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" eingefädelt zu haben, die sich später zur sogenannten Spiegel-Affäre entwickelt. Diese Spiegel-Affäre weitet sich zu einer Regierungskrise innerhalb des Kabinetts Adenauer aus. Bundesverteidigungsminister Franz Josef Strauß (CSU) hatte zunächst geleugnet, mit der Aktion irgendetwas zu tun zu haben. Im Laufe der Zeit wurde immer klarer, daß er die Aktion höchstpersönlich vorangetrieben hatte und auch im Detail informiert gewesen war. Die FDP ist darüber erbost, daß Bundesjustizminister Wolfgang Stammberger (FDP) im Vorfeld der Aktion nicht informiert wurde - auch hierfür trägt Strauß die Verantwortung: Er hat auf den Staatssekretär im Justizministerium Walter Strauß (CDU) eingewirkt, den zuständigen Minister Stammberger nicht zu informieren. Dennoch hält Adenauer zunächst an seinem Verteidigungsminister fest. Nach einer elf Tage dauernden Regierungskrise erklärt Strauß schließlich am 30. November 1962 seinen Rücktritt vom Amt des Verteidigungsministers, woraufhin es am 14. Dezember 1962 zur Bildung der fünften - und letzten - Regierung Adenauers kommt, die nur bis zum 17. Oktober 1963 im Amt bleibt. Im Kabinett Adenauer V wird die FDP durch Ewald Bucher als Bundesminister der Justiz, Rolf Dahlgrün als Bundesminister der Finanzen, Wolfgang Mischnick als Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, Hans Lenz als Bundesminister für wissenschaftliche Forschung und Walter Scheel als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit vertreten.
1963
Als Gegenorganisation zum Liberalen Studentenbund Deutschlands (LSD) wird der Freie Demokratische Studentenbund (FDS) gegründet, der sich als FDP-nah begreift, aber nostalgisch-national orientiert ist und besonders korporierte Studenten anzieht, die im LSD nicht gern gesehen waren. Der LSD bleibt jedoch der offizielle Studentenverband der FDP.
Kurt Gebhardt wird zum Oberbürgermeister der Stadt Waiblingen gewählt. Er bleibt dies bis zum Jahr 1970.
2. Februar 1963
Der Bundeshauptausschuß tagt in Berlin.
1. bis 3. Juli 1963
Der 14. ordentliche Bundesparteitag findet im Löwenbräukeller in München statt. Im Mittelpunkt steht die Diskussion über den Rentenreformplan von Wolfgang Mischnick. Viele Liberale sind mit der Adenauerschen Rentenreform von 1957 unzufrieden und haben damals auch dagegen votiert. Eine Kommission unter der Leitung des damaligen Bundesministers für Vertriebene legte deshalb den sogenannten "Mischnick-Plan" vor. Er zielt darauf ab, einerseits die außerhalb des bestehenden, am Arbeitslohn orientierten Rentensystems stehenden Mitbürger, wie Selbständige oder Sozialhilfe-Empfänger, ebenfalls im Alter abzusichern. Andererseits soll mehr Freiraum für die private Vorsorge geschaffen werden. Der "Mischnick-Plan" sieht deshalb eine staatlich finanzierte Grundrente vor, zudem eine Beitragsrente, in die 15 Jahre einbezahlt werden soll, sowie eine anschließende private Vorsorge. Mit diesem Modell soll den absehbaren - und dann auch eingetretenen - starken Beitragssteigerungen und Leistungskürzungen vorgebeugt und insgesamt - wie Mischnick in seiner Vorstellungsrede sagt - "die Entfaltungsmöglichkeit des einzelnen in der Massengesellschaft" gestärkt oder zumindest gesichert werden. Der "Mischnick-Plan" scheint noch nicht entscheidungsreif. Auf späteren Bundesparteitagen wird er nicht weiterverfolgt. Es wird beschlossen, daß ein Presserechtsrahmenentwurf ausgearbeitet werden soll. Auf diesem Parteitag wird Willi Weyer anstelle des verstorbenen Wolfgang Döring mit 177 Stimmen bei 12 Gegenstimmen und 28 Enthaltungen zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt.
5. Oktober 1963
Der Bundeshauptausschuß tagt in Köln.
17. Oktober 1963
Nachdem Konrad Adenauer vereinbarungsgemäß am 15. Oktober 1963 vom Amt des Bundeskanzlers zurückgetreten ist, wird die Koalition zwischen CDU/CSU und FDP fortgesetzt und Ludwig Erhard am 16. Oktober 1963 vom Deutschen Bundestag im ersten Wahlgang mit 279 Stimmen zum Bundeskanzler gewählt. Die Koalition verfügt über 318 Sitze, die absolute Mehrheit liegt bei 250 Stimmen. Für Erich Mende ist dies der Anlaß, ins Kabinett einzutreten: Er wird Stellvertreter des Bundeskanzlers ("Vizekanzler") und übernimmt das eher unbedeutende Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen. Ewald Bucher bleibt Bundesminister der Justiz, Rolf Dahlgrün Bundesminister der Finanzen, Hans Lenz Bundesminister für wissenschaftliche Forschung und Walter Scheel Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit.
5. November 1963
Knut von Kühlmann-Stumm wird zum Nachfolger des in die Bundesregierung eingetretenen Erich Mende zum Vorsitzenden der Bundestagsfraktion gewählt.
1964
Der Liberale Studentenbund Deutschlands (LSD) schließt mit dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) und dem Sozialdemokratischen Hochschulbund (SHB) das Höchster Abkommen zur gegenseitigen Unterstützung, es werden SPD-Mitglieder in den Bundesvorstand gewählt, zur Bundestagswahl am 19. September 1965 unterstützen die Münchner Gruppen die SPD-Wahlkampfreisen von Günter Grass. Dies verschärft die Spannungen zur FDP, die ab dem Jahr 1965 den Bundesvorsitzenden Hans Frey nicht mehr in den Vorstand der Partei kooptiert und im Jahr 1966 dem LSD ein Ultimatum setzt und die unterstützenden Gelder streicht.
11. April 1964
Der Bundeshauptausschuß tagt in Karlsruhe.
1. bis 3. Juni 1964
Der 15. ordentliche Bundesparteitag findet in der Mercatorhalle in Duisburg statt. Auf dem Parteitag wird Erich Mende als Bundesvorsitzender bestätigt. Der Parteitag steht unter dem Leitwort "Freiheit - Zukunft - FDP“. Als Hauptredner spricht Mende über Fragen der Deutschland- und Außenpolitik. Der Fraktionsvorsitzende Knut von Kühlmann-Stumm erstattet einen Rechenschaftsbericht über die Arbeit der Bundestagsfraktion. Dem Bundesvorstand gehören nach der Neuwahl an: Vorsitzender Erich Mende, Stellvertretende Vorsitzende Willi Weyer, Ewald Bucher und Wolfgang Mischnick, Schatzmeister Hans Wolfgang Rubin, Beisitzer Ernst Achenbach, Karl Atzenroth, Thomas Dehler, Jan Eilers, Walter Erbe, Liselotte Funcke, Hildegard Hamm-Brücher, Hans-Günter Hoppe, Eduard Leuze, Peter-Heinz Müller-Link, Heinz Starke, Fritz Wedel (bis 12/64), Reinhard Koch (ab 3/65) und Siegfried Zoglmann sowie Vertreter der Landesverbände Wolfgang Haußmann, Albrecht Haas, William Borm, Georg Borttscheller, Edgar Engelhard, Heinrich Kohl, Carlo Graaff, Josef Effertz, Fritz Glahn, Paul Simonis und Otto Eisenmann und Mitglieder qua Amt Rolf Dahlgrün, Knut von Kühlmann-Stumm, Hans Lenz und Walter Scheel.
19. Dezember 1964
Der Bundeshauptausschuß tagt in Frankfurt am Main.
13. März 1965
Der Bundeshauptausschuß tagt in Mainz.
21. bis 23. März 1965
Der 16. ordentliche Bundesparteitag findet im Gesellschaftshaus im Zoo von Frankfurt am Main im Vorfeld der Bundestagswahl am 19. September 1965 statt. Hildegard Hamm-Brücher legt eine Analyse der bildungspolitischen Situation in Westdeutschland vor. Sie beklagt die Mängel des Bildungssystems und einen "Rückstand gegenüber der DDR und den westlichen Industriestaaten". Die Reformvorschläge, die vor allem auf einen Ausbau der Bildungseinrichtungen hinauslaufen, werden nach nur wenigen Jahren von den anderen Parteien in ihre Programme übernommen
30. April 1965
Der Bundeshauptausschuß tagt in Mainz.
2. September 1965
Der 5. außerordentliche Bundesparteitag findet in der Grugahalle in Essen statt. Auf diesem "Bundeswahlkongreß" wird die Bundestagswahl am 19. September 1965, die "Entscheidung 65", vorbereitet. Es sprechen Willi Weyer, Ewald Bucher und Erich Mende. Der Parteivorsitzende Mende und sein Stellvertreter Weyer sprechen sich für eine Fortsetzung der Regierungskoalition mit CDU/CSU nach der Bundestagswahl aus.
19. September 1965
Bei der Bundestagswahl erlangt die FDP 9,5 Prozent der Stimmen und 50 von 518 Mandaten. Bei der Wahl zum 5. Deutschen Bundestag tritt erstmals Ludwig Erhard als Spitzenkandidat der Unionsparteien an. Erhard war im Jahr 1963 während der laufenden Legislaturperiode als Nachfolger von Konrad Adenauer zum Bundeskanzler gewählt worden. Für die SPD tritt erneut der SPD-Vorsitzende, der Regierende Bürgermeister von Berlin Willy Brandt, an. Brandt bleibt Regierender Bürgermeister von Berlin. Sein Verzicht auf eine etwaige Kanzlerkandidatur für die Bundestagswahl im Jahr 1969 wird im Jahr 1966 mit Bildung der Großen Koalition obsolet. Die Wahlbeteiligung liegt bei 86,8 Prozent. Nach der Wahl schließen CDU/CSU und FDP erneut eine Koalition.
16. Oktober 1965
Der Bundeshauptausschuß tagt in Mainz.
20. Oktober 1965
Ludwig Erhard wird vom Deutschen Bundestag im ersten Wahlgang mit 272 Stimmen zum Bundeskanzler gewählt. Die Koalition verfügt über 301 Stimmen, die absolute Mehrheit liegt bei 249 Stimmen.
26. Oktober 1965
Im Kabinett Erhard II ist die FDP durch Erich Mende als Stellvertreter des Bundeskanzlers ("Vizekanzler") und Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen, Rolf Dahlgrün als Bundesminister der Finanzen, Ewald Bucher als Bundesminister für Wohnungswesen und Städtebau und Walter Scheel als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit vertreten.
1966
Der Wolf-Erich-Kellner-Preis, ein deutscher Wissenschaftspreis, wird erstmals von der Wolf-Erich-Kellner-Gedächtnisstiftung für Arbeiten über Grundlagen, Geschichte und Politik des Liberalismus vergeben. Der mit 2000 Euro dotierte Preis ist nach Wolf Erich Kellner benannt und wird treuhänderisch von der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit für die Wolf-Erich-Kellner-Gedächtnisstiftung verwaltet. Alljährlich werden Arbeiten aus den verschiedensten Fachrichtungen, insbesondere der Geistes-, Sozial-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet, die im Sinne von Wolf Erich Kellner "in wissenschaftlich wertvoller Weise Grundlagen, Geschichte und Politik des Liberalismus im deutschen, europäischen und außereuropäischen Raum behandeln. Die Studien können theoretische, historische und zeitgeschichtliche Fragestellungen zum Gegenstand haben oder Gestalt und Entwicklung des gegenwärtigen Liberalismus in Politik, Wirtschaft oder Kultur behandeln." In den meisten Fällen handelt es sich bei den ausgezeichneten Arbeiten um geschichtswissenschaftliche Dissertationen oder Habilitationsschriften. Das Kuratorium besteht laut der Satzung aus mindestens sieben, höchstens dreizehn ehrenamtlichen Mitgliedern. Für je ein Mitglied des Kuratoriums sind der Vorstand der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, der Vorstand der Gesellschaft für die Freiheit - Freunde und Förderer der Friedrich-Naumann-Stiftung, der Landesvorstand der FDP Hessen und die Stifterfamilie vorschlagsberechtigt. Die weiteren Kuratoriumsmitglieder werden auf die Dauer von sechs Jahren durch das Kuratorium mit Zustimmung der Treuhänderin berufen.
23. März 1966
Die Ehrenpräsidentin Marie-Elisabeth Lüders (* 25. Juni 1878 in Berlin) stirbt in West-Berlin.
7. Mai 1966
Der Bundeshauptausschuß tagt in Mainz.
6. bis 7. Juni 1966
Der 17. ordentliche Bundesparteitag findet in der Meistersingerhalle in Nürnberg statt. Grund für die Wahl des Ortes ist die bevorstehende Landtagswahl in Bayern am 20. November 1966. Der Parteivorsitzende Erich Mende legt den Schwerpunkt seiner Rede auf die Ostpolitik. Er fordert die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Ländern des Ostblocks und nennt als Beispiel Rumänien. Es sei Zeit, in der Deutschlandpolitik einen neuen Schwerpunkt zu bilden. Der innerdeutsche Handel soll ausgeweitet werden. "Wer gegen eine Politik der praktischen Schritte in der Deutschland-Frage ist, der sollte auch den Mut haben, einzugestehen, daß er entweder die deutsche Frage mit Gewalt lösen oder aber überhaupt auf jede Veränderung des gegenwärtigen Zustandes verzichten will." Thomas Dehler beschreibt in seinem Referat die Arbeit der CDU-FDP-Koalition. Er bekennt sich zu dieser, greift aber den Koalitionspartner wie die SPD an. Die SPD träume von einer Großen Koalition, werde aber nie zu einer Hüterin einer klaren Marktwirtschaft werden. Zur Union führte er aus: "Wir werden jede Chance nutzen, unseren Koalitionspartner zu zwingen, mit uns eine freiheitliche Gesellschaftsordnung zu gestalten." Der Parteitag faßt Entschlüsse zur Außen- und Deutschlandpolitik, zur Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie zur Haushalts- und Finanzpolitik. In einer Entschließung fordert der Parteitag, "alle Abrüstungsbemühungen zu unterstützen, die geeignet sind, die Sicherheit aller europäischen Staaten zu erhöhen und die Lösung politischer Fragen zu erleichtern". Schatzmeister Hans Wolfgang Rubin berichtet über Einnahmen der Partei von 28,6 Millionen Deutsche Mark bei Ausgaben von 27 Millionen Deutsche Mark. Unter den Einnahmen waren auch 1,4 Millionen Deutsche Mark aus öffentlichen Mitteln. Teile der FDP lehnen eine Staatsfinanzierung von Parteien ab. Bundesgeschäftsführer Hans Friderichs hält seinen Geschäftsbericht über das Thema "Kraftfelder moderner Parteien". Erich Mende wird mit 222 von 247 Stimmen als Parteivorsitzender wiedergewählt. Dem Bundesvorstand gehören nach der Neuwahl an: Vorsitzender Erich Mende, Stellvertretende Vorsitzende Willi Weyer, Ewald Bucher und Wolfgang Mischnick, Schatzmeister Hans Wolfgang Rubin, Beisitzer Ernst Achenbach, Thomas Dehler, Liselotte Funcke, Hildegard Hamm-Brücher, Winfrid Hedergott, Karl Holl, Hans-Günter Hoppe, Heinz Herbert Karry, Reinhold Kreitmeyer, Eduard Leuze, Walter Peters, Fritz-Rudolf Schultz und Heinz Starke sowie Vertreter der Landesverbände Hermann Saam, Klaus Dehler, William Borm, Georg Borttscheller, Willy Max Rademacher, Heinrich Kohl, Carlo Graaff, Siegfried Zoglmann, Hermann Eicher, Paul Simonis und Otto Eisenmann.
27. Oktober 1966
Die Koalition mit CDU/CSU zerbricht am Thema Steuererhöhungen. Die "FDP-Bundesminister" treten zurück. Daraufhin nominiert die Union am 10. November 1966 mit Kurt Georg Kiesinger einen neuen Kanzlerkandidaten. Die erneuten Koalitionsverhandlungen mit der FDP scheitern. Teile der FDP befürworten eher eine Koalition mit der SPD. Am 30. November 1966 tritt Ludwig Erhard zurück. Es folgt eine Große Koalition zwischen CDU/CSU und SPD.
29. Oktober 1966
Der Bundeshauptausschuß tagt in Mainz.
3. bis 5. April 1967
Der 18. ordentliche Bundesparteitag findet in der Stadthalle in Hannover statt. Thomas Dehler hält eine Rede zum Thema "Für eine radikale liberale Politik". Der Parteitag verabschiedet am Vormittag des 5. April 1967 "einmütig" die "Ziele des Fortschritts. Aktionsprogramm der Freien Demokratischen Partei (107 Thesen)". Der Wahlspruch des Parteitags lautet: "Sieger des Fortschritts - FDP". Parteivorsitzender bleibt Erich Mende. Auf dem Parteitag versuchen die Jungdemokraten, unterstützt von den Journalisten Henri Nannen (Stern), bei der Landtagswahl in Niedersachsen am 20. April 1947 war er für die FDP im Wahlkreis Lingen angetreten, und Rudolf Augstein (Der Spiegel), seit 1955 oder 1956 Mitglied, die Parteiführung durch gezielte Störaktionen zum Rücktritt zu bewegen. Ein Antrag, Rudolf Augstein solle im Plenum des Parteitags Rederecht erhalten, wird sehr knapp mit 128 zu 118 Stimmen abgelehnt. Augstein hat geplant, seine Rede auf einem Brockhaus stehend zu halten, da Mende ihm im Vorfeld des Parteitags vorgehalten hatte, er solle einmal im Lexikon nachschlagen, was politischer Liberalismus bedeute. Das enge Abstimmungsverhältnis ist auch ein Indikator für die Uneinigkeit der Partei im Bezug auf die Neue Ostpolitik. In dem inhaltlichen Beschluß des Parteitags kann man sich auf eine Kompromißformel zur Oder-Neiße-Grenze einigen: Die traditionelle Formel, erst mit einem Friedensvertrag können abschließend über Grenzen beschlossen werden, wird auf Druck des linken Flügels ergänzt, "daß eine mögliche Zusammenführung der getrennten Teile Deutschlands nicht an territorialen Fragen scheitern" dürfe. Diese Formulierung ermöglicht eine breite Zustimmung zur gesamten Beschlußfassung.
21. Juli 1967
Nach dem Tod von Thomas Dehler wird Walter Scheel zu einem der Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages gewählt.
15. Dezember 1967
Der Bundeshauptausschuß tagt in Mainz.
23. Januar 1968
Wolfgang Mischnick wird als Nachfolger von Knut von Kühlmann-Stumm zum Vorsitzenden der Bundestagsfraktion gewählt.
29. bis 31. Januar 1968
Der 19. ordentliche Bundesparteitag findet in der Freiburger Stadthalle statt. Der Grund für die Wahl des Ortes ist die Landtagswahl in Baden-Württemberg am 28. April 1968. Aufsehenerregend sind vor allem die den Parteitag begleitenden Studentenproteste und das Rededuell zwischen Ralf Dahrendorf und dem Studentenführer Rudi Dutschke. Der Parteitag fällt in die Hochzeit der 68er-Bewegung. Die Jungdemokraten haben sich politisch nach links bewegt und sympathisieren mit der Studentenbewegung. Auf dem Parteitag führt ein Antrag des Liberalen Studentenbund Deutschlands (LSD), in dem die USA scharf angegriffen wird, zu emotionalen Debatten. Am Nachmittag des ersten Tages findet vor der Halle eine Demonstration des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) statt - angeführt durch Dutschke. Als Dutschke auf dem Dach eines Autobusses eine Ansprache hält, erklärt sich Dahrendorf bereit, dort mit ihm gemeinsam ein Streitgespräch zu führen. In diesem Gespräch erweist sich Dahrendorf vor etwa 2.000 Studenten als der bessere Redner. Auf dem Parteitag werden die neu gefaßte Satzung, Geschäftsordnung und Schiedsordnung verabschiedet. Grundsatzreden halten Walter Scheel ("Wir wollen eine neue Politik") und Ralf Dahrendorf ("Politik der Liberalität statt Bündnis der Unbeweglichkeit"). Der scheidende Vorsitzende Erich Mende begründet in einer wenig mitreißenden Rede seine Rücktrittsgründe. Er ruft zur Geschlossenheit auf und warnt vor "Monomanen und Radikalen". Zur Deutschlandpolitik führt er aus, die DDR sei faktisch bereits mit der Genfer Außenministerkonferenz von 1959 anerkannt worden. Anschließend erfolgt mit 87 Prozent der Stimmen die Wahl von Walter Scheel zum Vorsitzenden, einem europäisch ausgerichteten Liberalen, der zwar aus dem nationalliberalen Lager kommt, aber mit Willi Weyer und Hans-Dietrich Genscher die neue Mitte der Partei anführt. Diese Mitte bemüht sich darum, die FDP koalitionsfähig mit beiden Großparteien zu machen. An Stelle von Willi Weyer und Ewald Bucher werden Hans-Dietrich Genscher und Hermann Müller neu als stellvertretende Parteivorsitzende gewählt. In Stichwahlen schlägt der schwäbische Radikaldemokrat Karl Moersch den nationalliberalen Carlo Graaff und der linksliberale Berliner Justizsenator Hans-Günter Hoppe den bayerischen Nationalisten Dietrich Bahner. Der Soziologieprofessor Ralf Dahrendorf zieht mit dem drittbesten Wahlergebnis als Beisitzer in den Bundesvorstand ein. Dem Bundesvorstand gehören nach der Neuwahl an: Vorsitzender Walter Scheel, Stellvertretende Vorsitzende Hans-Dietrich Genscher, Wolfgang Mischnick und Hermann Müller, Schatzmeister Hans Wolfgang Rubin, Beisitzer Liselotte Funcke, Hans-Günter Hoppe, Karl Moersch, weitere Beisitzer Ernst Achenbach, Dietrich Bahner, Gerhart Baum, William Borm, Ewald Bucher, Ralf Dahrendorf, Hermann Eicher, Otto Eisenmann, Carlo Graaff, Ulrich Graf, Albrecht Haas, Hildegard Hamm-Brücher, Winfrid Hedergott, Reinhard Koch, Heinrich Kohl, Eduard Leuze, Erich Mende, Hermann Oxfort, Walter Peters, Willy Max Rademacher, Fritz-Rudolf Schultz, Heinz Starke, Willi Weyer und Siegfried Zoglmann, Mitglied qua Amt Knut von Kühlmann-Stumm und ständige Gäste Rötger Groß, Hermann Ferdinand Arning und Wolfgang Lüder.
18. November 1968
Das Präsidium beschließt die Abkürzungsbuchstaben der Freien Demokratischen Partei durch so genannte "werbliche Stopper", die Pünktchen, zu trennen. Sie werden ab dem darauffolgenden Bundestagswahlkampf im Jahr 1969 verwendet: aus FDP wird F.D.P.
30. November 1968
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bad Godesberg.
1969
Der Liberale Studentenbund Deutschlands (LSD) beansprucht, "integraler Bestandteil der sozialistischen Opposition zu sein" und bricht alle Beziehungen zur F.D.P. ab, weil "eine politische Zusammenarbeit zwischen beiden Organisationen schon seit längerem nicht mehr möglich" sei. Schon zuvor war die Partei in LSD-Flugblättern als "Wurmfortsatz des Obrigkeitsstaates" und ihre Exponenten als "reaktionäre Scheißkerle" beschimpft worden.
5. März 1969
Nachdem die SPD im Juni 1967 ihren Anspruch auf das Amt des Bundespräsidenten angemeldet hatte, galt Gustav Heinemann zunächst nicht als Favorit der SPD. Dem Parteivorsitzenden Willy Brandt erschien er erst im Herbst 1968 als geeigneter Kandidat, weil er die junge Generation, besonders die Studentenbewegung, erreichte und deren Anliegen einer umfassenden Demokratisierung der Gesellschaft sowie aller politischen Institutionen teilte. Die CDU/CSU-Fraktion nominierte den als konservativ geltenden Verteidigungsminister Gerhard Schröder statt des dem liberalen CDU-Parteispektrum zugeordneten Richard von Weizsäcker, den Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger favorisiert hatte. Die F.D.P. vermied jede Festlegung im Vorfeld. Bei der Wahl erreicht Heinemann im ersten Wahlgang 513 von 1036 Wahlmännerstimmen, im zweiten nur noch 511, Schröder 507. Im dritten Wahlgang genügte ihm die einfache Mehrheit von 512 zu 506 Stimmen für die Wahl zum dritten Bundespräsidenten. Ausschlaggebend sind die Stimmen der F.D.P., von deren 83 Mitgliedern der Bundesversammlung 78 vorab intern zugesagt hatten, für Heinemann zu votieren. "Daß Gustav Heinemann zum Bundespräsidenten gewählt wurde, beseitigte in der öffentlichen Meinung das letzte Vorurteil über die Regierungsfähigkeit der SPD", schreibt Carlo Schmid in seinen Erinnerungen, die er zehn Jahre später veröffentlicht. Es signalisiert vor allem, daß eine SPD/F.D.P.-Koalition, wie sie nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 10. Juli 1966 zustande gekommen ist, auch im Bund möglich sei.
28. April 1969
Der Bundeshauptausschuß tagt in Mainz.
8. Juni 1969
Der Bundeshauptausschuß tagt in Mainz.
23. bis 25. Juni 1969
Der 20. ordentliche Bundesparteitag findet in der Meistersingerhalle in Nürnberg statt. Wichtigster Tagesordnungspunkt ist die Verabschiedung des Programms für die Bundestagswahl am 28. September 1969, der "Nürnberger Wahlplattform". In seiner Eröffnungsrede bezeichnet der Parteivorsitzende Walter Scheel die Wahl von Gustav Heinemann zum Bundespräsidenten als "reine Personalentscheidung".
28. September 1969
Bei der Bundestagswahl erreicht die F.D.P. 5,8 Prozent der Stimmen und verfügt über 31 von 518 Mandaten im 6. Deutschen Bundestag. Bundeskanzler Ludwig Erhard war am 30. November 1966 zurückgetreten, nachdem die Koalition aus CDU/CSU und F.D.P. an Fragen der Wirtschaftspolitik zerbrochen war. Zu seinem Nachfolger wurde der bisherige Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Kurt Georg Kiesinger, gewählt, der eine Große Koalition aus CDU/CSU und SPD bildete (Kabinett Kiesinger). Bundesaußenminister und Vizekanzler wurde Willy Brandt, zuvor Regierender Bürgermeister von Berlin. Die Berufung in die Bundesregierung war ausschlaggebend für Willy Brandt, entgegen einem nach der Bundestagswahl im Jahr 1965 erklärten Verzicht auf eine erneute Kanzlerkandidatur doch wieder anzutreten. Brandt tritt mithin zum dritten Mal als Kanzlerkandidat der SPD an, Kiesinger für die CDU/CSU das erste Mal. Vorbote eines Machtwechsels hin zu einer sozialliberalen Koalition war im März 1969 die Bundespräsidentenwahl, bei der der Sozialdemokrat Gustav Heinemann mit den Stimmen von SPD und F.D.P. gewählt worden war. Zum zweiten Mal nach 1949 erhalten die regierungsbildenden Parteien bei einer Wahl weniger als die Hälfte der abgegebenen Stimmen. SPD und F.D.P. erhalten eine Mehrheit der Mandate im Bundestag, weil die NPD mit 4,3 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert. Die Wahlbeteiligung liegt bei 86,7 Prozent. Noch in der Wahlnacht vereinbaren Brandt und Walter Scheel die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen - gegen den Willen von Herbert Wehner (SPD) und Helmut Schmidt (SPD), die eine Fortsetzung der Großen Koalition vorgezogen hätten. Trotz einer sehr knappen Mehrheit setzen Brandt und Scheel die umstrittene Neue Ostpolitik durch, die den Kalten Krieg unter der Losung "Wandel durch Annäherung" bzw. "Politik der kleinen Schritte" abmildern, sowie die Berliner Mauer und die Grenze zur DDR durchlässiger machen soll. Diese Politik ist innerhalb der F.D.P. durchaus umstritten, zumal dem Eintritt in die Bundesregierung Niederlagen bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und dem Saarland am 14. Juni 1970 folgen. In Hannover und Saarbrücken scheidet die Partei aus den Landtagen aus. Die F.D.P. gerät durch die Abwendung von der Union in heftige Flügelkämpfe, die auch zur Gründung der Nationalliberalen Aktion (NLA) im Juni 1970 führen. Es ist übrigens die letzte Bundestagswahl, bei der das Wahlalter für das aktive Wahlrecht noch bei 21 Jahren und für das passive Wahlrecht bei 25 Jahren liegt. Denn innerhalb eines Jahres nach der Wahl wird bereits am 31. Juli 1970 das passive Wahlrecht gesetzlich an die Volljährigkeit gekoppelt (damals noch 21 Jahre) und das aktive Wahlrecht auf 18 Jahre und damit erstmals unter das jeweilige Volljährigkeitsalter abgesenkt. Die NPD kann ihre Serie von Wahlerfolgen, die sie während der Zeit der Großen Koalition erzielt hat, nicht mehr fortsetzen und scheitert bei allen im Jahr 1970 stattfindenden Landtagswahlen an der Fünf-Prozent-Hürde. Sie zieht erst wieder bei der Landtagswahl in Sachsen am 19. September 2004 in ein deutsches Landesparlament ein.
20. Oktober 1969
In der konstituierenden Sitzung des 6. Deutschen Bundestages wird Liselotte Funcke zur Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages gewählt. Alterspräsident ist William Borm.
21. Oktober 1969
Willy Brandt wird mit einer knappen Mehrheit der sozialliberalen Koalition zum Bundeskanzler gewählt, die die künftige Regierungsarbeit unter das Motto "Wir wollen mehr Demokratie wagen." stellt. Er erhält im ersten Wahlgang 251 Stimmen. Die absolute Mehrheit liegt bei 249 Stimmen, die Regierungskoalition verfügt über 268 Stimmen. Damit ist er der erste sozialdemokratische Kanzler der Bundesrepublik Deutschland. Erstmals in der 20-jährigen Geschichte der Bundesrepublik stellen die Unionsparteien nicht mehr den Bundeskanzler (obwohl sie erneut die größte Bundestagsfraktion stellen, wie bereits seit der ersten Bundestagswahl im Jahr 1949). Die Regierungsbildung, vom Wahltag bis zur Kabinettsvereidigung am 22. Oktober, dauert insgesamt nur 24 Tage - wesentlich kürzer als bei allen vorangegangenen Wahlen. Die F.D.P. ist im Kabinett Brandt I mit Walter Scheel als Stellvertreter des Bundeskanzlers ("Vizekanzler") und Bundesminister des Auswärtigen, Hans-Dietrich Genscher als Bundesminister des Innern und Josef Ertl als Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vertreten und stellt die Parlamentarischen Staatssekretäre Ralf Dahrendorf (Auswärtiges), Wolfram Dorn (Inneres) und Fritz Logemann (Ernährung, Landwirtschaft und Forsten). Das sozial-liberale Kabinett strukturiert zahlreiche Ministerien um. Ganz aufgelöst werden das Bundesschatzministerium, das Bundesministerium für die Angelegenheiten des Bundesrates sowie das für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte. Das seit dem 14. November 1961 eigenständige Bundesministerium für Gesundheitswesen wird aufgelöst und Teil des Bundesministeriums für Familie, Jugend und Gesundheit. Das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen erhält im Zuge der Ostpolitik die bis zur Wiedervereinigung gültige Bezeichnung Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen. Umbenannt wird auch das Ministerium für wissenschaftliche Forschung (neu: Bildung und Wissenschaft). Nach knapp neun Monaten im Amt wechselt der bisherige Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen, Ralf Dahrendorf, auf eigenen Wunsch mit Wirkung zum 1. Juli 1970 als Kommissar für Handel in die Europäische Kommission. Sein Nachfolger wird - nachdem Hans Apel, Hans-Jürgen Junghans (damals Wirtschaftssprecher der SPD-Fraktion) und andere abgelehnt hatten - Karl Moersch. Das Amt des Parlamentarischen Staatssekretärs wurde am 5. Januar 1967 eingeführt. Über dieses Amt sollen sich begabte Nachwuchspolitiker für eine spätere Ministertätigkeit qualifizieren. Sie sind den Mitgliedern der Bundesregierung (Bundeskanzler und Bundesminister) "beigegeben" - ohne selbst Mitglied der Bundesregierung zu sein - und werden als "Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister" bezeichnet. Parlamentarischen Staatssekretären beim Bundeskanzler und beim Bundesminister des Auswärtigen wird üblicherweise das Recht verliehen, die Bezeichnung Staatsminister zu führen. Außer beim Bundeskanzler müssen Parlamentarische Staatssekretäre Mitglieder des Bundestages sein. Da er die wachsenden Ausgabenwünsche der anderen Ressorts nicht mehr mittragen kann, reicht Bundesfinanzminister Alex Möller am 13. Mai 1971 seinen Rücktritt ein. Daraufhin übernimmt Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller als sogenannter "Superminister" zusätzlich die Leitung des Bundesfinanzministeriums. Am 7. Juli 1972 tritt der Bundesminister für Wirtschaft- und Finanzen Karl Schiller zurück, nachdem er aus seiner Sicht die Unterstützung von Bundeskanzler Brandt verloren hat und in der Woche zuvor in einer währungspolitischen Frage im Bundeskabinett eine Abstimmungsniederlage hat hinnehmen müssen. Sein Nachfolger wird der bisherige Verteidigungsminister Helmut Schmidt. Zum neuen Bundesminister der Verteidigung wird der bisherige Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen Georg Leber ernannt. Die Ressorts für Verkehr und Post werden zusätzlich von Bundesbauminister Lauritz Lauritzen übernommen. Im August 1972 geraten die beiden Parlamentarischen Staatssekretäre Wolfram Dorn (Inneres) und Joachim Raffert (Bildung und Wissenschaft) wegen Beraterverträgen mit dem Heinrich Bauer Verlag in die Kritik; beide treten daraufhin am 31. August 1972 zurück. Angesichts der schon für den 19. November 1972 terminierten Bundestagswahl wird jeweils kein Nachfolger ernannt.
1970
Bei der Neubildung der Samtgemeinde Hadeln wird Hermann Gerkener zum ersten Samtgemeindebürgermeister gewählt. Dieses Amt gibt er im Jahr 1972 auf, um Bürgermeister der Stadt Otterndorf zu werden.
24. Januar 1970
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bad Godesberg.
Februar 1970
Ulrich Gauß wird zum Oberbürgermeister von Waiblingen gewählt. Er bekleidet dieses Amt bis zum 27. Januar 1994. Von 1986 bis 2000 ist Gauß zusätzlich stellvertretender Richter am Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg.
26. April 1970
Der Bundeshauptausschuß tagt in Saarbrücken.
17. Juni 1970
Die Nationalliberale Aktion (NLA) wird in Wuppertal von Erich Mende, Siegfried Zoglmann, bis kurz zuvor stellvertretender F.D.P.-Vorsitzender von Nordrhein-Westfalen, Heinz Lange, F.D.P.-Fraktionsführer im Düsseldorfer Landtag, und Franz Mader, Chef des mitgliederstärksten F.D.P.-Bezirks Ost-Westfalen-Lippe, gegründet. Die Gruppe ist unzufrieden mit dem Linksruck der F.D.P. unter deren Vorsitzendem Walter Scheel. Die Gründung erfolgt unter anderem auch unter dem Eindruck schwerer Niederlagen bei Landtagswahlen, bei denen die F.D.P. den Wiedereinzug in die Parlamente in Niedersachsen und im Saarland verfehlt hatte. In Nordrhein-Westfalen konnte sich die F.D.P. durch Stimmenzuwächse von ehemaligen SPD-Wählern im Landtag halten. Zu Beginn ist die NLA ein Arbeitskreis von F.D.P.-Mandatsträgern, zu deren Zielen die Rückkehr der F.D.P. zu einem rechts- bzw. nationalliberalen Kurs und die Ablösung von Walter Scheel als Parteivorsitzendem durch Hans-Dietrich Genscher auf dem Bundesparteitag vom 22. bis 24. Juni 1970 in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn gehört. Für Mende, der die F.D.P. acht Jahre lang geführt und zu ihrem bis dato größten Erfolg - 12,8 Prozent bei der Bundestagswahl 1961 - geführt hatte, und Zoglmann werden noch vor dem Parteitag Ausschlußanträge gestellt. Knapp einen Monat später - nachdem der Bundesparteitag die reformorientierte, eher linksliberale Linie Walter Scheels bestätigt hat, stellt sich die NLA auf der Hohensyburg bei Dortmund unter Einbeziehung von Politikern aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Bayern ("Hohensyburger Kreis") als eingetragener Verein auf Bundesebene auf. Zoglmann erklärt als Vorstandsmitglied, die "überparteiliche Gemeinschaft national-freiheitlicher Menschen" sei nicht als Basis einer neuen politischen Partei gedacht. Jedoch sei eine spätere Entwicklung in dieser Richtung "auf anderer Ebene" möglich. Die Veranstaltung hat 30 Gründungsmitglieder. Neben Zoglmann wählen diese unter anderem den vormaligen bayerischen F.D.P.-Vorsitzenden Dietrich Bahner, der im Vormonat abgewählt worden war, in den 15-köpfigen Kollegialvorstand. Im September konstituiert sich die NLA als eigenständige Partei. Mende und Mader treten allerdings zur CDU über.
22. bis 24. Juni 1970
Der 21. ordentliche Bundesparteitag findet in der Beethovenhalle in Bonn statt. Auf ihm wird Walter Scheel in seinem Amt als Parteivorsitzender bestätigt. Josef Ertl, Hans-Dietrich Genscher, Hildegard Hamm-Brücher und Wolfgang Mischnick halten Grundsatzreden. Der Parteitag faßt Beschlüsse zum Artikel 10 des Grundgesetzes (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis), zur Presse- und Informationsfreiheit, zur Volljährigkeit, zur Ehescheidung, zum Familienrecht, zum Sexualstrafrecht, zum Ausländergesetz, zum Computermißbrauch, zum Umweltschutz, zur Agrarpolitik, zur Forschungs- und Entwicklungsförderung, zum Bildungsurlaub, zur Studiengebührenfreiheit, zur Weiterbildung und zur Deutschland- und Außenpolitik. Insgesamt werden zum Bundesparteitag 400 Delegierte eingeladen. Die Aufteilung der Delegierten ergibt sich zum einen nach dem Mitgliederstand der Landesverbände zum 31. Dezember 1969 (200 Delegierte) und zum anderen nach den Wählerstimmenzahlen (200 Delegierte) der Bundestagswahl vom 28. September 1969 (Berlin: Wahl zum Abgeordnetenhaus vom 12. März 1967). Die Berechnung durch die Bundesgeschäftsstelle erfolgte am 20. März 1970 und wurde den Landesverbänden mitgeteilt. Dem Bundesvorstand gehören nach der Neuwahl an: Vorsitzender Walter Scheel, Stellvertretende Vorsitzende Hans-Dietrich Genscher, Wolfgang Mischnick und Hermann Müller, Schatzmeister Hans Wolfgang Rubin, Beisitzer Josef Ertl, Liselotte Funcke und Werner Maihofer, Weitere Beisitzer Hermann Ferdinand Arning, Martin Bangemann, Gerhart Baum, William Borm, Ralf Dahrendorf, Wolfram Dorn, Hermann Eicher, Ulrich Graf, Rötger Groß, Hildegard Hamm-Brücher, Winfrid Hedergott, Kurt Jung, Heinz Herbert Karry, Reinhard Koch, Heinrich Kohl, Wolfgang Lüder, Fritz Oellers, Hermann Oxfort, Walter Peters, Gerhart Raichle, Uwe Ronneburger, Helga Schuchardt, Kurt Spitzmüller und Willi Weyer sowie Mitglieder qua Amt Knut von Kühlmann-Stumm (Vertreter der Bundestagsfraktion) und Heiner Bremer (Vertreter der DJD).
5. September 1970
Der Bundeshauptausschuß tagt in Frankfurt am Main.
November 1970
Franz Josef Strauß, Richard Stücklen und Hermann Höcherl versuchen, den Bundestagsabgeordneten Karl Geldner durch die Zusage eines sicheren Bundestagsmandats über das Jahr 1977 hinaus zum Übertritt in die CSU zu bewegen. Weiterhin wird ihm ein über vier Jahre laufender Beratervertrag über 400.000 Deutsche Mark angeboten - bei der Papiertütenfabrik von Anton Beyer, einem der leitenden Funktionäre der Nationalliberalen Aktion. In einem Schreiben an den Bundestagspräsidenten Kai-Uwe von Hassel macht Karl Geldner diesen Abwerbungsversuch öffentlich.
1971
Nachdem sich der Liberale Studentenbund Deutschland (LSD) im Zuge der Studentenbewegung von der F.D.P. abgewandt hat, im Jahr 1969 beanspruchte, "integraler Bestandteil der sozialistischen Opposition zu sein", und daraufhin zerfiel, ändert der Seniorenverband des LSD seinen als kompromittierend empfundenen Namen in Verband liberaler Akademiker - Seniorenverband liberaler Studenten.
16. Januar 1971
Der Bundeshauptausschuß tagt in Mainz.
19. August 1971
Der Ehrenpräsident Reinhold Maier (* 16. Oktober 1889 in Schorndorf) stirbt in Stuttgart.
25. September 1971
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bremerhaven.
25. bis 27. Oktober 1971
Der 22. ordentliche Bundesparteitag findet in der Stadthalle von Freiburg im Breisgau statt. Er beginnt mit einer Rede des Bundesvorsitzenden Walter Scheel, in der er eine Halbzeitbilanz der sozialliberalen Regierungsarbeit zieht. Ganz ähnlich wie beim ersten Parteitag in der südbadischen Stadt dreieinhalb Jahre früher wird erneut eine wichtige Personalentscheidung getroffen. Denn erstmals installieren die Delegierten das Amt eines Generalsekretärs. An den folgenden drei Tagen wird das neue Parteiprogramm diskutiert und am 27. Oktober 1971 beschlossen. Mit den "Freiburger Thesen" bekommt die F.D.P. ein neues Grundsatzprogramm, welches das Berliner Programm von 1957 ablöst. Darin sind wichtige sozial- und gesellschaftspolitische Themenfelder wie Eigentumsordnung, Mitbestimmung, Vermögensbildung und Umweltschutz (!) behandelt. Es steht ganz im Zeichen der durch die Studentenbewegung der späten 1960er Jahre ausgelösten politischen Diskurse und dient auch der Positionierung im Sinne der seit dem Jahr 1969 bestehenden sozialliberalen Koalition. Vor allem die von Werner Maihofer verfaßte anspruchsvolle Einleitung wird als Neupositionierung im Sinne eines sozialen und reformorientierten Liberalismus in der Tradition Friedrich Naumanns verstanden. Karl-Hermann Flach, der neue Generalsekretär, hat zwar nicht an der Formulierung der Freiburger Thesen mitgewirkt, aber kurz zuvor mit seiner Streitschrift "Noch eine Chance für die Liberalen" ganz ähnliche Perspektiven für die F.D.P. aufgezeigt. Vorsitzender der Programmkommission für die inhaltliche Konzeption der Thesen und Hauptverfasser war der Rechtswissenschaftler Maihofer. Ziel der Thesen ist mitunter auch eine Emanzipation der F.D.P. von ihrer Rolle als Mehrheitsbeschafferin im Dreiparteiensystem der Bundesrepublik, in der nach Auffassung der Programmkommission eine inhaltliche Programmatik hinter dem Image einer Funktionspartei zurückblieb. Die Thesen wurden in mehreren Sitzungen der Programmkommission vorbereitet, die unter anderem in der Theodor-Heuss-Akademie der Friedrich-Naumann-Stiftung in Gummersbach, in Bonn, Düsseldorf und Dortmund tagte. Populär werden die Thesen vor allem auch durch den Druck als Rowohlt-Taschenbuch, das der Parteivorsitzende Scheel zusammen mit Präsidiumsmitglied Maihofer und dem in Freiburg neu gewählten Generalsekretär Flach herausgibt. Der Rechts- und Wirtschaftsliberalismus der 1950er und 1960er Jahre wird durch einen gesellschaftspolitischen Reformliberalismus ersetzt. Liberalismus soll nicht mehr nur politisch orientiert sein, sondern auch soziales Engagement ermöglichen. Der Freiburger Parteitag gibt einem Freiheitsbegriff von Friedrich Naumann den Vorzug, nach dem die Fähigkeiten des Menschen zu selbständigen Entscheidungen nicht im Widerspruch zu Gemeinschaft, Mitmenschlichkeit und demokratischer Partizipation stehen, sondern gerade erst in ihnen aufgehen. Die vier zentralen Thesen lauten:"Liberalismus nimmt Partei für Menschenwürde durch Selbstbestimmung", "Liberalismus nimmt Partei für Fortschritt durch Vernunft", "Liberalismus fordert Demokratisierung der Gesellschaft" und "Liberalismus fordert Reform des Kapitalismus". Zudem sind die Freiburger Thesen das erste Parteiprogramm, das einen Abschnitt zum Umweltschutz enthält: "Umweltschutz hat Vorrang vor Gewinnstreben und persönlichem Nutzen." Des Weiteren erhebt es die Forderung, das Recht auf eine "menschenwürdige Umwelt" in Artikel 2 des Grundrechtekatalogs des Grundgesetzes zu verankern. Damit nimmt die F.D.P. als erste der wesentlichen westdeutschen Parteien eine dezidierte Position zum Umweltschutz ein. Im Großen und Ganzen betont das Programm die Freiheit des Einzelnen, bezieht aber gleichzeitig Stellung zu gesellschaftlichen Grundproblemen. Der Freiburger Parteitag bekräftigt auf der einen Seite inhaltlich-programmatisch die Koalitionsbildung mit der SPD vom Oktober 1969, wird aber zugleich auch als Aufbruch zu neuen liberalen Ufern empfunden. Diese Stimmung trägt viel zum Erfolg bei den Bundestagswahlen am 19. November 1972 bei.
18. März 1972
Der Bundeshauptausschuß tagt in Stuttgart.
24. April 1972
Bereits am 9. Oktober 1970 waren die Abgeordneten Erich Mende, Heinz Starke und Siegfried Zoglmann (letzterer nur als Gast) von der F.D.P.- zur CDU/CSU-Bundestagsfraktion gewechselt. Am 29. Februar 1972 wechselte der Vertriebenenfunktionär Herbert Hupka von der SPD- zur CDU/CSU-Fraktion. Nachdem am 23. April 1972 auch der Abgeordnete Wilhelm Helms aus der F.D.P.-Fraktion ausgeschieden war und die F.D.P.-Abgeordneten Knut von Kühlmann-Stumm und Gerhard Kienbaum erklärt hatten, im Falle eines konstruktiven Mißtrauensvotums gegen Brandt für seinen Gegenkandidaten zu stimmen, rechnet die CDU/CSU mit 249 sicheren Stimmen und stellt den Antrag, Willy Brandt das Vertrauen zu entziehen und Rainer Barzel zum Bundeskanzler zu wählen.
27. April 1972
Den Anfang der Debatte über das konstruktive Mißtrauensvotum macht Altbundeskanzler Kurt Georg Kiesinger, indem er den Antrag der CDU/CSU-Fraktion begründet. Nach Reden von Herbert Wehner (SPD) und Wolfgang Mischnick folgt Bundesaußenminister und Vizekanzler Walter Scheel. Er kritisiert in einem emotionalen Debattenbeitrag die "Veränderung politischer Mehrheitsverhältnisse ohne Wählerentscheid" und sagt an die Adresse der CDU/CSU, die er im Begriff sah, die Regierungsverantwortung zu übernehmen: "Wer Regierungsmacht auf dieser moralischen Grundlage aufbauen will, der baut auf Sand." Damit spricht er vor allem den seiner Ansicht nach charakterlosen Wechsel einiger F.D.P.-Abgeordneter auf die Seite der CDU/CSU an. Zum Schluß spricht Bundeskanzler Willy Brandt und verteidigt seine Politik der vergangenen zweieinhalb Jahre. Von den (verbliebenen) Abgeordneten von SPD und F.D.P. nehmen fast nur die Bundesminister an der Abstimmung teil. Damit sollen einerseits eventuell noch unerkannte "Abweichler" in den Reihen von SPD und F.D.P. von einer Stimmabgabe abgehalten werden, andererseits soll eventuellen "Abweichlern" innerhalb der CDU/CSU die Gegenstimme insofern erleichtert werden, als sie nicht die einzigen ein oder zwei Gegenstimmen abgeben. Der SPD-Abgeordnete Günther Müller, der gegen die Absprachen ebenfalls eine Stimme abgibt, wird später aus der SPD-Fraktion ausgeschlossen und wechselt zur CDU/CSU. Während der Auszählung durchgeführte Interviews mit Abgeordneten der Koalition weisen darauf hin, daß selbst diese mit einem Sieg Barzels rechnen. Daher überrascht das Ergebnis allgemein: Rainer Barzel erhält nur 247 von 260 abgegebenen Stimmen, zur absoluten Mehrheit hätte er die sicher geglaubten 249 Stimmen benötigt. Es gibt zehn Neinstimmen und drei Enthaltungen. Damit ist das erste konstruktive Mißtrauensvotum in der Geschichte der Bundesrepublik gescheitert. Schon bald nach der Abstimmung kommen Gerüchte über eine Bestechung auf. Im Juni 1973 gibt der Bundestagsabgeordnete Julius Steiner zu, sich bei der Abstimmung enthalten zu haben, wofür er von Karl Wienand, damaliger Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, 50.000 DM erhalten habe. Ein im Jahr 1973 eingerichteter Untersuchungsausschuß endet ergebnislos, weil Wienand seine Beteiligung bestreitet und der Ausschuß keiner Seite die Unwahrheit nachweisen kann. Nach dem Ende der DDR stellt sich heraus, daß deren Ministerium für Staatssicherheit (MfS) an der Bestechung beteiligt war, weil, so Erich Honecker, eine Regierung Brandt "für uns alle angenehmer ist als eine Regierung unter Leitung von Barzel und Strauß". Zwei Tage vor der Abstimmung hatte DDR-Chefunterhändler Michael Kohl Egon Bahr angeboten, von DDR-Seite Stimmen zur Rettung von Brandt zu kaufen, der aber ablehnte. Dennoch leitete die DDR die Bestechung unter dem Decknamen "Unternehmen Brandtschutz" in die Wege. Mindestens zwei Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion, nämlich Julius Steiner (CDU) und Leo Wagner (CSU), wurden vom Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR mit jeweils 50.000 DM bestochen.
April/Mai 1972
Als neuer Studentenverband der F.D.P. wird nach zweijähriger Vorbereitung der Liberale Hochschulverband (LHV) als Nachfolger des in den Wirren der Studentenbewegung untergegangenen Liberalen Studentenbund Deutschlands (LSD) gegründet. Dieser setzt die vom LSD initiierte Kooperationspolitik mit sozialistischen Verbänden fort und lehnt Koalitionen mit dem Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) ab. In den Vereinigten Deutschen Studentenschaften (VDS), der Dachorganisation der Studentenschaften, bildet der LHV mit den Juso-Hochschulgruppen wechselnde Koalitionen mit dem Sozialistischen Hochschulbund, der von der SPD durch die Juso-Hochschulgruppen ersetzt wurde, dem DKP-nahen Marxistischen Hochschulbund Spartakus (MSB Spartakus) und "undogmatischen Basisgruppen".
1. Juli 1972
Der Bundeshauptausschuß tagt in Hamburg.
20. September 1972
Da die SPD/F.D.P.-Koalition im Bundestag über keine handlungsfähige Mehrheit mehr verfügt, stellt Willy Brandt die Vertrauensfrage. Bei der Abstimmung am 22. September 1972 nehmen die Bundesminister nicht teil. Sie ergibt 233 Ja- und 248 Neinstimmen bei einer Enthaltung. Bundespräsident Gustav Heinemann löst im Sinne der Absichten Brandts den Bundestag am 23. September 1972 auf.
23. bis 25. Oktober 1972
Der 23. ordentliche Bundesparteitag findet in der Stadthalle von Freiburg im Breisgau statt. Er verabschiedet das F.D.P.-Programm zur Gleichberechtigung der Frau. Dem Bundesvorstand gehören nach der Neuwahl an: Vorsitzender Walter Scheel, Stellvertretende Vorsitzende Hans-Dietrich Genscher, Hildegard Hamm-Brücher und Wolfgang Mischnick, Schatzmeister Hans Wolfgang Rubin, Beisitzer Liselotte Funcke, Josef Ertl und Werner Maihofer, Generalsekretär Karl-Hermann Flach, Mitglieder qua Amt Victor Kirst, Hans Friderichs und Theo Schiller, Weitere Beisitzer Uwe Ronneburger, Karl Moersch, Horst Ludwig Riemer, Kurt Jung, Hermann Ferdinand Arning, Wolfgang Lüder, Helmut Schnorr, Ulrich Graf, Werner Klumpp, Georg Letz, Rötger Groß, Ulrich Krüger, William Borm, Gerhart Baum, Hermann Müller, Martin Bangemann, Helga Schuchardt, Ralf Dahrendorf, Kurt Spitzmüller, Otto Graf Lambsdorff, Heinz Herbert Karry, Walter Peters, Helmut Schäfer und Heiner Bremer.
November 1972
Hermann Gerken wird erstmals Bürgermeister der Stadt Otterndorf, die bis 1977 Kreisstadt des Landkreises Land Hadeln ist. Dies gelingt ihm als FDP-Mitglied mit der CDU als Koalitionspartner. Diese Konstellation mit Hermann Gerken als Bürgermeister hält bis November 2011. Gerken wird nach 39 ununterbrochenen Dienstjahren im Alter von 80 Jahren als Bürgermeister der Stadt Otterndorf abgewählt.
19. November 1972
Ein langer, intensiv geführter und stark mobilisierender Wahlkampf führt bei der ersten vorgezogenen Bundestagswahl in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland mit 91,1 Prozent zu der höchsten Wahlbeteiligung aller Bundestagswahlen. Beide Parteien der Regierung Brandt gewinnen hinzu, die SPD wird mit 45,8 Prozent der Stimmen erstmals stärkste Bundestagsfraktion (242 Sitze), die F.D.P. bekommt 8,4 Prozent der Stimmen und damit 42 Mandate, ein Ergebnis, das auch im Ausland als Volksabstimmung über die Ostverträge verstanden wird, für deren parlamentarische Ratifizierung jetzt der Weg frei ist. Der 7. Deutsche Bundestag besteht aus 518 Abgeordneten. Obwohl bereits unmittelbar nach dem gescheiterten Mißtrauensvotum vom April 1972 feststand, daß die Koalition ihre Mehrheit verloren hatte, zögerte Brandt in Übereinkunft mit der Opposition die notwendige Vertrauensfrage bis zum Herbst hinaus. Offizieller Grund waren die Olympischen Sommerspiele im August/September, deren Organisation man weder durch einen Wahlkampf, eine Regierungsbildung noch gar einen Regierungswechsel überlagern wollte. Auch organisatorische Fragen spielten bei allen Parteien eine Rolle. Für die SPD kam überdies hinzu, daß die Umfragewerte im Frühjahr katastrophal ausfielen und erst durch die von Albrecht Müller maßgeblich geplante Kampagne ein Stimmungsumschwung möglich wurde. Für die Unionsparteien trat der CDU-Parteichef und Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Rainer Barzel als Kanzlerkandidat an Erstmals dürfen auch junge Menschen im Alter von 18 bis 20 Jahren an der Bundestagswahl teilnehmen, nachdem am 31. Juli 1970 das Wahlalter für das aktive Wahlrecht von 21 auf 18 Jahre gesenkt wurde, also erstmals und zugleich das einzige Mal unter das jeweilige Volljährigkeitsalter, das noch bei 21 Jahren liegt. Außerdem wurde das Mindestalter für das passive Wahlrecht von bisher 25 Jahren auf 21 Jahre gesenkt, indem es gesetzlich an die Volljährigkeit gekoppelt wurde. Es ist die einzige Bundestagswahl, bei der das Mindestalter für das passive Wahlrecht bei 21 Jahren lag, denn mit der Herabsetzung des Volljährigkeitsalters von 21 auf 18 Jahre am 1. Januar 1975 wurde auch das erforderliche Alter für das passive Wahlrecht zum Bundestag auf 18 Jahre automatisch weiter abgesenkt, so daß das aktive und passive Wahlrecht seit der darauffolgenden Bundestagswahl im Jahr 1976 altersmäßig zusammenfallen und zugleich seitdem bei Bundestagswahlen mit der Volljährigkeit verknüpft sind.
14. Dezember 1972
Für die F.D.P. war schon im Wahlkampf klar, daß sie nur für die sozialliberale Koalition zur Verfügung steht. So wird Willy Brandt als Bundeskanzler im ersten Wahlgang mit 269 Stimmen wiedergewählt. Die absolute Mehrheit liegt bei 249 Stimmen. Die Koalition hat dieses Mal, im Gegensatz zur Wahl von 1969, die absolute Mehrheit der Wählerstimmen und eine klare Mehrheit im Bundestag erreichen können (284 Sitze). Barzel bleibt zunächst CDU/CSU-Oppositionsführer, tritt aber bereits ein halbes Jahr später zurück. Mit Annemarie Renger (SPD) wird erstmals eine Frau in das Amt des Bundestagspräsidenten gewählt. Sie ist gleichzeitig das erste SPD-Mitglied, das diesen Posten innehat.
15. Dezember 1972
Im Kabinett Brandt II ist die F.D.P. mit Walter Scheel als Stellvertreter des Bundeskanzlers ("Vizekanzler") und Bundesminister des Auswärtigen, Hans-Dietrich Genscher als Bundesminister des Innern, Hans Friderichs als Bundesminister für Wirtschaft, Josef Ertl als Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Werner Maihofer als Bundesminister für besondere Aufgaben (beim Stellvertreter des Bundeskanzlers) vertreten und stellt die Parlamentarischen Staatssekretäre Karl Moersch (Auswärtiges), Gerhart Baum und Kurt Jung (Inneres), Martin Grüner (Wirtschaft) und Fritz Logemann (Ernährung, Landwirtschaft und Forsten).
1972/1973
Der aus der im Jahr 1968 gegründeten Deutschen Studenten Union (DSU) hervorgehende Sozialliberale Hochschulverband (SLH), der sich als überparteilich, aber F.D.P.- und SPD-nah begreift, lehnt die Kooperationspolitik mit sozialistisch, teilweise marxistisch orientierten Verbänden, insbesondere in Bezug auf den im Jahr 1971 gegründeten Marxistischen Studentenbund Spartakus, ab und kooperiert stattdessen mit dem Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS).
17. März 1973
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bad Godesberg.
12. bis 14. November 1973
Der 24. ordentliche Bundesparteitag findet in der Rhein-Main-Halle in Wiesbaden statt. Er verabschiedet die "Wiesbadener Leitlinien liberaler Medienpolitik". Außerdem faßt er Beschlüsse zur Umweltpolitik und zur Frage von "verfassungsfeindlichen Kräften im Öffentlichen Dienst".
6. Dezember 1973
Sehr große Bekanntheit erlangt Walter Scheel, indem er zugunsten der Behindertenhilfsorganisation Aktion Sorgenkind (später Aktion Mensch) in der Fernsehshow "Drei mal Neun" das deutsche Volkslied "Hoch auf dem gelben Wagen" zusammen mit zwei Düsseldorfer Männergesangvereinen singt. Es wird auch auf Schallplatte aufgenommen. Im Januar 1974 belegt das Lied Platz fünf der deutschen Singlecharts. Allein bis zum Frühjahr 1974 wird die Platte über 300.000 Mal verkauft. Auch noch während seiner später folgenden Amtszeit als Bundespräsident erlangt er mit dieser Art der ungewöhnlichen und gemeinnützigen Spendenwerbung hohe Popularität.
1974
Die Hamburgische Bürgerschaft wählt Rolf Bialas in den Senat, in dem bis zum Jahr 1978 die Baubehörde leitet. Eigentlich hatte der FDP-Landesvorstand Gerhard Moritz Meyer, der dem linken Parteiflügel angehört, als Bausenator vorgesehen. Im Landesausschuß, der die Nominierungen vornimmt, kann sich Bialas, der eher dem konservativen Flügel zugerechnet wird, jedoch mit einer Stimme Vorsprung gegen Meyer durchsetzen. Während seiner Amtszeit setzt er die Erstellung des bundesweit ersten Mietenspiegels durch.
27. April 1974
Der Bundeshauptausschuß tagt in Osnabrück.
6. Mai 1974
Bereits während einer turnusmäßigen Zusammenkunft von SPD und Gewerkschaftsspitzenfunktionären vom 4. bis 5. Mai 1974 in der Kurt-Schumacher-Akademie (damals Haus Münstereifel) in Bad Münstereifel hatte Willy Brandt den dort anwesenden Spitzenpolitikern der SPD seine Entscheidung verkündet, als Bundeskanzler zurückzutreten. Ein entsprechendes Schreiben läßt er am Abend durch den Kanzleramtschef Horst Grabert dem in Hamburg weilenden Bundespräsidenten Gustav Heinemann überbringen. Anlaß ist die Enttarnung des DDR-Spions Günter Guillaume, der als Referent für Parteiangelegenheiten einer der engsten Mitarbeiter von Brandt gewesen war. Brandt übernimmt mit seinem Rücktritt Verantwortung für Fahrlässigkeiten innerhalb der Bundesregierung. Guillaume war in unmittelbarer Nähe des Kanzlers geblieben, obwohl er seit mehr als einem Jahr im Verdacht stand, Spionage zu betreiben. Brandt hatte im Glauben, Guillaumes bloße DDR-Herkunft sei der Grund für den Spionageverdacht gewesen, die Brisanz der Angelegenheit unterschätzt.
7. Mai 1974
Nach dem Rücktritt von Bundeskanzler Willy Brandt nimmt Walter Scheel auf Ersuchen des Bundespräsidenten Gustav Heinemann die Amtsgeschäfte des Bundeskanzlers übergangsweise wahr, bis Helmut Schmidt am 16. Mai 1974 zum neuen Bundeskanzler gewählt wird.
9. Mai 1974
SPD und F.D.P. einigen sich auf die Fortsetzung der sozialliberalen Koalition.
15. Mai 1974
Bei der Wahl des Bundespräsidenten wird Walter Scheel mit 530 Stimmen von SPD und F.D.P. in der Bundesversammlung in der Beethovenhalle in Bonn gegen Richard von Weizsäcker (CDU, 498 Stimmen) zum vierten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt und tritt am 1. Juli 1974 sein neues Amt an. Scheel überschreibt seine Präsidentschaft mit der Leitidee: "Miteinander, nicht gegeneinander." Sein feinerer Lebensstil und eine prachtvollere Ausstattung von Dienstsitz und Zeremoniell unterscheiden sich deutlich von dem seiner puristischeren Vorgänger. Lob bekommt Scheel für seine offene und optimistische Art. So bezeichnet Scheel im Jahr 1975 als erster Bundespräsident den 8. Mai 1945 als Befreiung. Lange vor der bekannten Weizsäcker-Rede Zum 40. Jahrestag des Kriegsendes sagt Scheel: "Wir wurden von einem furchtbaren Joch befreit, von Krieg, Mord, Knechtschaft und Barbarei. […] Aber wir vergessen nicht, daß diese Befreiung von außen kam." Als Bundespräsident verweigert er im Jahr 1976 einem Gesetz zur Abschaffung der Gewissensprüfung bei Kriegsdienstverweigerern seine Unterschrift, da er die Zustimmung des Bundesrates für notwendig erachtet. Für die Wahl des deutschen Bundespräsidenten im Jahr 1979 stellt er sich angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung nicht erneut zur Verfügung und scheidet am 30. Juni 1979 aus dem Amt.
16. Mai 1974
Nach dem Rücktritt Willy Brandts als Regierungschef wählt der Deutsche Bundestag Helmut Schmidt, bisher Bundesminister der Finanzen, im ersten Wahlgang mit 267 Stimmen zum fünften Kanzler der Bundesrepublik. Drei Gegenstimmen kommen aus den Reihen der Koalition. Die absolute Mehrheit liegt bei 249 Stimmen, die Koalition verfügt über 284 Stimmen. Die F.D.P. ist mit Hans-Dietrich Genscher als Stellvertreter des Bundeskanzlers ("Vizekanzler") und Bundesminister des Auswärtigen, Werner Maihofer als Bundesminister des Innern, Hans Friderichs als Bundesminister für Wirtschaft und Josef Ertl als Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vertreten und stellt die Parlamentarischen Staatssekretäre Karl Moersch (Auswärtiges), Gerhart Baum (Inneres), Martin Grüner (Wirtschaft), Fritz Logemann (Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) und Kurt Jung (Verkehr und Post- und Fernmeldewesen). Am 19. August 1974 werden die Parlamentarischen Staatssekretäre beim Bundesminister des Auswärtigen, Karl Moersch und Hans-Jürgen Wischnewski (SPD), zu Staatsministern im Auswärtigen Amt ernannt.
22. Juli 1974
Bereits Anfang der 1970er Jahre forderte der Bundsinnenminister Hans-Dietrich Genscher die Schaffung einer Umweltbehörde, analog zu bereits bestehenden Behörden in den USA und Schweden. Gegen den Widerstand vor allem von Gesundheits- und Wissenschaftsministerium, die einen Kompetenzverlust in dem Bereich des Umweltschutzes befürchteten, wurde im Jahr 1973 die Bundesstelle für Umweltangelegenheiten geschaffen und nun in das Umweltbundesamt per "Gesetz über die Errichtung eines Umweltbundesamtes" im Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern umgewandelt, als selbständige Bundesoberbehörde mit Sitz in Berlin. Der Beschluß des Deutschen Bundestages vom 19. Juni 1974, der West-Berlin als Sitz des Amtes festgelegt hatte, führte am darauffolgenden Tag zu offiziellen Protesten durch das DDR-Außenministerium. Erster Präsident des Umweltbundesamtes wird der Jurist Heinrich von Lersner, der bereits im Jahr 1972 vom Bundeskabinett mit der Gründung des Umweltbundesamtes beauftragt worden war und Mitglied der F.D.P. ist. Genscher wird damit quasi zum ersten Bundesumweltminister der Bundesrepublik Deutschland. Ein eigenständiges Ressort wird erstmals am 6. Juni 1986 als Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit errichtet - etwa fünf Wochen nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl.
30. September bis 2. Oktober 1974
Der 25. ordentliche Bundesparteitag findet im Congress Centrum Hamburg statt. Er verabschiedet die von Liselotte Funcke und Ingrid Matthäus eingebrachten "Thesen der F.D.P. Freie Kirche im Freien Staat." Außerdem faßt er Beschlüsse zur Wettbewerbspolitik, zur Rechtschreibreform, zur Neuordnung der beruflichen Bildung, zum Hochschulrahmengesetz sowie zur Reform der lebenslänglichen Freiheitsstrafe. Als Nachfolger des zum Bundespräsidenten gewählten Walter Scheel wird Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher zum neuen Parteivorsitzenden gewählt. Als Bundesschatzmeister wird Heinz-Herbert Karry gewählt. Er löst den langjährigen Schatzmeister Hans Wolfgang Rubin ab - 1951 bis 1974. Schließlich folgt Martin Bangemann als Generalsekretär dem verstorbenen Karl-Hermann Flach nach. Dem Bundesvorstand gehören nach der Neuwahl an: Vorsitzender Hans-Dietrich Genscher, Stellvertretende Vorsitzende Hans Friderichs, Hildegard Hamm-Brücher und Wolfgang Mischnick, Schatzmeister Heinz-Herbert Karry, Beisitzer Josef Ertl, Liselotte Funcke und Werner Maihofer, Weitere Beisitzer Hermann Ferdinand Arning, Martin Bangemann, Gerhart Baum, William Borm, Heiner Bremer, Ralf Dahrendorf, Ulrich Graf, Rötger Groß, Kurt Jung, Heinz-Herbert Karry, Werner Klumpp, Heinz Krüger, Otto Graf Lambsdorff, Georg Letz, Wolfgang Lüder, Karl Moersch, Hermann Müller, Walter Peters, Horst Ludwig Riemer, Uwe Ronneburger, Helmut Schäfer, Helmut Schnorr, Helga Schuchardt und Kurt Spitzmüller, Generalsekretär Martin Bangemann und Mitglied qua Amt Victor Kirst.
22. Februar 1975
Der Bundeshauptausschuß tagt in Berlin.
27. bis 29. Oktober 1975
Der 26. ordentliche Bundesparteitag findet in der Rheingoldhalle in Mainz statt. Er verabschiedet die "Leitlinien liberaler Europapolitik" sowie die "Perspektiven liberaler Deutschlandpolitik". Außerdem werden die Teile I, II und XI der "Thesen liberaler Kommunalpolitik" beschlossen. Auf dem Parteitag sprechen der Parteivorsitzende Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher ("Kommen Sie zu uns. F.D.P. Die Liberalen."), der stellvertretende Bundesvorsitzende Bundeswirtschaftsminister Hans Friderichs ("Die sozial verpflichtete Marktwirtschaft") sowie der Bundesinnenminister Werner Maihofer ("Die liberale Position in Gesellschafts- und Staatspolitik"). Der Zusatz "Die Liberalen" zum Logo (F.D.P.) wird eingeführt und damit werden aus den Freidemokraten nun auch offiziell Liberale gemacht, ohne den eingeführten Parteinamen zu ändern.
26. März 1976
Die Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE) wird auf Einladung unter anderem von Martin Bangemann in Stuttgart von 14 Parteien aus damals sieben EG-Mitgliedstaaten - darunter die F.D.P. - zunächst als Föderation der Liberalen und Demokratischen Parteien in der Europäischen Gemeinschaft gegründet. Daraus wird im Jahr 1977 die Europäischen Liberalen und Demokraten (ELD) und im Jahr 1986 die Europäischen Liberalen, Demokraten und Reformer (ELDR). Am 30. April 2004 erfolgt die Gründung als offizielle "politische Partei auf europäischer Ebene" unter dem Namen Europäische Liberale, Demokratische und Reformpartei (ELDR). Am 10. November 2012 wird die Partei nach ihrer seit dem Jahr 2004 bestehenden Fraktionsgemeinschaft in ALDE umbenannt. Sie ist als internationale Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht (AISBL) organisiert.
30. und 31. Mai 1976
Der 6. außerordentliche Bundesparteitag findet in der Stadthalle in Freiburg im Breisgau statt. Auf diesem Parteitag verabschiedet die F.D.P. das Programm für die Bundestagswahl am 3. Oktober 1976. Der Parteivorsitzende Hans-Dietrich Genscher hält zur Einführung in den Abschnitt "Außenpolitik" eine Rede unter dem Titel "Für eine Politik des Friedens und der Sicherheit". Anschließend sprechen Werner Maihofer zum Abschnitt "Staatspolitik" unter dem Titel "Die liberale Alternative 1976", Wolfgang Mischnick über "Eine freie Gesellschaft braucht Selbstbestimmung und Vielfalt. Liberale Gesellschaftspolitik schafft Freiheitsräume", Josef Ertl über "Aus liberaler Sicht - Agrarpolitik nützt allen", Hildegard Hamm-Brücher über "Augenmaß für das Mögliche - Stehvermögen für das Nötige" über die Bildungspolitik und Hans Friderichs über "Liberale Wirtschaftspolitik/den Aufschwung in Stabilität sichern".
3. Oktober 1976
Ein neuer Bundestag wird gewählt. Es ist die erste Wahl nach dem Rücktritt von Bundeskanzler Willy Brandt im Mai 1974 und somit die erste Bewährungsprobe für dessen Nachfolger Helmut Schmidt. Die F.D.P. bekommt 7,9 Prozent der Stimmen und zieht mit 40 Abgeordneten in den 8. Deutschen Bundestag ein, der über 518 Abgeordnete verfügt. Die SPD verliert den ersten Platz an die Unionsparteien, doch die sozialliberale Koalition aus SPD und F.D.P. behauptet die absolute Mehrheit und wird fortgesetzt. Die Wahlbeteiligung liegt bei 90,7 Prozent. Für die Unionsparteien tritt der CDU-Vorsitzende und Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz, Helmut Kohl, an. Die SPD zieht unter dem Motto Modell Deutschland in den Wahlkampf, die CDU plakatiert unter anderem "sicher, sozial und frei" und die CSU tritt mit dem polarisierenden Slogan "Freiheit oder Sozialismus" an. Die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters von 21 auf 18 Jahre am 1. Januar 1975 hat zur Folge, daß das Mindestalter für das passive Wahlrecht zum Bundestag von 21 Jahren auf 18 sinkt, nachdem dieses ab dem 1. August 1970 gesetzlich an das Volljährigkeitsalter gekoppelt wurde. Während die F.D.P. für die Fortsetzung der sozialliberalen Koalition wirbt, setzt die Union auf eine Alleinregierung. Helmut Kohl wechselt als Oppositionsführer der CDU/CSU nach Bonn, sein Amt als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz gibt er ab, und zusätzlich zum Parteivorsitz übernimmt er den Vorsitz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Der bisherige Oppositionsführer Karl Carstens wird zunächst neuer Bundestagspräsident und im Jahr 1979 zum Bundespräsidenten gewählt.
19. bis 20. November 1976
Der 27. ordentliche Bundesparteitag findet in der Festhalle auf dem Messegelände in Frankfurt am Main statt. Nach der Bundestagswahl tritt er zusammen, um Rechenschaft abzulegen über die Lage der F.D.P. und ihren Weg in der Zukunft. Zudem ist der Parteitag Anlaß, eine grundsätzliche Besinnung über Funktion und Auftrag der Liberalen in den ausgehenden 1970er Jahren einzuleiten und festzulegen, wie die F.D.P.-Strategie der Eigenständigkeit fortzuschreiben sei. In seiner Parteitagsrede stellt der Vorsitzende Hans-Dietrich Genscher fest, daß die Landesverbände frei in der Wahl des Koalitionspartners seien, also auch mit der auf Bundesebene in der Opposition befindlichen Union koalieren dürften. Allerdings schränkt er die Aussage unter dem Beifall der Delegierten dahingehend ein, daß das Ziel der Koalitionspolitik in den Ländern sein müsse, die Gesetzgebung im Bund zu unterstützen. Auf dem Parteitag treten die tiefe Uneinigkeit der Liberalen und die Stärke ihres linken Flügels zutage. Die F.D.P. Oberbayern und die Jungdemokraten haben einen Antrag zur faktischen Abschaffung des Extremistenbeschlusses eingebracht. Der Bundesvorstand setzt diesem einen eigenen Kompromißantrag entgegen, der mit knapper Mehrheit angenommen wird. Danach sollen nicht mehr die aktive Bekämpfung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, sondern nur noch das nachweisliche Vorgehen gegen deren Kernbestand Hindernis für eine Übernahme in den öffentlichen Dienst sein. Auf dem Parteitag wird ein Papier des Bundesvorstands zur Gesundheitspolitik beraten und verabschiedet. Außerdem wird ein Beschluß über den Bau von Kernkraftwerken gefaßt. Bei der Vorstandswahl wird Hans-Dietrich Genscher mit 322 Ja- zu 25 Nein-Stimmen im Amt bestätigt. Zu einer Kampfkandidatur kommt es bei den stellvertretenden Vorsitzenden. Hier setzt sich Uwe Ronneburger in einer Stichwahl gegen die bisherige Amtsinhaberin Hildegard Hamm-Brücher durch. Dem Bundesvorstand gehören nach der Neuwahl an: Vorsitzender Hans-Dietrich Genscher, Stellvertretende Vorsitzende Hans Friderichs (bis 11/1977), Liselotte Funcke (ab 11/1977), Wolfgang Mischnick und Uwe Ronneburger, Schatzmeister Heinz-Herbert Karry, Beisitzer im Präsidium Josef Ertl, Liselotte Funcke (bis 11/1977), Horst-Jürgen Lahmann (ab 11/1977) und Werner Maihofer, Beisitzer im Bundesvorstand Martin Bangemann, Gerhart Baum, Dieter Biallas, William Borm, Heiner Bremer, Hans A. Engelhard, Georg Gallus, Ekkehard Gries, Rötger Groß, Martin Grüner, Burkhard Hirsch, Detlef Kleinert, Werner Klumpp, Horst-Jürgen Lahmann (bis 11/1977), Otto Graf Lambsdorff, Georg Letz, Wolfgang Lüder, Horst Ludwig Riemer, Hans Wolfgang Rubin, Helmut Schäfer, Theo Schiller, Andreas von Schoeler, Hans-Otto Scholl, Helga Schuchardt und Jürgen Schweinfurth (ab 11/1977).
15. Dezember 1976
Helmut Schmidt wird vom Deutschen Bundestag im ersten Wahlgang mit 250 Stimmen zum Bundeskanzler gewählt. Die absolute Mehrheit liegt bei 249 Stimmen, die sozialliberale Koalition verfügt über 264 Stimmen.
16. Dezember 1976
Die F.D.P. ist im Kabinett Schmidt II mit Hans-Dietrich Genscher als Stellvertreter des Bundeskanzlers ("Vizekanzler") und Bundesminister des Auswärtigen, Werner Maihofer als Bundesminister des Innern, Hans Friderichs als Bundesminister für Wirtschaft und Josef Ertl als Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vertreten und stellt die Parlamentarischen Staatssekretäre Hildegard Hamm-Brücher (Auswärtiges), Gerhart Baum und Andreas von Schoeler (Inneres), Martin Grüner (Wirtschaft) und Georg Gallus (Ernährung, Landwirtschaft und Forsten).
30. April 1977
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bochum.
26. Juni 1977
Der Bundeshauptausschuß tagt in Saarbrücken.
8. September 1977
Bundeswirtschaftsminister Hans Friderichs teilt überraschend mit, daß er im Oktober 1977 in den Vorstand der Dresdner Bank AG eintreten werde. Zu seinem Nachfolger wird am 7. Oktober 1977 der wirtschaftspolitische Sprecher der F.D.P.-Bundestagsfraktion, Otto Graf Lambsdorff, ernannt.
17. September 1977
Der Bundeshauptausschuß tagt in Hamburg.
6. bis 8. November 1977
Der 28. ordentliche Bundesparteitag findet in der Ostseehalle in Kiel statt. Die F.D.P. ist die erste Partei, die mit den "Kieler Thesen" auf das Ende des Wirtschaftswunders programmatisch reagiert: Sind die "Freiburger Thesen" von einer optimistischen Wirtschaftsentwicklung ausgegangen, die gesellschaftliche Reformen begünstige, so haben die Folgen der ersten Ölkrise nach 1973 gezeigt, daß es kein automatisches Wirtschaftswachstum geben werde. In der F.D.P. wurde deshalb über eine "Ergänzung von Freiburg" nachgedacht. Zwei Programm-Kommissionen wurden dafür eingesetzt. Als die Vorlage auf dem Bundesparteitag in Kiel eingebracht wird, handelt es sich formal um ein Kompromißpapier zwischen dem linksliberalen und dem wirtschaftsliberalen Parteiflügel - Freiburger Kreis einerseits, Schaumburger Kreis andererseits. Faktisch spricht sich das Papier jedoch klar für einen Vorrang von Marktmechanismen gegenüber staatlicher Reformpolitik aus. In seiner Einbringungsrede faßt der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Hans Friderichs die Leitgedanken der "Kieler Thesen" zusammen: Ziel sei es nach wie vor, "Freiheitsräume zu erweitern, Chancengleichheit auszubauen und den Wettbewerb der Ideen auszubauen". Grundlegend für eine solche Politik seien "Markt und Wettbewerb". Der anschließenden Debatte liegen zwei unterschiedliche Papiere zugrunde: Aktuelle Perspektiven des sozialen Liberalismus von der Perspektivkommission um Gerhart Baum und Grundzüge liberaler Wirtschaftspolitik von der Wirtschaftskommission um Hans Friderichs. Insgesamt verstehen sich die mit großer Mehrheit verabschiedeten "Kieler Thesen" als eine "Rückbesinnung auf die Soziale Marktwirtschaft". Sie stellen somit ein wichtiges Bindeglied zwischen der in den "Freiburger Thesen" komprimierten reformerischen Aufbruchsstimmung der Zeit um 1970 und der Wende zu einer "neoliberalen" Gesellschaftspolitik der 1980er Jahre dar. Die Partei positioniert sich als Korrektiv zur Wirtschafts- und Sozialpolitik des linken SPD-Flügels.
1978
In diesem Jahr erscheint zum ersten Mal die Parteizeitung "Die Neue Bonner Depesche". Sie wird im Jahr 1990 durch die Zeitung "Die Liberale Depesche" abgelöst.
11. März 1978
Der Bundeshauptausschuß tagt in Frankfurt am Main.
29. April 1978
Der Bundeshauptausschuß tagt in Berlin.
6. Juni 1978
Nachdem Bundesinnenminister Werner Maihofer unter anderem durch die sogenannte Lauschaffäre Traube immer mehr an Rückhalt verloren hat, tritt er von seinem Amt zurück. Zu seinem Nachfolger wird am 8. Juni 1978 der bisherige Parlamentarische Staatssekretär Gerhart Baum ernannt.
24. Juni 1978
Der Bundeshauptausschuß tagt in Augsburg.
12. bis 14. November 1978
Der 29. ordentliche Bundesparteitag findet in der Rheingoldhalle in Mainz statt. Er verabschiedet ein Programm zur Gleichberechtigung. Er faßt Beschlüsse zum sogenannten Schnellen Brüter, zur Energiepolitik, zur Novellierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb, er erhebt Forderungen zum Schutz liberaler Freiheitsrechte bei der Einstellung von Bewerbern für den öffentlichen Dienst und verfaßt Thesen zur Stärkung des freiheitlichen Rechtsstaates. Zum neuen Generalsekretär wird Günter Verheugen gewählt. Dem Bundesvorstand gehören nach der Neuwahl an: Vorsitzender Hans-Dietrich Genscher, Stellvertretende Vorsitzende Liselotte Funcke, Wolfgang Mischnick und Uwe Ronneburger, Schatzmeister Heinz-Herbert Karry, Beisitzer im Präsidium Gerhart Baum, Horst-Jürgen Lahmann und Josef Ertl, Generalsekretär Günter Verheugen, Beisitzer im Bundesvorstand William Borm, Hans A. Engelhard, Georg Gallus, Ekkehard Gries, Martin Grüner, Helmut Haussmann, Burkhard Hirsch, Heinrich Jürgens, Detlef Kleinert, Werner Klumpp, Wolfgang Lüder, Ingrid Matthäus-Maier, Gerhard Moritz Meyer, Jürgen Morlok, Neithart Neitzel, Ursula Redepenning, Horst Ludwig Riemer, Hans Wolfgang Rubin, Helmut Schäfer, Theo Schiller, Andreas von Schoeler, Hans-Otto Scholl, Helga Schuchardt und Jürgen Schweinfurth.
1979
Alexander von Stahl, Delegierter des Berliner F.D.P.-Landesausschusses, gründet gemeinsam mit Hermann Oxfort, Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin, die Liberale Gesellschaft, die sich eine rechtsliberale Erneuerung der F.D.P. zum Ziel setzt.
3. Februar 1979
Die Bundesvertreterversammlung 1979 findet im Aachener Kongreß- und Veranstaltungszentrum Eurogress statt. Es handelt sich um eine Vertreterversammlung zur Aufstellung der Liste zur Europawahl am 10. Juni 1979. Es ist die erste Direktwahl von 78 deutschen Abgeordneten zum Europäischen Parlament. Die Delegierten wählen den früheren Generalsekretär Martin Bangemann zum Spitzenkandidaten. Er erhält 313 von 363 abgegebenen Stimmen. Außerdem wird ein Wahlaufruf zur Europawahl beschlossen. Die Kandidaten 1 bis 15 nach Listenplätzen: Martin Bangemann, Mechthild von Alemann, Heinrich Jürgens, Ulrich Irmer, Kurt Jung, Hermann Kleinstück, Eckhard Schleifenbaum, Gisela Nischelsky, Hanno Jochimsen, Horst-Günter Krenzler, Volker Hucklenbroich, Rudolf Dumont du Voitel, Friedhelm Faber, Walter Hirche und Lieselotte Schweikert.
März 1979
Heinz Fröbel wird zum Regierungspräsidenten des Regierungsbezirks Kassel ernannt. Diese Funktion übt er bis August 1984 aus. Im Hinblick auf die damalige Lage im Zonenrandgebiet setzt er sich vor allem für eine bessere Anbindung Kassels an das Fernstraßen- und Schienennetz ein.
31. März 1979
Der Bundeshauptausschuß tagt in Kiel.
10. Juni 1979
Die F.D.P. erringt bei der Europawahl 6 Prozent der Stimmen und die ersten vier liberalen Abgeordneten von der Kandidatenliste ziehen in das Europaparlament ein. Es ist die erste Direktwahl von 78 deutschen Abgeordneten zum Europäischen Parlament. Zur Wahl treten neun Parteien und Sonstige Politische Vereinigungen an. Die Oppositionsparteien CDU und CSU erreichen zusammen mehr Mandate als die regierende SPD/F.D.P.-Koalition. Mit der Sonstigen Politischen Vereinigung "Die Grünen" tritt erstmals eine grüne Vereinigung bundesweit an; sie scheitert zwar an der Sperrklausel von 5 Prozent, das gute Ergebnis von 3,2 Prozent und die daraus resultierende Parteienfinanzierung von 4,5 Millionen Deutsche Mark führen aber zur Gründung der Partei "Die Grünen" am 13. Januar 1980. Drei weitere deutsche Abgeordnete werden aus West-Berlin entsandt. Aufgrund des speziellen Status des Gebiets werden diese nicht direkt, sondern vom Berliner Abgeordnetenhaus gewählt.
15. bis 17. Juni 1979
Der 30. ordentliche Bundesparteitag findet in der Stadthalle in Bremen statt. Er verabschiedet das Papier "F.D.P. und Umweltschutz", "32 Thesen zur Alterssicherung" sowie Papiere zur Steuervereinfachung, zum liberalen Rechtsstaat und zur Energiepolitik.
30. Juni 1979
Walter Scheel scheidet aus dem Amt des Bundespräsidenten aus. Für eine zweite Amtszeit hatte er sich angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung nicht erneut zur Verfügung gestellt. Nach dem Ende seiner Amtszeit wird er zum Ehrenvorsitzenden der F.D.P. ernannt.
28. November 1979
Richard Wurbs wird als Nachfolger von Liselotte Funcke zum Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages gewählt.
1. Dezember 1979
Der Bundeshauptausschuß tagt in Bonn.
5. bis 6. Juni 1980
Der 7. außerordentliche Bundesparteitag findet in der Stadthalle in Freiburg im Breisgau statt. Auf ihm wird das Programm für die bevorstehende Bundestagswahl am 5. Oktober 1980 unter dem Titel "Unser Land soll auch morgen liberal sein" verabschiedet. Außerdem wird ein Konzept für eine liberale Altenpolitik beschlossen.
5. Oktober 1980
Bei der Bundestagswahl bekommt die F.D.P. 10,6 Prozent der Stimmen und ist damit mit 54 Mandaten im 9. Deutschen Bundestag vertreten, der insgesamt 519 Abgeordnete zählt. Am 24. Mai 1979 gab der damalige bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß bekannt, als Kanzlerkandidat beider Unionsparteien zur Verfügung zu stehen. Die Aufforderung zur Kandidatur sei auch von CDU-Politikern an ihn herangetragen worden, erklärte Strauß. Am 28. Mai 1979 sprach sich der CDU-Bundesvorstand für den niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht aus. Der CDU-Vorsitzende Helmut Kohl hatte zuvor auf eine erneute Kandidatur verzichtet. Die CSU reagierte daraufhin verstimmt und kritisierte die Form der Benennung durch die CDU. Nach wochenlangen öffentlichen Auseinandersetzungen wählte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion am 2. Juli 1979 in geheimer Abstimmung Franz Josef Strauß zum gemeinsamen Kanzlerkandidaten. Danach folgte ein ausgesprochen emotionsgeladener Wahlkampf, der sich sehr schnell auf die Auseinandersetzung zwischen dem amtierenden Kanzler Helmut Schmidt und seinem Herausforderer konzentrierte. Die F.D.P. schloß eine schwarz-gelbe Koalition unter Franz Josef Strauß aus. Für die sozialliberale Koalition wirkte sich das stark polarisierende Bild des Unionskandidaten positiv aus, wobei hiervon insbesondere die F.D.P. profitiert, während die SPD eher stagniert. Die Wahlbeteiligung liegt bei 88,6 Prozent. Auf die Frage, ob er die sozialliberale Koalition auf weitere vier Jahre fortzusetzen gedenke, sagt Hans-Dietrich Genscher in der Bonner Runde: "Ja, man macht’s ja nicht für drei Monate." Im Wahlkampf thematisiert wurden unter anderem die gewalttätigen Proteste bei einem Feierlichen Gelöbnis der Bundeswehr am 6. Mai 1980 in Bremen, welche erhebliche innerparteiliche Konflikte um die Sicherheitspolitik innerhalb der SPD offenlegten. Im sehr hart geführten Wahlkampf selbst kam es ebenfalls in Bremen zu Ausschreitungen bei einer Kundgebung von Franz Josef Strauß. Wenige Tage vor der Wahl wurde zudem ein Anschlag auf das Oktoberfest in München verübt. Die im selben Jahr gegründeten Grünen kandidieren erstmals auf Bundesebene und erhalten 1,5 Prozent.
1. November 1980
Die Jungen Liberalen (JuLis) werden gegründet. Seit Beginn der 1970er Jahre gibt es junge F.D.P.-Mitglieder, die mit der Politik der Jugendorganisation Jungdemokraten (Judos) nicht einverstanden sind. Vor allem ab dem Bundesparteitag im Jahr 1977 und der Verabschiedung der Kieler Thesen entfremdeten sich Judos und F.D.P. zusehends. Während sich die Judos als Teil der Außerparlamentarischen Opposition betrachten, der sich auf dem Marsch durch die Institutionen befindet ("Die F.D.P. ist die Agentur der Kräfte, die wir eigentlich bekämpfen") und den linksliberalen Flügel innerhalb der F.D.P. unterstützen, tendieren die Gründer der JuLis mehr zum wirtschaftsliberalen Flügel. Sie wollen eine neue Nachwuchsorganisation bilden, die der F.D.P. wieder deutlich nähersteht. Erste regionale liberale Jugendorganisationen, die sich von den Judos absetzten, entstanden in Edingen-Neckarhausen (1974), in Bonn (1975), in Starnberg (1975) und in Berlin (1978). Am 21. Januar 1979 gründete sich eine Arbeitsgemeinschaft Junger Liberaler in der F.D.P. in Bonn-Kessenich. Unabhängig davon traf sich am 19./20. April 1980 in Engenhahn eine Gruppe, welche einen Koordinationsausschuß wählte. Die Arbeitsgemeinschaft Junger Liberaler in der F.D.P. war nicht Teil dieses Treffens. Dieser Koordinationsausschuß bündelte die Aktivitäten der verschiedenen Gruppen und verabschiedete einen Gründungsaufruf. Es wurden regionale Gesprächskreise Junger Liberaler gegründet. Erste Landesverbände folgten ab Juni 1980 im Saarland, in Nordrhein-Westfalen, in Niedersachsen und in Hamburg. Der erste Bundeskongreß der Jungen Liberalen findet am 1. und 2. November 1980 in Bonn-Bad Godesberg statt und wird vom Koordinationsausschuß geleitet. Zum ersten Bundesvorsitzenden wird Hans-Joachim Otto aus Frankfurt am Main gewählt. Bereits im Jahr 1981 verabschieden die Jungen Liberalen ein umfangreiches, von Hartmut Knüppel aufgesetztes, Thesenpapier zu einer Ökologischen Marktwirtschaft. Es wird hierin eine Entwicklung von der freien Marktwirtschaft über die Soziale Marktwirtschaft zur Ökologischen Marktwirtschaft aufgezeigt. Für die zu entwickelnde Ökologische Marktwirtschaft wird gefordert, das Verursacherprinzip konsequent anzuwenden, sowie Umweltbelastungen mittels Steuern und Lizenzen zu reduzieren. Darüber hinaus wird postuliert, "die dezentrale Struktur des Ökosystems" sei "in der Ökologischen Marktwirtschaft auch Vorbild für die Struktur des Wirtschaftssystems". "Dezentralisierung und die damit verbundene Einschränkung von Hierarchien" solle in Institutionen aller gesellschaftlicher Bereiche Anwendung finden. Das Konzept der Ökologischen Marktwirtschaft wird in den Folgejahren zu einem Markenzeichen der Jungen Liberalen.
5. November 1980
Helmut Schmidt wird vom Deutschen Bundestag im ersten Wahlgang mit 266 Stimmen zum Bundeskanzler gewählt. Die absolute Mehrheit liegt bei 249 Stimmen, die sozialliberale Koalition verfügt über 282 Stimmen.
6. November 1980
Die F.D.P. ist im Kabinett Schmidt III mit Hans-Dietrich Genscher als Stellvertreter des Bundeskanzlers ("Vizekanzler") und Bundesminister des Auswärtigen, Gerhart Baum als Bundesminister des Innern, Otto Graf Lambsdorff als Bundesminister für Wirtschaft und Josef Ertl als Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vertreten und stellt die Parlamentarischen Staatssekretäre Hildegard Hamm-Brücher (Auswärtiges), Andreas von Schoeler (Inneres), Martin Grüner (Wirtschaft) und Georg Gallus (Ernährung, Landwirtschaft und Forsten).
5. bis 6. Dezember 1980
Der 31. ordentliche Bundesparteitag findet in der Bayernhalle in München statt. Er verabschiedet Papiere bzw. faßt Beschlüsse zu den Themen "Bundeswehr und Gesellschaft", Friedens- und Entspannungspolitik, Arbeit der Eurobeauftragten, politische Entwicklung in Südkorea, Energiepolitik, Reform der Kraftfahrzeugsteuer, Aufhebung des § 175 Strafgesetzbuch, Wiedergutmachung von NS-Unrecht, Antidiskriminierungsgesetz und Katastrophenschutz. Der Bundesparteitag fordert die Bundestagsfraktion auf, unverzüglich geeignete Initiativen zur Aufhebung des § 175 StGB zu ergreifen. Die Bundestagsfraktion wird aufgefordert, Initiativen zu ergreifen, damit auch jene Verfolgten des NS-Regimes, die bis 1980 keine Wiedergutmachung erhielten - insbesondere Homosexuelle, Kommunisten sowie Roma und Sinti - eine Entschädigung entsprechend dem Bundesentschädigungsgesetz erhalten. Dabei sollen auch die Opfer medizinischer Experimente in NS-Konzentrationslagern verstärkt berücksichtigt werden. Der Bundesparteitag fordert Verhandlungen mit dem Koalitionspartner SPD über die Einbringung eines Antidiskriminierungsgesetzes entsprechend dem Wahlprogramm und spricht sich darüber hinaus dafür aus, sich erforderlichenfalls die Einbringung eines eigenen Gesetzentwurfes vorzubehalten. In einem Beschluß spricht sich die F.D.P. für eine Offenlegung der Katastrophenschutzpläne für Kernkraftwerksunfälle aus und fordert in diesem Zusammenhang, Katastrophenschutzübungen mit der betroffenen Bevölkerung durchzuführen. So müsse eine Evakuierungsübung alle fünf Jahre durchgeführt werden. In einem Grundsatzbeschluß zum Verhältnis der Bundeswehr in der Zivilgesellschaft wird formuliert: "Die Bundeswehr dient dem Frieden. Ohne den Verteidigungswillen und die Verteidigungsfähigkeit unseres Volkes können wir keine aktive Friedenspolitik betreiben." Dem Bundesvorstand gehören nach der Neuwahl an: Vorsitzender Hans-Dietrich Genscher, Stellvertretende Vorsitzende Liselotte Funcke, Wolfgang Mischnick und Uwe Ronneburger, Schatzmeister Heinz-Herbert Karry, Beisitzer im Präsidium Gerhart Baum, Horst-Jürgen Lahmann und Jürgen Morlok, Mitglieder qua Amt Josef Ertl und Otto Graf Lambsdorff, Beisitzer im Bundesvorstand William Borm, Klaus Brunnstein, Hinrich Enderlein, Hans A. Engelhard, Georg Gallus, Ekkehard Gries, Martin Grüner, Helmut Haussmann, Burkhard Hirsch, Heinrich Jürgens, Detlef Kleinert, Jürgen Koppelin, Karl-Hans Laermann, Wolfgang Lüder, Ingrid Matthäus-Maier, Gerhard Moritz Meyer, Jürgen Möllemann, Ursel Redepenning, Manfred Richter, Helmut Schäfer, Andreas von Schoeler, Hans-Otto Scholl, Helga Schuchardt und Christoph Strässer.
11. Mai 1981
Bundesschatzmeister Heinz-Herbert Karry, seit dem 17. Dezember 1970 Hessischer Minister für Wirtschaft und Technik und seit dem 11. April 1972 Stellvertreter des Hessischen Ministerpräsidenten, wird in seinem Bungalow in der Hofhausstraße im Frankfurter Stadtteil Seckbach im Schlaf angeschossen. Die Verletzungen führen nach einer halben Stunde zum Tod. Zwei Wochen später taucht ein Bekennerschreiben der Revolutionären Zellen auf: "Geplant war, durch mehrere Schüsse in seine Beine dafür zu sorgen, daß er länger das Bett hüten muß". Die Tat ist bis heute nicht aufgeklärt, die Täterschaft der Revolutionären Zellen wurde nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Der damalige Generalbundesanwalt Kurt Rebmann erklärte, daß er aufgrund der Beweislage die Täterschaft der Revolutionären Zellen als die wahrscheinlichste ansehe. Karry ist damit der erste Minister der deutschen Nachkriegsgeschichte, der einem Attentat zum Opfer fällt. Nach einem Staatsakt in der Frankfurter Paulskirche zieht eine Trauergemeinde von mehreren tausend Menschen in einem Schweigemarsch durch die Frankfurter Innenstadt.
29. bis 31. Mai 1981
Der 32. ordentliche Bundesparteitag findet in der Halle 8 der Koelnmesse statt. Der Bundesvorstand bringt zum Bundesparteitag einen Antrag zu "Umweltpolitik für die 80er Jahre - Ökologisches Aktionsprogramm" und die "Liberalen Thesen zur Bekämpfung von Drogensucht und Drogenkriminalität - Anti-Drogenprogramm der F.D.P." ein. Die Einbringungsreden halten Bundesinnenminister Gerhart Baum (Umwelt) und Staatssekretär Andreas von Schoeler (Drogen). Der Parteitag verabschiedet darüber hinaus Papiere zur "Politik für Frieden und Sicherheit", zur Fortführung einer friedenssichernden Entwicklungspolitik, zur Außenpolitik, zur Europapolitik und faßt einen Tendenzbeschluß "Global 2000". Aufgrund der Ermordung von Heinz-Herbert Karry, der auf dem 31. ordentlichen Bundesparteitag 1980 in München wieder zum Bundesschatzmeister gewählt worden war, wird die Nachwahl eines Bundesschatzmeisters als neuer Tagesordnungspunkt aufgenommen. Zum neuen Bundesschatzmeister wird Richard Wurbs gewählt. Als Gäste nehmen unter anderem der Verbandsfunktionär Fritz-Heinz Himmelreich, der Publizist Ralf Dahrendorf (F.D.P.), der Unternehmer Hans Langemann, der Kölner Regierungspräsident Franz-Josef Antwerpes, der Bundesärztekammerpräsident Karsten Vilmar, der Publizist und Historiker Wolfgang Leonhard, der niederländische Botschafter Diederik van Lynden und der deutsche Botschafter Rüdiger von Wechmar (F.D.P.) teil.
24. Oktober 1981
Der Bundeshauptausschuß tagt in Mainz.
5. Februar 1982
Der Deutsche Bundestag stimmt über die Vertrauensfrage von Bundeskanzler Helmut Schmidt ab. Dabei sprechen ihm 269 Abgeordnete das Vertrauen aus. Die absolute Mehrheit liegt bei 249 Stimmen, SPD und F.D.P. verfügen über 282 Stimmen. Bereits am Ende der 1970er Jahre schienen die Übereinstimmungen zwischen F.D.P. und SPD nicht mehr für eine Koalition ausreichend zu sein, aber die beiderseits abgelehnte Kanzlerkandidatur von Franz Josef Strauß für die CDU/CSU bei der Bundestagswahl im Jahr 1980 schweißte SPD und F.D.P. nochmal zusammen. Die sozialliberale Koalition wurde schließlich nochmal bestätigt, auch wegen eines starken Wahlergebnisses der F.D.P. (10,6 Prozent). Die F.D.P. sah jedoch immer mehr die Differenzen zur SPD, vor allem in der Wirtschaftspolitik. In der Haltung zur Frage des NATO-Doppelbeschlusses hatte Kanzler Schmidt seine eigene SPD immer weniger hinter sich. So lehnt unter anderem der damalige SPD-Parteivorsitzende Willy Brandt die Politik ab, die zum NATO-Doppelbeschluß geführt hat. Wortführer der innerparteilichen Opposition sind Erhard Eppler und Oskar Lafontaine. Auch wurden Widersprüche innerhalb der F.D.P. immer größer. Schon bald nach der Regierungsbildung zeigten sich die Risse der beiden Koalitionspartner immer deutlicher. Am 20. August 1981 forderte Parteichef Hans-Dietrich Genscher in einem Brief an die Mitglieder eine Wende und indirekt die SPD zu einem notwendigen Politikwechsel auf. Der Text wurde als Aufforderung zum Koalitionsbruch verstanden ("Wendebrief"). Zu dieser Zeit traf sich Hans-Dietrich Genscher auch zu geheimen Gesprächen mit dem CDU-Vorsitzenden Helmut Kohl. Nach Angaben des damaligen CDU-Generalsekretärs Heiner Geißler finden in den Jahren 1981 und 1982 immer wieder Gespräche zwischen CDU und F.D.P. statt, um die F.D.P. zu einem Koalitionswechsel zu bewegen. Helga Schuchardt lädt gemeinsam mit Theo Schiller ab Ende 1981 zum "Sylter Kreis" ein, der sich zu den sozialliberalen Freiburger Thesen bekennt und die von Otto Graf Lambsdorff und Hans-Dietrich Genscher verfolgte Rechtswende der Partei ablehnt.
9. September 1982
Bis zum Sommer verschärften sich die Streitigkeiten innerhalb der SPD, vor allem über den NATO-Doppelbeschluß, der eine weitere Stationierung von Atomwaffen in Deutschland bedeutet, und die Differenzen im Bereich der Wirtschaftspolitik mit der F.D.P. Ein SPD-Bundesparteitag hatte sich im Frühjahr 1982 für Steuererhöhungen ausgesprochen, die jedoch von der F.D.P. abgelehnt werden. Bundeswirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff stellt Bundeskanzler Helmut Schmidt in einem Schreiben das "Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit" (Lambsdorff- oder Wendepapier) vor, das er auf dessen Bitte hin verfaßt hat und in dem er sich vielen wirtschaftspolitischen Forderungen der CDU/CSU anschließt. Die SPD und Bundeskanzler Helmut Schmidt fassen dieses Konzept als "Scheidungspapier" auf ("Manifest der Sezession"). Das Konzept wurde im Bundeswirtschaftsministerium unter Leitung des Ministers Lambsdorff und der Mitarbeit seines Staatssekretärs Otto Schlecht sowie des damaligen Leiters der Abteilung Wirtschaftspolitik, Hans Tietmeyer, ausgearbeitet.
17. September 1982
Der Konflikt über den Bundeshaushalt für das Jahr 1983 führt dazu, daß Bundeskanzler Helmut Schmidt in einer Rede vor dem Deutschen Bundestag erklärt, daß er das politische Vertrauen in seinen Koalitionspartner F.D.P. verloren habe, und die Opposition auffordert, das konstruktive Mißtrauensvotum zu stellen. Da Schmidt seinen Koalitionspartner vorab über den Inhalt seiner Rede informiert hat, teilt ihm Hans-Dietrich Genscher mit, daß er und die anderen drei "F.D.P.-Bundesminister" noch im Laufe des Tages zurücktreten werden. Sie kommen damit einer Entlassung durch Bundeskanzler Schmidt knapp zuvor. Dieser führt zunächst eine SPD-Minderheitsregierung weiter; die F.D.P. tritt in Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU ein.
26. September 1982
Die F.D.P. fällt in den Landtagswahlen in Hessen von 6,6 Prozent auf 3,1 Prozent ab und scheitert damit erstmals seit dem Jahr 1946 an der Fünf-Prozent-Hürde. Die CDU erreicht 52 von 110 Mandaten, also keine (von vielen erwartete) absolute Mehrheit der Mandate. Die SPD erhält 49 Mandate und die Grünen 9 Mandate; Holger Börner bildet die erste rot-grüne Koalition in einem Bundesland.
1. Oktober 1982
Die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und F.D.P. führen zu einem konstruktiven Mißtrauensvotum, mit dem der Regierung von Helmut Schmidt das Mißtrauen ausgesprochen und Helmut Kohl zum Bundeskanzler gewählt wird. Er erhält 256 von 279 möglichen Stimmen der neuen Koalition und damit sieben Stimmen mehr als für seine Wahl erforderlich. Dieses Datum wird später als Tag der (Bonner) "Wende" betrachtet. Bundeskanzler Schmidt eröffnet die Bundestagsdebatte und greift den F.D.P.-Vorsitzenden Hans-Dietrich Genscher scharf an: "Ihre Handlungsweise ist zwar legal, aber sie hat keine innere, keine moralische Rechtfertigung." Nach Schmidt redet Rainer Barzel (CDU), der selbst zehn Jahre zuvor das konstruktive Mißtrauensvotum verloren hatte und nun den vorliegenden Mißtrauensantrag begründet. Er kritisiert Schmidt ebenfalls scharf und wirft der SPD vor, ihren eigenen Bundeskanzler verraten zu haben. Der F.D.P.-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Mischnick sagt, Schmidt selbst habe die Koalition beendet; er sei enttäuscht, daß der Bundeskanzler seine eigene Handlungsweise als Verrat der F.D.P. 'verkauft' habe. Der bisherige Bundesinnenminister Gerhart Baum kritisiert in seiner Rede die Art des Koalitionswechsels und spricht Bundeskanzler Schmidt nicht sein Mißtrauen aus. In einer persönlichen Erklärung zur Abstimmung erklärt die F.D.P.-Abgeordnete Hildegard Hamm-Brücher, mit dem konstruktiven Mißtrauensvotum werde die "moralisch-sittliche Integrität" von Machtwechseln beschädigt, woraufhin der CDU-Generalsekretär Heiner Geißler scharf protestiert und ausruft, daß ein verfassungsmäßiges Verfahren "niemals unmoralisch" sein könne. Innerhalb der F.D.P. gibt es heftige Auseinandersetzungen, so verliert sie über 20 Prozent ihrer 86.500 Mitglieder. Einige ihrer Abgeordneten, die dem Wechsel ablehnend gegenüberstehen, unter ihnen Generalsekretär Günter Verheugen, Ingrid Matthäus-Maier und Andreas von Schoeler, treten bis Ende des Jahres aus der F.D.P. aus und in die SPD ein. Helga Schuchardt erwägt, mit diesen gemeinsam der SPD beizutreten, entscheidet sich dann jedoch, parteilos zu bleiben. Auch Friedrich Hölscher bleibt parteilos. Die Gründung einer neuen, linksliberalen Partei lehnt sie aufgrund der "Gefahr des Sektierertums" ab. In der SPD wird der Koalitionswechsel der F.D.P. als "Verrat" bezeichnet. Wegen seiner Rolle als "Zünglein an der Waage" sowie gleichzeitig in Anspielung an seine großen Ohren, die an die Zeichentrickfigur Wendelin erinnern, bekommt Hans-Dietrich Genscher den Spitznamen Wendelin.
4. Oktober 1982
Die F.D.P. ist im Kabinett Kohl I mit Hans-Dietrich Genscher als Stellvertreter des Bundeskanzlers ("Vizekanzler") und Bundesminister des Auswärtigen, Hans A. Engelhard als Bundesminister der Justiz, Otto Graf Lambsdorff als Bundesminister für Wirtschaft und Josef Ertl als Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vertreten und stellt die Parlamentarischen Staatssekretäre Jürgen Möllemann (Auswärtiges), Martin Grüner (Wirtschaft), Georg Gallus (Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) und Kurt Jung (Verteidigung).
10. Oktober 1982
Die F.D.P. muß auch nach den Landtagswahlen in Bayern zum zweiten Mal seit dem Jahr 1946 den Landtag verlassen (Absturz von 6,2 Prozent auf 3,5 Prozent).
5. bis 7. November 1982
Der 33. ordentliche Bundesparteitag findet im Internationalen Congress-Centrum (ICC) in West-Berlin statt. Der Parteitag findet fünf Wochen nach der "Wende" und dem Ende der sozialliberalen Koalition unter Bundeskanzler Helmut Schmidt sowie der Bildung der ersten Bundesregierung unter Helmut Kohl statt. Aufgrund der notwendigen Terminierung im ICC war der Termin per Umlaufbeschluß des Bundesvorstands bereits zwischen dem 29. August und dem 15. September 1979 festgelegt worden. Im Vorfeld hatten die Landesverbände Berlin, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein einen außerordentlichen Bundesparteitag beantragt, der am 16. Oktober 1982 in Düsseldorf stattfinden sollte. Dieser wurde nach Rückzug der Anträge am 4. Oktober 1982 abgesagt. Führende Linksliberale setzen auf eine "Rückbesinnung" in der F.D.P., die allerdings gründlich mißlingt: Die "Wende" zur CDU/CSU wird nach erbitterten Diskussionen mehrheitlich anerkannt. Der Parteitag verabschiedet ein Papier "Wir wollen Europa - jetzt!" sowie Thesen zum Strafvollzug. Er faßt Beschlüsse zum Genscher-Colombo-Plan für eine "Europäische Akte", zum Berliner Manifest der Liberalen, zur Jugendarbeit und zum Koalitionswechsel von der SPD zur CDU/CSU. Auf dem Parteitag tritt Uwe Ronneburger bei der Wahl des Bundesvorsitzenden als Gegenkandidat von Hans-Dietrich Genscher an und unterliegt mit 169 zu 222 Stimmen. Zur neuen Generalsekretärin wird Irmgard Adam-Schwaetzer gewählt. Aufgrund des ZDF-Staatsvertrags wird auch der F.D.P.-Vertreter im ZDF-Fernsehrat von den Delegierten gewählt. Unter dem Tagesordnungspunkt "Wahlen ZDF-Fernsehrat" wird die neue Generalsekretärin für dieses Amt gekürt. Dem Bundesvorstand gehören nach der Neuwahl an: Vorsitzender Hans-Dietrich Genscher, Stellvertretender Vorsitzende Wolfgang Mischnick, Jürgen Morlok und Gerhart Baum, Schatzmeister Richard Wurbs, Beisitzer im Präsidium Horst-Jürgen Lahmann, Otto Graf Lambsdorff und Werner Klumpp, Generalsekretärin Irmgard Adam-Schwaetzer, Mitglieder qua Amt Martin Bangemann und Hans-Günter Hoppe, 1. Abteilung Beisitzer im Bundesvorstand Uwe Ronneburger, Burkhard Hirsch, Hinrich Enderlein, Heinrich Jürgens, Manfred Brunner, Walter Rasch, Hans-Günther Heinz, Ekkehard Gries, Klaus Brunnstein, Hans-Joachim Otto, Walter Henn und Manfred Richter, 2. Abteilung Beisitzer im Bundesvorstand Lieselotte Funcke, Ursel Redepenning, Andreas von Schoeler, Wolf-Dieter Zumpfort, Rolf Bialas, Martin Grüner, Detlef Kleinert, Karl-Hans Laermann, Walter Hirche, Wolfgang Lüder, Jürgen Möllemann und Georg Gallus, Gäste Josef Ertl und Hans A. Engelhard. Zur Presseberichterstattung haben sich zu diesem Parteitag mehr als 500 Vertreter angemeldet. Zu Beginn des Parteitags spricht der Regierende Bürgermeister von Berlin Richard von Weizsäcker (CDU) ein Grußwort zu den Delegierten. Während des Parteitags erklären mehrere Delegierte (unter anderem Michael Staak, Renate Besser, Gerd Frickenhelm und Roland Appel) ihren Austritt aus der Partei.
27. November 1982
Das Ende der sozialliberalen Koalition und die gescheiterte "Rückbesinnung" war für die Jungdemokraten das Signal: Die Bundeskonferenz beschließt einstimmig die Trennung von der F.D.P. - durch Streichung der F.D.P. als parlamentarischen Ansprechpartner aus der eigenen Satzung. Im Jahr 1987 werden sie beschließen, die Grünen als parlamentarischen Ansprechpartner zu betrachten. Auch der Liberale Hochschulverband (LHV) trennt sich von der F.D.P. Im Jahr 1985 nennt sich der Verband in Radikaldemokratische Studentengruppen - Jungdemokraten an der Hochschule (RSG - Jungdemokraten) um. Hauptargument hierfür ist, daß der bisherige Name aufgrund seiner F.D.P.-Assoziation eher abschreckend auf die eigene Wählerklientel wirke.
28. November 1982
In Bochum gründen aus der F.D.P. ausgetretene Gegner der "Wende" die Partei "Liberale Demokraten" (LD). William Borm beteiligt sich an dieser Gründung und wird zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Im Jahr 1993 wird ihm postum dieser Titel aberkannt, als seine früheren Verbindungen zum Ministerium für Staatssicherheit der DDR bekannt werden.
19. Dezember 1982
In Hamburg geht der Stimmenanteil der F.D.P. bei den Bürgerschaftswahlen von 4,9 Prozent auf 2,6 Prozent zurück. Ähnliche Stimmverluste gibt es bei den Wahlen in Rheinland-Pfalz am 6. März 1983 (von 6,4 Prozent auf 3,5 Prozent) und in Schleswig-Holstein am 13. März 1983 (von 5,7 Prozent auf 2,2 Prozent). Viele ehemalige F.D.P.-Wähler empfinden den Koalitionsbruch offensichtlich - wie die SPD - als Verrat und "bestrafen" die F.D.P. dafür auf Landesebene.
17. Dezember 1982
Obwohl die Redner der neuen Regierungsparteien in der Aussprache zum konstruktiven Mißtrauensvotum betont hatten, auf diese Weise auf eine Neuwahl verzichten zu wollen, verständigen sich CDU/CSU und F.D.P. kurz darauf aufgrund der guten Umfragen für die Union und trotz der desaströsen Umfragen für die F.D.P. auf die Durchführung von vorgezogenen Neuwahlen; Kohl wollte den Regierungswechsel möglichst bald vom Wähler bestätigen lassen. Um Neuwahlen zu erreichen, stellt er im Bundestag die Vertrauensfrage. Durch Stimmenthaltung der meisten Abgeordneten der Regierungskoalition wird ein negatives Ergebnis erzielt. Noch am selben Tag schlägt Kohl dem Bundespräsidenten Karl Carstens vor, den Deutschen Bundestag aufzulösen.
7. Januar 1983
Bundespräsidenten Karl Carstens löst den Bundestag auf und legt als Termin für Neuwahlen den 6. März 1983 fest. Die Klage einiger Bundestagsabgeordneter wegen Mißbrauchs der Vertrauensfrage wird vom Bundesverfassungsgericht am 16. Februar 1983 abgewiesen.
29. und 30. Januar 1983
Der 8. außerordentliche Bundesparteitag findet in der Stadthalle in Freiburg im Breisgau statt. Auf diesem Parteitag unter dem Motto "Freiheit braucht Mut. Deutschland braucht F.D.P. die Liberalen" verabschiedet die F.D.P. ihre "Wahlaussage" für die Bundestagswahl am 6. März 1983. Diese enthält folgende Abschnitte: die liberalen Positionen, Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik, Friedenspolitik, Gesellschafts-, Innen- und Rechtspolitik, Umweltpolitik, weitere Aufgaben der Zukunft. Zur Bundestagswahl wird eine Koalitionsaussage verabschiedet: "Die Freie Demokratische Partei erklärt ihren Willen zur Fortsetzung der Koalition mit der CDU/CSU für die nächste Legislaturperiode. Sie ist entschlossen, diese Koalition unter Verwirklichung eines Höchstmaßes an liberaler Politik zu einem Erfolg für unser Land zu machen unter der Voraussetzung, daß die CDU/CSU nicht die absolute Mehrheit erreicht". Da Andreas von Schoeler, der auf dem Bundesparteitag im November 1982 in den Bundesvorstand gewählt worden war, die F.D.P. verlassen hat, erfolgt eine Nachwahl für den Vorstand. Gewählt wird Wolfgang Gerhardt, der kurz vorher zum Vorsitzenden der F.D.P. Hessen gewählt worden war. Nach der Trennung der Jungdemokraten von der F.D.P. werden in einem Beschluß zur Jugendarbeit die Jungen Liberalen (JuLIs) von der F.D.P. anerkannt. Der Antrag erhält bei 361 abgegebenen Stimmen mit 263 Ja-Stimmen, 92 Nein-Stimmen, 3 Enthaltungen (3 Stimmen waren ungültig) eine deutliche Mehrheit. Im Rahmen einer Satzungsänderung werden die Jungdemokraten aus der Satzung gestrichen, allerdings die Jungen Liberalen nicht namentlich als Jugendorganisation erwähnt. Die Satzungsänderung wird mit dem notwendigen Quorum beschlossen.
6. März 1983
Bei der zweiten vorgezogenen Bundestagswahl erhält die F.D.P. 7 Prozent der Stimmen und zieht mit 35 Mandaten von insgesamt 520 Mandaten in den 10. Deutschen Bundestag ein. Dies ist mit Blick auf den Koalitionswechsel und die vorangegangenen Landtagswahlen nicht selbstverständlich. Vor der Wahl war spekuliert worden, ob die F.D.P. an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern würde. Nachdem Altbundeskanzler Helmut Schmidt auf eine erneute Kandidatur verzichtet hatte, wurde der ehemalige Bundesjustizminister Hans-Jochen Vogel als Kanzlerkandidat der SPD aufgestellt. Für die CDU/CSU trat, zum zweiten Mal nach 1976, Helmut Kohl als Kanzlerkandidat an. Die schwarz-gelbe Koalition bekommt für die nächsten vier Jahre eine klare Mehrheit. Mit den Grünen zieht - zum ersten Mal seit dem Jahr 1953 mit dem Gesamtdeutschen Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (GB/BHE) - eine vierte Fraktion in den Bundestag ein. Die Union erreicht ihr zweitbestes Ergebnis aller Zeiten, allerdings nicht die von ihr erhoffte absolute Mehrheit, die SPD ihr schlechtestes Ergebnis seit dem Jahr 1961. Zugleich kann die Union so viele Direktmandate wie zuletzt im Jahr 1957 erringen, die SPD halbiert fast ihre Direktmandate und erringt so wenige wie zuletzt im Jahr 1957.
29. März 1983
Helmut Kohl wird vom Deutschen Bundestag im ersten Wahlgang mit 271 Stimmen gewählt. Die absolute Mehrheit liegt bei 250 Stimmen; die schwarz-gelbe Koalition verfügt über 290 Stimmen.
30. März 1983
Im Kabinett Kohl II ist die F.D.P. mit Hans-Dietrich Genscher als Stellvertreter des Bundeskanzlers ("Vizekanzler") und Bundesminister des Auswärtigen, Hans A. Engelhard als Bundesminister der Justiz und Otto Graf Lambsdorff als Bundesminister für Wirtschaft vertreten und stellt die Parlamentarischen Staatssekretäre Jürgen W. Möllemann (Auswärtiges), Martin Grüner (Wirtschaft) und Georg Gallus (Ernährung, Landwirtschaft und Forsten).
8. Oktober 1983
Der Bundeshauptausschuß tagt auf dem Hambacher Schloß in Neustadt an der Weinstraße.
18. bis 20. November 1983
Der 34. ordentliche Bundesparteitag findet in der Schwarzwaldhalle in Karlsruhe statt. Er faßt Beschlüsse zum Abkommen von Lomé III, zu Lieferbindungen für Entwicklungsländer, zum Wehrsold, zur Freilassung von Andrei Sacharow, zur EG-Stahlpolitik, zum Datenschutz und zum fälschungssicheren Personalausweis, zum Demonstrationsstrafrecht, zum Ausländer- und Asylrecht, zur Überwindung der Ausländerfeindlichkeit und zukünftigen Gestaltung des Ausländerrechts und zur Verwendung von Flüssiggas in öffentlichen Fuhrparks. Er verabschiedet ein Papier zum Thema "Rettet den Wald - jetzt!". Ein inhaltlicher Schwerpunkt liegt in der Außen- und Sicherheitspolitik. Dazu liegt ein Antrag des Bundesvorstands mit der Überschrift "Friedens- und Sicherheitspolitik für die 80er Jahre" vor, der mit Änderungen angenommen wird. Der Beschluß besteht aus sieben Thesen: Sicherheitspolitik stellt für Liberale aktive Friedenspolitik dar, Sicherheitspolitik folgt nach liberalem Verständnis dem Wunsch des Menschen nach Schutz ihrer persönlichen Freiheit und Selbstbestimmung, Sicherheitspolitik umfaßt immer auch eine entschlossene Verteidigungspolitik, mit der die Gewaltanwendung ausdrücklich auf die staatliche Notwehr begrenzt wird, Bekenntnis zu einer europäischen Friedensordnung mit der Selbstbestimmung der Völker, Richtschnur der liberalen Außenpolitik sind die bestehenden Verträge unter anderem mit der UdSSR, dem Grundlagenvertrag mit der DDR und der Schlußakte von Helsinki, Bekenntnis zur Mitgliedschaft im atlantischen Bündnis, Europäische Interessen müssen besser durchgesetzt werden und der wachsenden weltpolitischen Bedeutung der EG entsprechen. Darüber hinaus werden 14 Forderungen formuliert, unter anderem ein weltweites und überprüfbares Verbot aller Atomwaffentests, einen schrittweisen beiderseitigen Abzug aller nuklearen Kurzstreckensysteme und die Bekräftigung der Wehrpflicht.
2. Dezember 1983
Im Zuge der sogenannten Flick-Affäre hebt der Bundestag auf Ersuchen der ermittelnden Bonner Staatsanwaltschaft die Immunität des Bundeswirtschaftsministers Otto Graf Lambsdorff auf, der dann, als die Anklage zugelassen wird, am 27. Juni 1984 zurücktritt. Sein Nachfolger wird der bisherige Vorsitzende der Liberalen und Demokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, Martin Bangemann. Der Prozeß vor dem Landgericht Bonn zieht sich rund anderthalb Jahre hin. Am 16. Februar 1987 wird Lambsdorff gemeinsam mit dem Flick-Manager Eberhard von Brauchitsch sowie dem vormaligen Bundeswirtschaftsminister Hans Friderichs wegen Steuerhinterziehung rechtskräftig verurteilt. Lambsdorff erhält eine Geldstrafe in Höhe von 180.000 Deutsche Mark. Vom Vorwurf der Bestechung bzw. Bestechlichkeit spricht das Gericht die Angeklagten mangels Beweisen frei. Vom Bundeswirtschaftsministerium werden ihm 515.000 Deutsche Mark zur Deckung seiner Anwaltskosten zugesprochen. Im Laufe der Aufklärung der Affäre zeigte sich, daß sich CDU, CSU, SPD und F.D.P. über die geltenden Bestimmungen des Parteiengesetzes hinweggesetzt haben. In der gesellschaftlichen Debatte zu diesen Vorgängen zeigen sich allerdings Unterschiede in der Bewertung: So zeigen führende Repräsentanten der politischen Parteien wenig Unrechtsbewußtsein und machen geltend, wie schwierig die Parteienfinanzierung sei und daß es sich allenfalls um ein Kavaliersdelikt handle - eine Haltung, aus der zwischen 1981 und 1984 mehrere Versuche resultierten, per Gesetz eine Amnestie durchzusetzen, die jedoch am Widerstand der Presse und der Basis der einzelnen Parteien scheitern, auch der Basis der F.D.P.
21. Januar 1984
Die Bundesvertreterversammlung 1984 findet in Leverkusen statt. Es handelt sich um eine Vertreterversammlung zur Aufstellung der Liste zur Europawahl am 17. Juni 1984. Als Spitzenkandidat wird - wie bereits im Jahr 1979 - der Vorsitzende der Liberalen und Demokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, Martin Bangemann, nominiert. Zuvor war auf dem Kongreß der Europäischen Liberalen und Demokraten in München vom 9. bis 11. Dezember 1983 das "Programm für Europa" beschlossen worden. Die Kandidaten 1 bis 13 nach Listenplätzen: Martin Bangemann (Baden-Württemberg), Mechthild von Alemann (Nordrhein-Westfalen), Heinrich Jürgens (Niedersachsen), Ulrich Irmer (Bayern), Hermann Kleinstück (Hessen), Rainer Funke (Hamburg), Jürgen Hacker (Junge Liberale), Peter Comperl (Saarland), Peter Scholtysik (Schleswig-Holstein), Astolf Tomasek (Bremen), Rainer Koehnen (Rheinland-Pfalz), Sabine Nehls (Berlin) und Hans C. Taschner (Auslandsgruppe Europa).
1. bis 3. Juni 1984
Der 35. ordentliche Bundesparteitag findet in der Halle Münsterland in Münster statt. Er verabschiedet zehn Thesen zur europäischen Einigung sowie Papiere zur Beschäftigungspolitik für das nächste Jahrzehnt, zur Überschreitung des Streikrechts, zur Umweltpolitik, zur Amnestie, zum Kraftwerk Buschhaus, zur Diätenerhöhung, zum Friedensnobelpreisträger Andrei Sacharow, zum Arbeitsplatzvermittlungsmonopol und zur Programmarbeit. Der Parteivorsitzende Hans-Dietrich Genscher kündigt seinen Rücktritt für das Jahr 1986 an. Dem Bundesvorstand gehören nach der Neuwahl an: Vorsitzender Hans-Dietrich Genscher, Stellvertretende Vorsitzende Gerhart Baum, Wolfgang Mischnick und Jürgen Morlok, Generalsekretär Helmut Haussmann, Schatzmeisterin Irmgard Adam-Schwaetzer, Beisitzer im Präsidium Manfred Brunner, Walter Hirche und Otto Graf Lambsdorff, Beisitzer im Bundesvorstand Mechthild von Alemann, Rainer Brüderle, Hinrich Enderlein, Liselotte Funcke, Georg Gallus, Wolfgang Gerhardt, Martin Grüner, Hildegard Hamm-Brücher, Burkhard Hirsch, Heinrich Jürgens, Ulrich Irmer, Detlef Kleinert, Werner Klumpp, Karl-Hans Laermann, Wolfgang Lüder, Jürgen Möllemann, Peter-Heinz Müller-Link, Walter Ostendorff, Hans-Joachim Otto, Walter Rasch, Uwe Ronneburger, Rudolf Widmann, Wolf-Dieter Zumpfort und Werner Zywietz sowie Ständige Vertreter Martin Bangemann und Hans-Günter Hoppe.
17. Juni 1984
Bei der Europawahl scheitert die F.D.P. mit 4,8 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde. Es ist die zweite Direktwahl von 78 deutschen Abgeordneten zum Europäischen Parlament. Zur Wahl treten 14 Parteien und Sonstige Politische Vereinigungen an. Drei weitere deutsche Abgeordnete werden aus West-Berlin entsandt. Aufgrund des speziellen Status des Gebiets werden diese nicht direkt, sondern vom Berliner Abgeordnetenhaus gewählt.
17. November 1984
Der Bundeshauptausschuß tagt in Mainz.
Dezember 1984
Dieter-Julius Cronenberg wird als Nachfolger von Richard Wurbs zu einem der Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages gewählt.
23. bis 24. Februar 1985
Der 36. ordentliche Bundesparteitag findet in der Saarlandhalle in Saarbrücken statt. Er steht - anders als geplant - nicht im Zeichen der Programmdebatte, da auf ihm ein Wechsel an der Parteispitze vollzogen wird. Als Nachfolger von Hans-Dietrich Genscher wird Martin Bangemann zum Parteivorsitzenden gewählt. Der Parteitag beschließt das "Das liberale Manifest - Zukunftschance Freiheit. Liberales Manifest für eine Gesellschaft im Umbruch". Das neue Grundsatzprogramm ist als Fortschreibung der aus der sozialliberalen Ära stammenden "Freiburger Thesen" von 1971 gedacht. Damit soll den inzwischen rapide gewandelten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Rechnung getragen werden, gerade auch den sich immer mehr abzeichnenden Problemen mit dem "Wohlfahrtsstaat". Das "Liberale Manifest" bereitet den Weg für eine Konsolidierung der F.D.P., die nach der "Wende" von 1982 bei der Bundestagswahl im Jahr 1983 den Einzug in das Parlament nur knapp geschafft hatte und bei der Europawahl ein Jahr später unter fünf Prozent geblieben war. Der Parteitag verabschiedet außerdem Papiere zur "Internationalen Politik für Frieden, Freiheit und Menschenrechte", zur Fußball-Europameisterschaft, zur Bekanntgabe von US-Stationierungsorten, zur Rentenversicherung, zum Zivildienst, zum Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub, zu Frauenhäusern, zu einer Konzertierten Aktion für Frauen, zur Gleichstellungsbeauftragten, zum Schutz vergewaltigter Frauen, zum Ehescheidungsfolgenrecht, zur Realisierung der Koalitionsvereinbarung zum Antidiskriminierungsgesetz, zur Neuregelung des Demonstrationsstrafrechts, zum Asylrecht und zur Kraftfahrzeugsteuer für alle Automobile.
1. Juni 1985
Der Bundeshauptausschuß tagt in Neuss.
23. bis 25. Mai 1986
Der 37. ordentliche Bundesparteitag findet in der Niedersachsenhalle in Hannover statt. Er verabschiedet Papiere zu den Schwerpunkten liberaler Außen-, Deutschland-, Sicherheits-, Europa- und Entwicklungspolitik, zu einem weltraumgestützten Raketenabwehrsystem ("SDI"), zur Situation der Soldaten, zu Südafrika, "Für ein Europa der Bürger", mit Vorschlägen für eine einfache, faire, leistungs- und wachstumsfreundliche Besteuerung von Bürgern und Unternehmen, zu UNICEF, "Liberale Perspektiven für mehr Beschäftigung", zu Perspektiven der Agrarpolitik, mit Vorschlägen für eine angemessene und langfristig finanzierbare Alterssicherung, zu flankierenden Maßnahmen beim Schwangerschaftsabbruch, zu einer konzertierten Aktion für Frauen, zu sozial gerechter Anrechnung des Babyjahres, zur Fernsehsendung "Scheibenwischer", zur Programmgestaltung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, zur Nuklearkatastrophe von Tschernobyl, zu Maßnahmen gegen den internationalen Terrorismus, über die liberale Position zur Innen- und Rechtspolitik im Wahlkampf des Jahres 1987, fünf Thesen zur Liberalisierung des Hochschulzugangs, zu "Global 2000", zu Verkehrsdurchsagen, zur technischen Überwachung für amerikanische Fahrzeuge in der Bundesrepublik, zur Überwachung von Militärfahrzeugen durch die deutsche Polizei, zum Recht der Untersuchungshaft und des Untersuchungshaftvollzugs, zum Jugendstrafvollzugsgesetz, zur Reform des Strafprozeßrechts und zu den Schwerpunkten liberaler Sozialpolitik. Dem Bundesvorstand gehören nach der Neuwahl an: Vorsitzender Martin Bangemann, Stellvertretende Vorsitzende Gerhart Baum, Wolfgang Gerhardt und Wolfgang Mischnick, Generalsekretär Helmut Haussmann, Schatzmeisterin Irmgard Adam-Schwaetzer, Beisitzer im Präsidium Manfred Brunner, Walter Hirche und Otto Graf Lambsdorff, Beisitzer im Bundesvorstand Mechthild von Alemann, Barbara Bludau, Carola von Braun, Rainer Brüderle, Walter Döring, Hinrich Enderlein, Georg Gallus, Hildegard Hamm-Brücher, Burkhard Hirsch, Claus Jäger, Heinrich Jürgens, Detlef Kleinert, Karl-Hans Laermann, Wolfgang Lüder, Jürgen Möllemann, Ingo von Münch, Hans-Joachim Otto, Walter Rasch, Horst Rehberger, Hermann Rind, Achim Rohde, Uwe Ronneburger, Otto Wilke und Wolf-Dieter Zumpfort sowie Ständige Vertreter Hans-Günter Hoppe, Hans-Dietrich Genscher, Hans A. Engelhard und Dieter-Julius Cronenberg.
13. September 1986
Der Bundeshauptausschuß tagt in Augsburg.
21. bis 22. November 1986
Der 9. außerordentliche Bundesparteitag findet in der Rheingoldhalle in Mainz statt. Auf ihm wird ein Aufruf zur Bundestagswahl am 25. Januar 1987 verabschiedet. Außerdem werden Papiere zur gesetzlichen Entwicklung bei der Bekämpfung des Terrorismus, zur diesbezüglichen polizeilichen Arbeit sowie zur Kultur beschlossen.
25. Januar 1987
Bei der Bundestagswahl erreicht die F.D.P. 9,1 Prozent der Stimmen. Sie verfügt damit im 11. Deutschen Bundestag über 48 von 519 Sitzen. Es ist die letzte Wahl vor der deutschen Wiedervereinigung. Das hat zu diesem Zeitpunkt allerdings wohl niemand auch nur geahnt. Für die Unionsparteien kandidiert erneut der CDU-Vorsitzende und amtierende Bundeskanzler Helmut Kohl. Die SPD stellt ihren stellvertretenden Bundesvorsitzenden Johannes Rau als Kanzlerkandidat auf. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen hatte 1980 und 1985 dort sehr gute Wahlergebnisse erzielt. Die Wahlbeteiligung liegt bei 84,3 Prozent.
11. März 1987
Die bisherige schwarz-gelbe Koalition wird fortgesetzt. Der Bundestag wählt Helmut Kohl im ersten Wahlgang mit 253 Stimmen abermals zum Bundeskanzler. Die Koalition verfügt über 282 Mandate, die absolute Mehrheit liegt bei 249 Stimmen. Die Ernennung durch Bundespräsident Richard von Weizsäcker und die Vereidigung erfolgen noch am selben Tag. Johannes Rau, der auf eine Alleinregierung bei einem Wahlsieg setzte und eine rot-grüne Koalition ausgeschlossen hatte, bleibt Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen.
12. März 1987
Im Kabinett Kohl III ist die F.D.P. mit Hans-Dietrich Genscher als Stellvertreter des Bundeskanzlers ("Vizekanzler") und Bundesminister des Auswärtigen, Hans A. Engelhard als Bundesminister der Justiz, Martin Bangemann als Bundesminister für Wirtschaft und Jürgen W. Möllemann als Bundesminister für Bildung und Wissenschaft vertreten und stellt die Parlamentarischen Staatssekretäre Irmgard Adam-Schwaetzer und Helmut Schäfer (Auswärtiges), Georg Gallus (Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) und Martin Grüner (Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit).
5. bis 6. September 1987
Der 38. ordentliche Bundesparteitag findet in der Ostseehalle in Kiel vor den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Bremen am 13. September 1987 statt. Er verabschiedet unter anderem ein Papier "Zur Wahrung des inneren Friedens". Darüber hinaus werden folgende Beschlüsse gefaßt bzw. Papiere verabschiedet: zur Menschenrechtspolitik, zur Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens, zur Reform der Wohnungspolitik, zum Thema "Frauen und Bundeswehr", zu einheitlichen Rechtspflegeministerien, zur Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe, zur Datenschutzgesetzgebung, zum Staatshaftungsrecht, zur gesetzlichen Regelung der Häftlingsüberwachung, zum Jugendschutzrecht, zur Wahlrechtsänderung, zum Beratungsgesetz nach § 218 Strafgesetzbuch, zum Strafvollzugsgesetz, zur Einführung einer Staatszielbestimmung über den Umweltschutz im Grundgesetz, zur Gefährdungshaftung, zum Thema "Energie und Umwelt", zur Umweltverträglichkeitsprüfung, zum Schutz der Nordsee, zum Schutz der Erdatmosphäre, zur Abfallwirtschaft, zu den Abgasen von Dieselfahrzeugen und zur Kennzeichnung von Kosmetika.
24./25. Oktober 1987
Der Bundeshauptausschuß tagt in Baden-Baden.
9. Dezember 1987
Der 10. außerordentliche Bundesparteitag findet im Rosengarten (Musensaal) in Mannheim statt. Auf ihm wird ein Papier zur "Sicherung des inneren Friedens" verabschiedet. Hierin werden eine Änderung der Strafprozeßordnung durch den Ausbau beschleunigter Verfahren, die Novellierung des Versammlungsrechts und des Vermummungsverbots zum Schutz von friedlichen Demonstrationen gefordert. Dazu werden Richtlinien über den Vorrang der Gefahrenabwehr bei der Verfolgung von Straftaten bei Demonstrationen beschlossen.
17. Dezember 1987
Rund 40 Hochschulgruppen des Sozialliberalen Hochschulverbands (SLH), der Liberalen Studenteninitiative (LSI), der Jungen Liberalen (JuLi-Hochschulgruppen) sowie einige unabhängige Gruppen gründen in Köln den Bundesverband Liberaler Hochschulgruppen (LHG). Damit gibt es erstmals seit der Trennung des Liberalen Studentenbund Deutschlands (LSD) von der F.D.P. im Jahr 1969 wieder einen gemeinsamen bundesweiten Dachverband für alle liberalen Studenten.
28. Mai 1988
Der Bundeshauptausschuß tagt in Würzburg.
7. bis 8. Oktober 1988
Der 39. ordentliche Bundesparteitag findet in den Rhein-Main-Hallen in Wiesbaden statt. Er verabschiedet die "Wiesbadener Erklärung" sowie Papiere zum bildungspolitischen Programm, zur Zukunft der Hochschulen, zum Numerus clausus im Studienfach Betriebswirtschaftslehre, zu den atomaren Gefechtsfeldwaffen bei den Rüstungskontrollverhandlungen, zum Entspannungsprozeß, zur Weiterentwicklung der NATO, zum Kampfflugzeug "Jäger 90", zu Tiefflügen, zur Reduzierung der militärischen Übungsintensität, zum US-Militärflughafen Wiesbaden-Erbenheim, zu Südafrika, zum Umwelthaftungsrecht, zum Entwurf eines Gesetzes zur Umweltverträglichkeitsprüfung, zur Einbeziehung von Ozon bei der Auslösung von Smogalarm, zur Abfallwirtschaft, zu den Altlasten der ehemaligen Rüstungsindustrie, zu den Fluorkohlenwasserstoffen, über Maßnahmen zum Schutz von Nord- und Ostsee, eine Antarktis-Resolution, zur Erdgassteuer, zum § 218-Prozeß in Memmingen und zur Sportmedizin.
Als bekannter Verfechter der Marktwirtschaft (der von Herbert Wehner erfundene Schmähbegriff "Marktgraf" für Lambsdorff wird lebenslang als positives Markenzeichen für ihn verwendet) ist Otto Graf Lambsdorff in seiner Partei populär geblieben und kann sich auf dem Parteitag als Nachfolger von Martin Bangemann bei der Neuwahl des Vorsitzenden gegen Irmgard Adam-Schwaetzer durchsetzen. Sie unterliegt als Gegenkandidatin mit 187 zu 211 Stimmen. Dem Bundesvorstand gehören nach der Neuwahl an: Vorsitzender Otto Graf Lambsdorff, Stellvertretende Vorsitzende Irmgard Adam-Schwaetzer, Gerhart Baum und Wolfgang Gerhardt, Schatzmeister Hermann Otto Solms, Beisitzer im Präsidium Georg Gallus, Hildegard Hamm-Brücher und Walter Hirche, Generalsekretärin Cornelia Schmalz-Jacobsen, Ständige Gäste im Präsidium Wolfgang Mischnick (Bundestagsfraktion), Rüdiger von Wechmar (MEP), Beisitzer im Bundesvorstand Mechthild von Alemann, Carola von Braun, Rainer Brüderle, Martin Grüner, Burkhard Hirsch, Ulrich Irmer, Heinrich Jürgens, Friedrich-Wilhelm Kiel, Karl-Hans Laermann, Jürgen Möllemann, Ingo von Münch, Walter Rasch, Horst Rehberger, Manfred Richter, Hermann Rind, Achim Rohde, Uwe Ronneburger, Ursula Seiler-Albring, Robert Vogel, Ruth Wagner, Guido Westerwelle, Otto Wilke, Torsten Wolfgramm und Werner Zywietz, Mitglieder qua Amt Hans-Dietrich Genscher, Hans A. Engelhard, Helmut Haussmann und Martin Bangemann, Ständige Gäste Klaus Beckmann, Dieter-Julius Cronenberg, Fritz Fliszar, Liselotte Funcke, Josef Grünbeck, Wolfgang Kubicki, Christoph Schenk, Hermann Oxfort und Helmut Schäfer.
9. Oktober 1988
Die Bundesvertreterversammlung 1988 findet in den Rhein-Main-Hallen in Wiesbaden statt. Es handelt sich um eine Vertreterversammlung zur Aufstellung der Liste für die Europawahl am 18. Juni 1989. Als Spitzenkandidat wird der bisherige deutsche Botschafter Rüdiger von Wechmar von den Delegierten nominiert. Die Leitsätze zur Europawahl 1989, die der Bundeshauptausschuß auf seinem "Europatag" im Februar 1989 beschließen soll, werden vorbereitet. Die Kandidaten 1 bis 5 nach Listenplätzen Rüdiger von Wechmar (Bayern), Mechthild von Alemann (Nordrhein-Westfalen), Martin Holzfuß (Hessen), Manfred Vohrer (Baden-Württemberg) und Uta Würfel (Saarland).
19. November 1988
Der Bundeshauptausschuß tagt in Berlin.
9. Dezember 1988
Bundeswirtschaftsminister Martin Bangemann tritt zurück, um Anfang 1989 in die Europäische Kommission als Kommissar für Binnenmarkt und Industrie wechseln zu können. Der bisherige F.D.P.-Generalsekretär Helmut Haussmann folgt ihm als Bundesminister für Wirtschaft.
25. Februar 1989
Der Bundeshauptausschuß tagt in Saarbrücken.
27. bis 28. Mai 1989
Der 40. ordentliche Bundesparteitag findet im Congress-Centrum Koelnmesse statt. Er verabschiedet unter anderem ein Papier "Das Europa der Zukunft". Darüber hinaus werden folgende Beschlüsse gefaßt bzw. Papiere verabschiedet: zum Thema Polen, zur Bundeswehr, zur Stärkung der gesetzgeberischen Befugnisse des Europäischen Parlaments, zur Fusion von Messerschmitt-Bölkow-Blohm und Daimler-Benz, zu Handlungsprinzipien liberaler Sozialpolitik, zur Ethik der Gentechnologie und der Fortpflanzungsmedizin, zur Strategie für den Ausbau der Hochschulen, zur Umsetzung des "Bildungspolitischen Programms", zum Urteil von Memmingen über den § 218 Strafgesetzbuch und zur Naturschutznovelle. Es wird eine Antarktis-Resolution beschlossen, und es ergeht ein Wahlaufruf zur Europawahl 1989.
18. Juni 1989
Die F.D.P. erringt bei der Europawahl 5,6 Prozent der Stimmen, und die ersten vier liberalen Abgeordneten von der Kandidatenliste ziehen in das Europaparlament ein. Es ist die dritte Direktwahl von 78 deutschen Abgeordneten zum Europäischen Parlament. Zur Wahl treten 22 Parteien und Sonstige Politische Vereinigungen an. Drei weitere deutsche Abgeordnete werden aus West-Berlin entsandt. Aufgrund des speziellen Status des Gebiets werden diese nicht direkt, sondern vom Berliner Abgeordnetenhaus gewählt. Überraschend zieht die Partei "Die Republikaner" in das Europaparlament ein. Nach der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 wird das deutsche Kontingent im Europäischen Parlament zur Europawahl am 12. Juni 1994 auf 99 Mandate erhöht. Bis zu dieser Wahl entsendet am 21. Februar 1991 der Bundestag 18 Beobachter aus dem Beitrittsgebiet in das Europaparlament.
4. Juli 1989
Nachdem die Anzahl der CSU-geführten Bundesministerien mit der Kabinettsumbildung am 21. April 1989 auf sechs angewachsen war, forderte die F.D.P. als Ausgleich einen weiteren Parlamentarischen Staatssekretär. Daher scheidet Ludolf von Wartenberg (CDU) aus dem Amt. Der bisherige Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion Klaus Beckmann wird sein Nachfolger beim Bundesminister für Wirtschaft.
2. Dezember 1989
Der Bundeshauptausschuß tagt in Celle.
Quellen:
Wikipedia - Die freie Enzyklopädie
Die Fischer Chronik - Ereignisse, Personen, Daten - Deutschland '49 - '99