Freiheit als Auftrag

Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden.

Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.

Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.

Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.

Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des liberalen und damit freiheitlichen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.

Die Anfänge: Ein Gedanke wird zur Bewegung.

1807/1812
Erste liberale Reformen in Preußen: Abschaffung der Leibeigenschaft, Gewerbefreiheit, Judenemanzipation, Heeres- und Universitätsreformen (v. Stein, v. Hardenberg, v. Humboldt)

 

1817

Das Wartburgfest, an dem circa 500 Studenten und einige Professoren teilnehmen, ist eine Protestkundgebung gegen reaktionäre Politik und Kleinstaaterei und für einen Nationalstaat mit einer eigenen Verfassung.


1832
Beim Hambacher Fest bekennen sich 25.000 Menschen zu den Forderungen der Liberalen nach Freiheit und nationaler Einheit.

 

Sozial. Liberal. Hambacher Fest (Frankfurter Kollegium)

1847
Liberale beschließen in Heppenheim ein Programm, das die Einigung Deutschlands und eine bessere Vertretung des Volkes fordert.

1848
Bürgerliche Revolution: Liberale Reformgesetze werden erlassen. Die Liberalen verfügen über die absolute Mehrheit in der ersten Deutschen Nationalversammlung.

 

1861

Die erste moderne politische Vereinigung wird gegründet: die Deutsche Fortschrittspartei.

 

1866

Erste Spaltung des organisierten deutschen Liberalismus in Links- und Nationalliberale. Letztere unterstützen als stärkere Partei im Reichstag Bismarcks Politik, zu der die Linksliberalen in Opposition stehen.

 

1880-1900

Spaltung und Parteineugründung sowie politische Machtlosigkeit kennzeichnen den deutschen Liberalismus.

 

In der Weimarer Republik: Einsatz für Reformen.

 

1918

Gründung der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei mit Friedrich Naumann und Prof. Dr. Max Weber sowie der nationalliberalen Deutschen Volkspartei mit Dr. Gustav Stresemann.

 

1919

Annahme der Weimarer Reichsverfassung, die im wesentlichen durch den liberalen Staatsrechtler und ersten Innenminister der Weimarer Republik, Dr. Hugo Preuß, geprägt ist.

 

1922

Der liberale Außenminister Dr. Walther Rathenau schließt den Rapallo-Vertrag mit der Sowjetunion und führt Deutschland damit aus der internationalen Isolierung.

 

1923-1929

Ausgleich mit dem Westen und Deutschlands Aufnahme in den Völkerbund durch die erfolgreiche Außenpolitik von Dr. Gustav Stresemann.

 

1933-1945

Die katastrophale Wirtschaftslage und eine Fehleinschätzung des Nationalsozialismus veranlassen auch liberale Abgeordnete, 1933 dem Ermächtigungsgesetz zuzustimmen. Die liberalen Parteien werden verboten. Viele Liberale gehen in die Emigration oder werden für ihre politische Überzeugung verfolgt. Manche kollaborieren mit dem Nationalsozialismus.

 

Nach dem Krieg: Stabilität und Dynamik.

 

1948

Prof. Dr. Ludwig Erhard wird auf Vorschlag der FDP zum Direktor der Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebietes gewählt und zeichnet damit für die Wirtschaftspolitik in den westlichen Besatzungszonen verantwortlich. Dadurch kann er später gemeinsam mit Alfred Müller-Armack den Grundstein für die Soziale Marktwirtschaft legen. Erhard ist parteilos. Es ist nicht klar, ob er jemals der CDU beigetreten ist.

Bruch zwischen den Liberalen der Westzonen und der LDPD in der Sowjetischen Besatzungszone.

Am 11./12. Dezember im Westen Gründung der Freien Demokratischen Partei unter Vorsitz von Prof. Dr. Theodor Heuss.

 

1949

Das von Liberalen maßgeblich geprägte Grundgesetz wird verkündet (23.5.1949).

 

Die Geschichte des organisierten Liberalismus