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Sent: Monday, March 31, 2014 9:40 AM
Subject: Re: Braunkohle
Sehr geehrter Herr Brockes,
nach dem für mich etwas unerwarteten Exkurs zum Thema Parteispenden nun wieder zum Thema Tagebau.
Inzwischen konnte ich die Stellungnahme von Ihnen und Herrn Lindner lesen. Sie werden nicht überrascht darüber
sein, daß sie mich sehr enttäuscht hat.
Wie bringen Sie Ihre Position, die ich persönlich für wenig kreativ und konstruktiv halte und sehr nach "Weiter
so!" und "Das haben wir doch schon immer so gemacht!" klingt, mit dem zweiten Teil des Weltklimaberichts 2013/2014 der UNO in Einklang, der in der Nacht von gestern
auf heute veröffentlicht wurde?
Wie paßt Stromgewinnung aus Kohle zu dem Ziel, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und damit den Klimawandel vielleicht
doch noch positiv zu beeinflussen? Hat die FDP dieses Ziel bereits aufgegeben? Wie sehen die Vorbereitungen der FDP für die prognostizierten Folgen des Klimawandels
aus? "Nach uns die Sintflut"? Das wäre sicher nicht liberal.
Von einer liberalen und damit sozialen und zukunftsorientierten Partei erwarte ich mehr als ein "Keine
Experimente!".
Und was die angebliche Wettbewerbsfähigkeit anbelangt, so habe ich da sehr große Zweifel. Wenn man einen großen
Teil der Kosten auf die Bürger als Anwohner und als Steuerzahler abwälzt, kann man sehr leicht wettbewerbsfähig sein.
Aus meinem liberalen Verständnis heraus verstößt der Braunkohletagebau in der praktizierten Form gegen
die Goldene Regel, gegen den Kategorischen Imperativ und ist damit nicht liberal.
Ich stimme mit Ihnen darin überein, daß man mit Blick auf die sogenannte Energiewende, mit Blick auf Bezahlbarkeit
und Versorgungssicherheit nicht einfach gleichzeitig auf alle herkömmlichen Energieträger verzichten kann.
Hier sind Kreativität und Innovation gefragt.
Vielleicht sollte man - ich gebe zu, daß ist nun auch nicht sonderlich kreativ oder innovativ, aber Energiepolitik
ist nun eigentlich auch nicht mein Thema - ähnlich wie die CSU darüber nachdenken, die Kernkraft doch noch etwas länger zu nutzen, um - das aber mit Nachdruck - die
erneuerbaren Energieträger auf- und auszubauen.
Ich habe immer zu 100 Prozent mit den programmatischen Aussagen der FDP zum Thema Kernenergie übereingestimmt. Auch
die Aussagen zu diesem Thema im Wahlprogramm der FDP anläßlich der Bundestagswahl 1980 haben mich Mitglied der FDP werden lassen.
Erst durch die Ereignisse in Fukushima ab dem 11. März 2011, die eigentlich niemanden wirklich überraschen konnten,
hat sich die Sicht auf die Kernkraftwerke grundlegend geändert.
Sicher ist ein mittel- bis langfristiger Ausstieg aus der Kernenergie - auch im Hinblick auf die nach wie vor
offenen Fragen der Endlagerung, aber auch auf mögliche Katastrophen wie in Japan - die richtige Entscheidung.
Man kann aber nicht alles haben. Wir konnten bisher mit den Kernkraftwerken leben, wir werden es mit Blick auf
unsere Nachbarstaaten auch weiterhin tun müssen und wir haben einfach noch keine wirklichen Alternativen im Bereich der erneuerbaren Energien. Das ist doch die
Realität.
Eines ist wichtig: Eine Verlängerung der Nutzung der Kernenergie darf nicht dazu führen, daß sich die
Energieunternehmen zurücklehnen und die erneuerbaren Energien nicht forcieren. (Das war ein Fehler der Vergangenheit.)
Das ist für mich die Aufgabe einer liberalen und nachhaltigen Energiepolitik.
Der Stromgewinnung aus Kohle das Wort zu reden, ist es nicht. Das ist Rückschritt.
Sehen die anderen Landtagsfraktionen und Landesverbände der FDP das übrigens auch so wie Herr Lindner und Sie bzw.
die Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen? Das würde mich noch sehr interessieren.
Sie können mir gern antworten, ich nehme es Ihnen aber auch nicht übel, wenn Sie es nicht tun. Denken Sie einfach
mal über meine Anmerkungen und Hinweise nach. Herzlichen Dank!
Selbstverständlich können Sie meine E-Mail auch an Herrn Lindner weiterleiten. Ich wollte ihn ausnahmsweise mal
nicht damit behelligen, da Sie der Energieexperte sind. Ich hatte ihn bei diesem Thema ja auch ursprünglich ganz bewußt nicht in Kopie genommen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Geduld.
Mit freundlich-liberalen Grüßen
Ihr Wolfgang Gerstenhöfer
----- Original Message -----
Sent: Sunday, March 30, 2014 5:53 PM
Subject: Re: Braunkohle
Lieber Herr Lindner,
das können Sie sich sehr gern verbitten. Das macht die FDP weder glaubwürdiger noch bringt es ihr eine Stimme
mehr.
Auch ich wünsche Ihnen selbstverständlich (noch) einen schönen Sonntag.
Ich stehe übrigens immer noch auf Ihrer Seite. Das sollten Sie nicht vergessen, auch wenn ich gern das "Enfant
terrible" oder auch den "Advocatus diaboli" gebe.
Einen "Claqueur" werden Sie in mir nicht finden.
Die Frage ist doch immer nur, welcher Eindruck vermittelt wird.
Damals wurde mir (und der FDP Elsdorf) sehr deutlich der Eindruck vermittelt, daß man es sich mit RWE (Power) nicht
verderben bzw. man sich mit RWE nicht anlegen möchte. Gründe dafür wurden mir nicht genannt.
Das mag an einzelnen Personen gelegen haben. Möglicherweise habe ich es auch falsch verstanden - wie viele Menschen in
der Geschichte der FDP offensichtlich auch. Ich muß Ihnen die diversen Affären und Anlässe sicher nicht aufzählen.
Sie wollen doch wieder mehr als fünf Prozent der Wählerstimmen für die FDP gewinnen, Sie wollen, daß sie als liberale
Partei und nicht (mehr) als "Klientelpartei" gesehen wird, und Sie wollen ihr wieder Glaubwürdigkeit verschaffen.
Bestimmt werde ich in Ihrer Stellungnahme, die mir Herr Brockes angehängt hat, lesen können, was die FDP (nun
endlich) für die möglichen Wähler tun wird, die von den Folgen und den Begleiterscheinungen des Braunkohletagebaus betroffen sind ... Ich bin sehr gespannt darauf!
Einen guten Start in die neue Woche - auch für Sie, Herr Brockes!
Ihr Wolfgang Gerstenhöfer
Sie können ja gelegentlich mal mit Herrn Tobias Kress oder auch mit Herrn Horst Engel sprechen. Aber noch einmal: Ich
habe kein Interesse daran, Ihnen oder der FDP zu schaden, ich möchte Ihnen im Rahmen meiner Möglichkeiten helfen. Ob Sie sich von mir helfen lassen wollen oder ich Ihnen
helfen kann, das ist natürlich eine andere Sache ...