Steuer- und Sozialreform

----- Original Message -----
From: "Wolfgang Gerstenhöfer" <wolfgang.gerstenhoefer@gmx.de>
To: "Körner, Stefan" <stefan.koerner@piratenpartei-bayern.de>
Sent: Sunday, August 03, 2014 5:15 PM
Subject: Zum Thema "Steuer- und Sozialreform"
 

Für Dich bei Interesse und Gelegenheit zur Kenntnis
LG Wolfgang

 http://gerstenhoefer.jimdo.com/

  ----- Original Message -----
 From: "Wolfgang Gerstenhöfer" <wolfgang.gerstenhoefer@gmx.de>
 To: "Hauptmailingliste der Piraten (Achtung: viele Mails pro Tag)"
 <aktive@lists.piratenpartei.de>
 Sent: Sunday, September 30, 2012 10:51 AM
 Subject: [Aktive] Piraten: Wir sind eine liberale Partei

Ahoi zusammen,

wenn man den Medien glauben darf, dann hat der Vorsitzende unserer Partei, Bernd Schlömer, die Piratenpartei als liberale Partei bezeichnet.

"... In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" kritisierte der
Parteivorsitzende, es sei in der Vergangenheit versucht worden, "uns als
linke Partei zu vereinnahmen. Das ist aber nicht die Politik, die die Piraten favorisieren."

Schlömer stellte klar: "Wir sind eine liberale Partei mit dem Kernanliegen, dass die Bürger frei handeln und entscheiden können." Staatliche Kontrolle lehnte er ab. Die FDP habe dieses liberale Fundament an die Piraten verloren. ..."

Ich habe mich darüber sehr gefreut. Denn genau aus diesem Grund habe ich mich nach fast 30 Jahren vor etwas über einem Jahr auf den Weg von der FDP zu den Piraten gemacht.

Zur Zeit sehe ich leider die Entwicklung der Piratenpartei mit einiger Sorge. Ich hoffe, daß es uns gelingt, auf allen politischen Ebenen zu einer
Sacharbeit zu gelangen und mehr über politische Inhalte mit Argumenten und Fakten zu diskutieren als uns wegen persönlicher Befindlichkeiten zu streiten.

Obgleich meine thematischen Schwerpunkte mehr in den Bereichen Sozial- und vor allem Gesundheitspolitik auf der einen und Erziehungs- und Bildungspolitik auf der anderen Seite liegen, habe ich einen großen Wunsch an die Piraten, deren Profession auf dem Gebiet der Finanz- und Steuerpolitik liegt.


Ich habe in diesen Tagen gesehen, daß einige Piraten das Bündnis
 "UmFAIRteilen" und den Aktionstag "UmFAIRteilen - Reichtum besteuern" gestern in Köln unterstützen bzw. unterstützt haben.

Sicher ist es richtig, daß sich die Menschen, die über ein sehr hohes Einkommen und/oder ein sehr hohes Vermögen verfügen, deutlich stärker an der Finanzierung der Aufgaben des Staates beteiligen sollen.


Die Einführung einer Vermögensteuer halte ich für den falschen Weg.

 

Deshalb wünsche ich mir von den "Steuerpiraten" eine Steuerreform, ähnlich der, die die FDP immer angekündigt hat, aber nicht umsetzen kann (oder will): ein einfaches und gerechtes Steuersystem unter gleichzeitigem Abbau der Vielzahl an Subventionen und der Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens (negative Einkommensteuer bzw. Bürgergeld).

 

Eine Steuerreform, die dafür sorgt, daß jeder den Teil seines Einkommens, der über dem Grundfreibetrag (=Bedingungsloses Grundeinkommen) liegt, auch tatsächlich versteuern muß.

Heute haben wir aufgrund diverser Ausnahmetatbestände, Sonderregelungen und Abschreibungsmöglichkeiten den Effekt, daß Bezieher hoher Einkommen oft im Verhältnis weniger Steuern davon bezahlen müssen als die Bezieher niedriger Einkünfte.

Das darf nicht (mehr) sein.

Außerdem wird es höchste Zeit, daß unsere progressive, also abhängig vom Einkommen ansteigende Steuer an die größeren Summen, die inzwischen als Einkommen gezahlt werden, bzw. an die inflationsbedingte Entwicklung angepaßt wird.

Heute zahlt man von dem Teil des Einkommens, der über 52.882 Euro im Jahr liegt, 42 Prozent Steuern. Legt man 14 Monatsgehälter zu Grund - die soll es hin und wieder ja noch geben - ist das ein Monatseinkommen von rund 3.777 Euro. Das ist sicher nicht wenig.

Als Spitzenverdienst würde ich das mit Blick auf  Jahreseinkommen im Millionenbereich aber nicht bezeichnen.


Erst die sogenannte Reichensteuer sorgt dafür, daß Einkommensanteile über 250.731 Euro mit 45 % besteuert werden.

Von 1975 bis 1989 lag der Spitzensteuersatz bei 56 %.

1958 wurde der Spitzensteuersatz von damals 53 % ab einem Einkommen von umgerechnet rund 4.018 Euro erhoben.

Das muß man sich einmal vorstellen, der Betrag war vor 54 Jahren sogar absolut höher als heute. Unstrittig dürfte sein, daß 1958 deutlicher weniger
Menschen 4.018 Euro als heute bekommen haben. Das Geld war mit Blick auf die Kaufkraft deutlich mehr wert als heute.

So gelten heute Menschen breits als Spitzenverdiener, die vor 20 oder 30 Jahren noch zu den Durchschnittsverdienern gezählt haben, ohne daß ihnen ihr Einkommen wegen der Inflation einen höheren Lebensstandard ermöglichen würde.

 

Und was machen die wirklichen Spitzenverdiener? Die lachen sich ins Fäustchen und nutzen fleißig diverse Steuerschlupflöcher, die sie dank ihres Einkommens mit Hilfe gewitzter Steuerberater und Rechtsanwälte finden und teilweise auch nur wegen ihres hohen Einkommens überhaupt nutzen können.

Deshalb kann es meines Erachtens nicht einfach um die Erhöhung des Spitzensteuersatzes bei unveränderter Bemessungsgrundlage oder um die Einführung einer Vermögensteuer gehen.

Wir brauchen eine Entlastung der geringen und mittleren Einkommen durch abgesenkte Steuersätze in diesem Bereich und eine deutliche Belastung höherer und Spitzeneinkommen durch eine weitere Staffelung der Einkommen auch über 52.882 Euro bzw. 250.731 Euro hinaus und deutliche höhere Steuersätze in diesem Bereich.

Darüber hinaus sollte eine piratig-liberale Steuerreform mittel- bis langfristig darauf abzielen, auf indirekte Steuern, also Verbrauchssteuern
wie die Umsatz- bzw. Mehrwehrsteuer möglichst ganz zu verzichten oder sie wirklich auf "Luxusgüter" zu beschränken. Denn diese Steuern sind meiner Meinung nach in höchstem Maße unsozial.

Sie treffen letztendlich jeden gleichermaßen - unabhängig von der Höhe des Einkommens.

Ich meine, daß eine Einkommensteuer für natürliche Personen und eine Körperschaftsteuer für juristische Personen (z. B. Unternehmen) ausreichen sollten, um die Aufgaben des Staates zu finanzieren.

Gleichzeitig müssen diese Aufgaben des Staates, der Gemeinschaft aber auch immer wieder hinterfragt und auf den Prüfstand gestellt werden. Hier sollten die Berichte der Rechnungshöfe, der Rechnungsprüfungsämter und auch des Bundes der Steuerzahler regelmäßig ausgewertet werden, um daraus Handlungsbedarf abzuleiten.

Außerdem sollten Steuermehreinnahmen nicht sofort zur Suche nach neuen Möglichkeiten für den Staat, das Geld seiner Bürger auszugeben, führen.


Die Bürger wissen immer noch am besten, wie und wofür sie ihr erarbeitetes Geld ausgeben. Dafür brauchen sie keine Politiker.

 Ich bin - wie bereits geschrieben - kein Steuerexperte; trotzdem wollte ich hiermit ein paar Denkanstöße und Anregungen geben.

Freundlich-piratig-liberale Grüße und noch einen schönen Sonntag
Euer Wolfgang Gerstenhöfer