Volt - noch eine neue liberale Partei?
Von: BOESELAGER Damian [mailto:damian.BOESELAGER@europarl.europa.eu]
Gesendet: Montag, 7. September 2020 12:59
An: wolfgang.gerstenhoefer@gmx.de
Cc: Friedrich Jeschke
Betreff: Re: E-Mail an Herrn Damian Boeselager, Volt Deutschland: Interesse an Ihrer Partei - neuer Versuch
Lieber Herr Gerstenhofer,
Danke für Ihr Interesse und Ihre Email - die mich erst jetzt erreicht hat. Schreiben Sie gerne immer an meine Parlamentsadresse, da kommt es dann auch sicher an.
Als ich mit einem Italiener und einer Französin darüber nachdachte, das es einer gemeinsamen europäischen Partei bedarf um die großen Probleme unserer Zeit gemeinsam anzugehen, war uns schon klar, dass wir diese neu gründen müssen - die Möglichkeit, einer existierenden europäischen Partei bestand gar nicht - und besteht neben Volt auch immer noch nicht.
Alles Gute Ihnen
Damian Boeselager
Damian Boeselager
MEP
Volt Europa
Facebook | Twitter | LinkedIn | Instagram | Website
---------- Forwarded message ---------
Von: Wolfgang Gerstenhöfer <wolfgang.gerstenhoefer@gmx.de>
Date: Sa., 5. Sept. 2020 um 09:58 Uhr
Subject: E-Mail an Herrn Damian Boeselager, Volt Deutschland: Interesse an Ihrer Partei - neuer Versuch
To: <info@volteuropa.org>
Cc: <friedrich.jeschke@volteuropa.org>
Sehr geehrter Herr Boeselager,
auf Anraten von Herrn Jeschke versuche ich noch einmal mein Glück, von Ihnen doch noch eine Antwort zu bekommen.
Mit freundlich-liberalen Grüßen und den besten Wünschen für das Wochenende
Ihr Wolfgang Gerstenhöfer
Die E-Mail ist unverändert und damit auf dem Stand von April 2019.
Von: Wolfgang Gerstenhöfer [mailto:wolfgang.gerstenhoefer@gmx.de]
Gesendet: Dienstag, 23. April 2019 13:03
An: 'info@volteuropa.org'
Betreff: E-Mail an Herrn Damian Boeselager, Volt Deutschland: Interesse an Ihrer Partei
Sehr geehrter Herr Boeselager, lieber Mitstreiter in der liberalen Sache,
mit gemischten Gefühlen, aber auch mit großem Interesse habe ich im Zusammenhang mit der bevorstehenden Wahl des Europäischen Parlaments von Ihrer Partei Volt erfahren.
Seit einiger Zeit arbeite ich auf das Ziel hin, daß sich aus den vorhandenen politischen Parteien und Gruppierungen eine liberale, die Liberale Partei Deutschland bildet, eine Partei, die alle Liberalen (20 bis 30 Prozent der Wahlberechtigten) vereint und ihnen eine politische Heimat gibt, eine Partei, die den Liberalismus mit allen seinen Aspekten und Komponenten - also ganzheitlich - und in allen Lebensbereichen und auf allen Politikfeldern konsequent vertritt und umsetzt, eine Partei, die freiheitlich und gleichzeitig sozial ist.
Die FDP war 1948 der Versuch, endlich eine solche Partei zu bilden - nach der Deutschen Fortschrittspartei von 1861. Leider ist der Versuch bald gescheitert - nicht nur an den Deutschnationalen, die den Namen Liberaldemokratische Partei verhindert haben.
Die Freidemokraten haben den Liberalismus fast immer nur in Teilgebieten vertreten - mal mehr im Bereich der Innen-, Rechts- und Gesellschaftspolitik, mal mehr der Außen-, Finanz- und Wirtschaftspolitik.
Das Image des Fähnleins im Wind, des Mehrheitsbeschaffers hat sich die FDP spätestens seit dem Jahr 1961 eingehandelt und bis heute leider immer wieder gefördert. Das Thema Glaubwürdigkeit ist ihr größter Schwachpunkt.
Trotzdem halte ich es für möglich, daß es eine solche Partei, die Liberale Partei geben kann.
Daher habe ich mit sehr gemischten Gefühlen reagiert, als ich von Ihrer Partei und ihrer Gründung im Jahr 2017 erfahren habe.
Warum gründet man noch eine Partei, die sich dem Liberalismus verpflichtet fühlt?
Ich sehe ein, daß es mit den Freien Demokraten der FDP zur Zeit sehr schwierig ist. Erst haben sie den Begriff Liberalismus vor allem ab dem Jahr 2010 verbrannt, dann nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen und nun verwenden sie ihn doch wieder sehr leichtfertig.
Die FDP war fast 30 Jahre meine politische Heimat - von 1983/4 bis 2011/2.
Ich selbst bin 1984 - von den Ideen, Grundwerten und -sätzen des Liberalismus überzeugt - aufgrund des Programms anläßlich der Bundestagswahl zum Bundestag am 5. Oktober 1980 Mitglied der FDP (und der Jungen Liberalen) geworden - in Köln.
Ich habe mich damals übrigens bewußt für die FDP und nicht für die 1982 gegründeten Liberalen Demokraten entschieden, weil ich den liberalen Spaltpilz nicht unterstützen wollte.
Von 1984 bis 1995 und noch einmal ab 2007 war ich Mitglied der FDP. Ab 2011 habe ich gewisse Hoffnungen auf die Piratenpartei gesetzt, deren Mitglied ich von 2012 bis 2014 war. (Dadurch endete meine Mitgliedschaft bei der FDP (leider) automatisch.)
Spätestens nach dem Verzicht auf den Zusatz "Die Liberalen" und die Umbenennung in Freie Demokraten am 6. Januar 2015 hätte ich die Partei aber ohnehin verlassen.
Es war 1976 ein deutliches Signal, sich den Zusatz "Die Liberalen" zu geben, und es war 2015 ein sehr deutliches Signal, diesen zu streichen.
Meine Eintrittsgründe waren 1984 primär meine Überzeugung vom Liberalismus und das Bundestagswahlprogramm von 1980 und 2007 mein Interesse an Kommunalpolitik und der Mangel an Partei-Alternativen.
Die Austrittsgründe hießen Andreas Reichel (1995) und Philipp Rösler (2012). Genau genommen bin ich nie ausgetreten. Ich bin (zusätzlich) Mitglied der Piratenpartei geworden (2012-2014) - in der Hoffnung auf die Liberale Partei Deutschland(s) ...
Da gibt es aber noch die Partei "Liberale Demokraten - die Sozialliberalen" (1982), die Partei "Neue Liberale - Die Sozialliberalen" (2014) und die Partei der Humanisten (2014).
Darüber hinaus gibt es Vereine - wie die "Liberale Zukunft Deutschland", die "Liberale Vereinigung", das "Frankfurter Kollegium", die "Progressiven Liberalen" und "Vertrauen in die liberale Gesellschaft" - und andere Klein- und Kleinstparteien, von denen die wahrscheinlich gar nicht alle kenne - z. B. die Verbraucherschutzpartei.
Böse Zungen sprechen inzwischen schon von L-Gruppen in Analogie an die K-Gruppen der 1970er Jahre.
Die Geschichte zeigt aber, daß gerade wir Liberalen uns diese Spaltung in mehrere Lager nicht leisten können. Wir müssen unsere Kräfte bündeln, um gmeinsame Ziele zu erreichen. Ich bin davon überzeugt, daß die Unterschiede gar nicht so groß sind, wie sie hin und wieder dargestellt werden. Das ist die Schattenseite der großen Individualität von uns Liberalen.
Für mich sind und bleiben Freiheit und damit auch der Liberalismus unteilbar. Daher lehne ich auch Bindestrich-Liberalismen oder auch Liberalismen mit Attributen ab. Politische und wirtschaftliche Freiheit sind zwei Seiten derselben Medaille. Für mich gibt es nur einen Liberalismus und der ist ganzheitlich und immer zugleich freiheitlich und sozial. Dieser Liberalismus setzt sich für die größtmögliche Freiheit aller Menschen in allen Lebensbereichen und auf allen Politikfeldern ein - und zwar unabhängig von sozialer Herkunft, Einkommen und Vermögen
Wie sehen Sie das? Warum haben Sie sich nicht zum Beispiel den Neuen Liberalen angeschlossen, die doch auch erst im Jahr 2014 gegründet worden sind? Warum schon wieder eine neue Partei?
Mehr über mich, meine politischen Aktivitäten und mein Verständnis von Liberalismus finden Sie bei Interesse hier:
https://gerstenhoefer.jimdo.com/
Ich würde mich sehr darüber freuen, von Ihnen zu lesen und Ihre Sicht der Dinge kennenzulernen.
Vielen Dank für Ihr Interesse, Ihre Unterstützung und Mühe. Für Fragen und nähere Einzelheiten stehe ich Ihnen sehr gern zur Verfügung.
Mit freundlich-liberalen Grüßen - auch an Andrea Venzon und Colombe Cahen-Salvador
Ihr Wolfgang Gerstenhöfer
liberal - freiheitlich und gleichzeitig sozial
Liberal im politischen, im weltanschaulichen Sinne zeichnet sich nach meiner Überzeugung durch gemeinsame Grundwerte und -sätze aus - wie z. B. Freiheit (negative und positive, Freiheit von ... und Freiheit zu ...), Gleichheit (Rechts- und Chancengleichheit) und Brüderlichkeit (Subsidiarität und Solidarität), wie dem Kategorischen Imperativ von Immanuel Kant ("Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.") oder die sogenannte Goldene Regel ("Was du nicht willst, daß man dir tu´, das füg´ auch keinem andern zu."), wie dem Bekenntnis zum demokratischen und freiheitlichen Verfassungs- und Rechtsstaat mit den garantierten Menschen- und Bürgerrechten und zur liberalen und damit sozialen Marktwirtschaft im Sinne des Ordoliberalismus, im Sinne der Freiburger Schule der Nationalökonomie. Zur liberalen Marktwirtschaft gehört für mich auch der liberale Sozialstaat, ein Staat, der sich nicht nur sozial nennt, sondern tatsächlich sozial ist, ohne die Menschen zu bevormunden und zu gängeln: Dieser freiheitliche und gleichzeitig soziale Staat sorgt nicht selbst quasi bevormundend für die soziale Sicherheit seiner Bürger (z. B. durch Zwangssysteme wie die sogenannte Bürgerversicherung), läßt seine Bürger aber auch nicht im Regen stehen und stellt daher sicher, daß jeder für seine soziale Sicherheit vorsorgen kann - z. B. mit Hilfe des Konzepts der negativen Einkommensteuer, des Bürgergelds bzw. des (bedingungslosen) Grundeinkommens. Der Liberalismus ist für mich aus sich heraus eine Weltanschauung, die offen für neue Entwicklungen ist, die immer wieder alles auf den Prüfstand stellt, in Zweifel zieht und nach Lösungen sucht, die freiheitlich und gleichzeitig sozial sind. Liberale stehen meiner Ansicht nach für einen rationalen und wissenschaftlichen Umgang mit allen Problemfeldern der Politik. Es geht um sachorientierte bzw. expertengestützte Lösungen. Die folgenden Bücher kann ich dazu sehr empfehlen: Karl-Hermann Flach, Noch eine Chance für die Liberalen, Guido Westerwelle mit Dominik Wichmann, Zwischen zwei Leben: Von Liebe, Tod und Zuversicht, Gerhart Baum und Burkhard Hirsch, Der Baum und der Hirsch - Deutschland von seiner liberalen Seite und Hans-Dietrich Genscher, Meine Sicht der Dinge.