Warum wollen Libertäre liberal sein?

Warum wollen Libertäre Liberale sein? Klassisch liberal? Was bedeutet klassisch liberal? Bedeutet es, daß man ideologisch im 17. und 18. Jahrhundert steckengeblieben ist? Nein. Wollen klassisch Liberale die Zustände dieser Zeiten wiederherstellen? Liberal-konservativ oder konservativ-liberal? Nein. Das wäre konservativ, erzkonservativ, vielleicht sogar reaktionär.

 

Liberale sind progressiv. Klassisch liberal ist liberal, ganzheitlich und konsequent liberal, in allen Lebensbereichen und auf allen Politikfeldern, freiheitlich und gleichzeitig sozial. Würden David Hume, Immanuel Kant, John Locke, John Stuart Mill, Montesquieu, David Ricardo und Adam Smith im 21. Jahrhundert ihre Ideen entwickeln und zu Papier bringen, würden sie auch sehr wahrscheinlich etwas anders aussehen. Die Welt dreht sich weiter. Gerade der Liberalismus ist eine sich entwickelnde und lernende Ideologie, eine humane und rationale Weltanschauung, eine menschlich-pragmatische und keine dogmatische Geisteshaltung und Gesinnung.

 

Die Wirtschaft sich selbst zu überlassen, ist nicht liberal. Eine freie Marktwirtschaft neigt zur Selbstaufhebung des Wettbewerbs durch Konzentration, Kartellbildung oder den Mißbrauch von Marktmacht und wird sehr schnell zu einem Monopolkapitalismus oder gar zu einem Staatsmonopolkapitalismus - zu Lasten der Menschen als Verbraucher, als Arbeitnehmer und als Steuerzahler. Das wußte schon Adam Smith. Daher haben unter anderem Walter Eucken, Wilhelm Röpke, Alexander Rüstow und Milton Friedman die Grundlagen einer liberalen und damit sozialen und ökologischen Marktwirtschaft (Konkurrenzkapitalismus) entwickelt. Ludwig Erhard und Alfred Müller-Armack wollten sie unter der Bezeichnung "Soziale Marktwirtschaft" in der Bundesrepublik Deutschland in die Praxis umsetzen - weitgehende Freiheit des Marktes und Wettbewerb in Verbindung mit einem sozialen Ausgleich. Ganz im Sinne des Verfassungsprinzips "Menschenwürde": Armut verhindern, nicht Reichtum!

 

Die liberale Marktwirtschaft ist keine Veranstaltung zur bloßen Gewinnmaximierung, auch keine kollektive Hängematte. Sie ist die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung der Freiheit. Sie braucht keinen Nachtwächter-, auch keinen Nanny-Staat, aber einen starken Staat, der die freiheitliche und gleichzeitig soziale Ordnung aufrechterhält - im Interesse der Menschen, nicht der Konzerne und Unternehmen. Die liberale Wirtschaftsordnung ist am besten geeignet, Freiheit, Gerechtigkeit, Sicherheit und Wohlstand für alle Menschen zu erreichen, indem sie die Menschen so nimmt, wie sie sind, mit allen ihren Stärken und Schwächen, ohne sie zu verbiegen und zu gängeln und ohne mehr als unbedingt notwendig zu lenken und zu regulieren.

 

Ohne gewisse Regeln und Leitlinien geht es aber nicht. Daher kennen Liberale neben Rechten und Freiheiten durchaus auch Pflichten und Verbote und lehnen diese nicht generell ab. Es muß immer abgewogen werden: Im Zweifel sind sie grundsätzlich immer für die Freiheit, und es gilt: "So wenig Staat (und Zwang) wie möglich, so viel Staat (und Vorschriften) wie unbedingt nötig und so viel Markt und privat (und damit Freiheiten und Chancen) wie möglich."