Sind Liberale Freiheitliche?
Sind Liberale Freiheitliche? Nein.
Liberal zu sein, bedeutet zwar, freiheitlich oder freisinnig und gleichzeitig sozial zu sein, aber Freiheitliche sind nicht liberal. Es sind in der Regel auch keine Libertären. Es handelt sich eher um Deutschnationale, denen zwar ihre eigene Freiheit und Autonomie jeweils sehr wichtig ist, die aber Freiheit für alle und jeden durchaus skeptisch sehen und sich vielfach durch ein völkisches Denken sowie Fremdenfeindlichkeit hervortun.
Sie wollen Freiheit für sich und ihresgleichen, nicht für alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft und anderen Kriterien. Minderheitenschutz kennen sie grundsätzlich nicht, es sei denn, sie stellen selbst eine Minderheit dar. Sie bevorzugen einfache Lösungen und pflegen ein Schwarz-Weiß-Denken. Daher ziehen sie die Mehrheitsdemokratie der bestehenden Konsensdemokratie vor und neigen trotz ihrer "Freiheitsliebe" zu Autoritarismus, zu einem patriarchalen Weltbild und ein traditionelles Rollenverständnis.
Wirtschaftspolitisch schwanken die Freiheitlichen zwischen Kapitalismus/Freie Marktwirtschaft und Korporativismus/Distributismus.
Öfter werden Deutschnationale mit Nationalliberalen wie Libertäre mit Liberalen verwechselt. Das sind aber jeweils zwei Paar Schuhe. Nationalliberale sind Liberale, Deutschnationale und Libertäre sind keine Liberalen.
Tatsache ist, daß sie im Jahr 1948 - neben (ehemaligen) Nationalsozialisten - auch an der Gründung der Freien Demokratischen Partei (FDP) beteiligt waren und letztlich ihretwegen diese Bezeichnung und nicht der Name Liberaldemokratische Partei gewählt wurde.
Besonders stark waren diese Kreise in den Landesverbänden Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Höhepunkt deren Aktivitäten war die sogenannte Naumann-Affäre im Jahr 1952, die von den Briten aufgrund Alliierter Vorbehaltsrechte mit Verhaftungen im Januar 1953 beendet wurde. Es war auch von der "Gauleiter-FDP" die Rede.
Letztendlich haben erst die sozialliberalen Koalitionen in Nordrhein-Westfalen ab den Jahren 1956 und 1966 und im Bund ab dem Jahr 1969 die Spreu vom Weizen getrennt. Dies führte zur Gründung der Freien Volkspartei im Jahr 1956, der Freien Deutschen Volkspartei im Jahr 1957, der Partei "Nationalliberale Aktion" im Jahr 1970 und der Partei "Deutsche Union" im Jahr 1971.
Um diese Entwicklung deutlich zu machen und ohne den eingeführten Namen, die Marke, ändern zu müssen, hat man auf dem Bundesparteitag vom 27. bis zum 29. Oktober 1975 in Mainz den Zusatz "Die Liberalen" zum Logo beschlossen und eingeführt.
Mit der Gründung der Partei "Bund freier Bürger" im Jahr 1994 wurde vor allem ab den Jahren 1998 und 1999 deutlich, daß die Freiheitlichen die FDP noch nicht ganz aufgegeben hatten. Die Partei " Bund Freier Bürger - Offensive für Deutschland. Die Freiheitlichen" wird unter der Führung des hessischen Landtagsabgeordneten Heiner Kappel als Vorläuferpartei der Partei "Alternative für Deutschland" gesehen.
Das Scheitern der FDP an der Fünf-Prozent-Hürde am 22. September 2013 war die Chance für die Freiheitlichen, die FDP wieder zu übernehmen. Sie haben sie genutzt.
Christian Lindner und Wolfgang Kubicki erinnern mich in dieser Tragödie an den Zauberlehrling von Johann Wolfgang von Goethe: "Die ich rief, die Geister werd´ ich nun nicht los."
Bis heute bin ich mir nicht sicher, ob sie wirklich aus Überzeugung oder ausschließlich aus dem Streben nach politischer Macht so gehandelt und bisherige Prinzipien verraten haben.
In der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), hervorgegangen im Jahr 1955 aus der Partei "Verband der Unabhängigen", hatten die Freiheitlichen gemeinsam mit (ehemaligen) Nationalsozialisten von Anfang an die Oberhand und leichteres Spiel als in der FDP.
Liberale gab es aber auch in der FPÖ. Sie hatten in Österreich allerdings schon immer einen schwierigeren Stand und waren eine sehr kleine Minderheit.
Lediglich in der ersten Hälfte der 1980er Jahre gab es unter Führung von Norbert Steger den Versuch, aus der freiheitlichen FPÖ eine liberale FPÖ zu machen. Man wollte die "Kellernazis" (Zitat Steger) loswerden. Jörg Haider, den ich durchaus für einen Liberalen halte, wenn auch leider mit einem Hang zur freiheitlichen Gesinnung, machte den Versuch, den Liberalismus und das Weltbild der Freiheitlichen miteinander zu vereinbaren, zu verbinden. (Solche Versuche hatte es auch bereits in der Mitte der 1960er Jahre durch Friedrich Peter gegeben.)
Wollte sich Lindner an ihm ein Vorbild nehmen, um die FDP wieder in den Deutschen Bundestag und damit auf die politische Bühne zu bringen? War das der Gedanke von Wolfgang Kubicki, der sich selbst sogar sozialliberal (!) nennt?
Haider ist mit seinem Versuch spätestens im Jahr 1993 gescheitert, gründete im Jahr 2005 die Partei "Bündnis Zukunft Österreich", mußte die FPÖ den Freiheitlichen unter Führung von Heinz-Christian Strache überlassen ("FPÖ - Die soziale Heimatpartei") und starb im Jahr 2008 unter bis heute nicht eindeutig geklärten Umständen.
Ich hatte die große Hoffnung, daß die sozialliberale Ampelkoalition, die sogenannte Fortschrittskoalition dazu führt, die Spreu wieder vom Weizen, die Freiheitlichen wieder von den Liberalen, von der FDP zu trennen.
Es ist noch nicht ganz gelungen. Das Beharrungsvermögen der Freiheitlichen in der FDP ist stark. Es geht um Einfluß, Mandate und Posten. Das kann man verstehen.
Die Entscheidung über den Weg der FDP wird wohl in diesem [2024] und im kommenden Jahr [2025] an den Wahlurnen fallen, da ihre Repräsentanten momentan sowohl die Liberalen als auch die Freiheitlichen verprellen. Man kann eben nicht auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen. Diese Erfahrung mußte bekanntlich auch schon Jörg Haider machen.
Wenn die FDP auf Bundesebene erneut an der Sperrklausel scheitert, werden sich recht wahrscheinlich die Freiheitlichen von ihr abwenden und zu einer anderen Partei wechseln: die Parteien "Alternative für Deutschland", "Wir Bürger", "WerteUnion", "Bündnis Deutschland", "WiR2020", "Die Libertären", "Freie Wähler", "Die Heimat" oder "Der dritte Weg", die Basisdemokratische Partei Deutschland, die Nationaldemokratische Partei Deutschlands oder die Partei der Vernunft.
Bedauerlicherweise wird es als außerparlamentarische Opposition nicht einfach werden, wieder in den Bundestag gewählt zu werden, auch für eine ganzheitlich und konsequent liberale Partei.
Es wird dann darauf ankommen, alle Liberalen unter dem Dach der FDP, der Liberalen Partei Deutschland, zu vereinen, wie man es schon bei ihrer Gründung gewollt hat: die Liberalen in der FDP, in den Parteien "Liberale Demokraten - Die Sozialliberalen" und "Volt Deutschland" sowie der Piratenpartei Deutschland, der Partei der Humanisten und der Partei des Fortschritts.
Es gibt nur Liberale, keine Gesellschafts-, Katheder-, Links-, National-, Öko-, Rechts-, Sozial- oder Wirtschaftsliberale. Alle Liberalen müssen an einem Strang ziehen und zwar ganz klar in Richtung "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" und "Einigkeit und Recht und Freiheit"!
Freie Demokraten oder Liberale?
Bei den folgenden FDP-Bundestagsabgeordneten handelt es sich nach meinem Eindruck um Freiheitliche:
Bei den folgenden (ehemaligen) FDP-Bundestagsabgeordneten handelt es sich nach meinem Eindruck wahrscheinlich um Freiheitliche:
Pascal Kober ("Christliche Liberale")
Ehemalige Mitglieder der FDP, die Mitglieder der AfD wurden:
Sven Tritschler (ehemals Bundesvorsitzender des Stresemann-Clubs)